Der Hochleistungssport und das Doping

Veranstaltungen zum DDR-Staatsdoping in Stralsund und in Schwerin

Ende Oktober wird es in Stralsund und in Schwerin (siehe Termine bei MV-SPORT) Veranstaltungen zur Thematik  zur Doping-Thematik, insbesondere zum Doping im DDR-Sport in der Vergangenheit geben, unter anderem mit Prof. Ines Geipel, der Vorsitzenden des Doping-Opfer-Hilfe-Vereines und früheren DDR-Sprinterin, die sich bleibende Verdienste bei der Aufarbeitung der DDR-Doping-Vergangenheit erwarb.

Symbolbild

„Mittel“ zum politischen Zweck

Hochleistungssport in der DDR – der sollte nach Auffassung der führenden Funktionäre aus SED, Ost-CDU, LDPD, NDPD und Bauernpartei ein wichtiger Bestandteil in der Auseinandersetzung zwischen „Sozialismus“ und „Kapitalismus“ sein – der leider, im wahrsten Sinne des Wortes, mit allen „Mitteln“ geführt wurde. Das Ergebnis kennen wir: Medaillenträchtige Sportarten, wie Leichtathletik, Schwimmen, Kanu-Rennsport, Radsport, Rudern oder Gewichtheben, wurden exorbitant gefördert. Andere (olympische) Sportarten, wie Tischtennis, Fechten, Basketball, Wasserball, Moderner Fünfkampf, Reitsport oder Bogenschießen, führten – trotz Erfolgen bis Ende der 1960er Jahre – ein Nischen-Dasein, weil sie nicht genügend Edelmetall für die DDR „produzierten“ oder zu „teuer“ waren.

Die Gesundheit von Sportlerinnen und Sportlern wurde nachhaltig zerstört, der Sport verkam zu einem politischen Instrument.

Doping in Ost und West

Die Geschichte des Hochleistungssportes in Ost wie ebenfalls West – das war eben auch eine Geschichte des Hochleistungsdopings – bei den einen ging es um „Marx“ (obwohl der sich angesichts dieser DDR-Realitäten wohl im Grabe umdreht), bei den anderen um „(D-)Mark“. Der Kampf der Systeme wurden mit allen „Mitteln“ geführt – gerade auch im Hochleistungssport.

Leider wurde die Doping-Diskussion nach 1990 ziemlich einseitig geführt wird, die DDR galt als „Hochburg des Doping“ – zu Recht –  und Deutschland-West stellte sich als „klinisch rein“ dar. So war es nicht, so ist es nicht und so wird es leider nicht sein. Denn: Wie heute hinlänglich bekannt, wurde im „Ostblock“ wie im „Westblock“ intensiv gedopt. Niemand, der sich ernsthaft mit der sporthistorisch-sportwissenschaftlichen Thematik beschäftigt, wird wohl noch vertreten wollen, dass die Ost-Schwimmerinnen, Ost-Leichtathleten oder Ost-Kraftsportlerinnen dopten, die werten Kolleginnen aus dem „Westen“ jedoch nicht.

Genau das wurde (und wird noch immer) seitens der Politik und einiger Medien vermittelt. War etwa in der Vergangenheit eine westdeutsche Sprintstaffel schneller als die vermeintlich „hoch gedopte“ aus Ostdeutschland, so wurde dieses damit begründet, dass die Trainingsmethodik – was immer das heißen mag – eine bessere „Qualität“ hatte. Allerdings: In einer vom DOSB initiierten Studie konnte ein Forscher-Team der Humboldt-Uni zu Berlin feststellen, dass auch in Westdeutschland staatlich subventionierte Anabolika-Forschungen erfolgten. Leider ist diese Studie immer noch Verschluß-Sache. Bekannte Dopingfälle von westdeutschen Sportlern gab es insbesondere in der Leichtathletik, im Radsport, im Schwimmen, im Gewichtheben, im Kraftsport, im Biathlon, im Ringen und im Triathlon.

Und was ist unter anderem mit den Schwimmern, Leichtathleten, Gewichthebern, Turnern oder Kraftsportlern aus Nordamerika, Westeuropa oder Australien, die sich gegen die gedopten Ost-Athleten durchsetzten? Wie wir ebenfalls wissen, ging es dort auch nicht sauber zu.

Das alles relativiert die DDR-Dopingvergangenheit nicht, zeigt aber, wie der Hochleistungssport auch woanders missbraucht wurde und wird.

Warum eigentlich Hochleistungssport?!

Ist aber alles „Vergangenheit“?! Was nach 1990 gelaufen ist, sieht man ja bei Marion Jones, Justin Gaitlin, Lance Armstrong & Co. … Nichts dazu gelernt! Sogar Pferde wurden und werden gedopt, auch das ist hinlänglich bekannt. Im Fußball spielten und spielen leistungsfördernde Substanzen zudem oftmals eine nicht untergewichtige Rolle.

Wozu braucht man eigentlich Hochleistungssport und Olympia?! Eigentlich gar nicht! Einige hingegen schon… Die Politiker brauchen „sportive Schlafschafe“, die die Leute vom Wesentlichen ablenken! Die Wirtschaft braucht schwimmende, reitende oder laufende Litfasssäulen! Und die Sekundärmedien brauchen ihre Schlagzeilen für die Auflage – und da machen sich der Sport und die sportlichen Emotionen immer gut…

Viele echte Sportfans  interessiert dieser pseudo-sportive Nonsens ohnehin nicht mehr. Sie fühlen sich eher angewidert.

Sport als Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit, auch unter dem Gesichtspunkt des Wettstreits?! Das wäre okay. So war es ursprünglich auch gedacht – von Coubertin und anderen. Sport aber als Beruf – das konnte nicht gut gehen.

Hochleistungssport mit Zukunft?!

Zum Doping kamen anderen Faktoren hinzu – neben politischen und ökonomischen Faktoren auch narzisstische!

Nicht zuletzt: Warum muss Olympia denn immer an anderen Orten stattfinden? Wäre Athen nicht dauerhaft ein guter Gastgeber… In der Antike war der Heilige Hain von Olympia stets der Austragungsort. Der Niedergang der antiken Spiele ging seinerzeit einher mit Betrug, Gier, Korruption und ausufernden Kosten. Wir sind also zurück in der Vergangenheit.

Diese gilt es aber nachhaltig und intensiv aufzuarbeiten. Das ist im Hinblick auf die  Dopingproblematik der DDR ein bleibendes Verdienst von Prof. Ines Geipel, die auch gegen deutliche Widerstände über das Verbrechen „DDR-Staatsdoping“ recherchierte und informierte. Zur komplementären Ergänzung gilt es nur, auch die westdeutsche Dopingvergangenheit intensiv zu beleuchten und zu dokumentieren. Anfangspunkte wurden dabei gesetzt. Es wird alles ans Tageslicht kommen – nicht nur im Hochleistungssport. Auch wenn es dauert…

Dr. Marko Michels

 

 

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