Beim Segeln bleibt die Behinderung an Land
Segeln ist eine der inklusivsten Sportarten ĂŒberhaupt: Viele Boote lassen sich so umbauen, dass das Handicap auf dem Wasser keine Rolle spielt. Seglerin Kerstin Horn und Segler Dirk Thalheim erzĂ€hlen, wie sie an Bord ihre körperlichen EinschrĂ€nkungen vergessen und einfach frei sein können.
Kerstin Horn, 50, wird sich an diesen Moment immer erinnern. Bei der Reha stieg die an Multiple Sklerose erkrankte Frau im mecklenburgischen Plau am See vor knapp zehn Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben in ein Boot und âkaum zu glauben, aber wahr: Ich segelte losâ.
Dieses GefĂŒhl von UnabhĂ€ngigkeit und Freiheit begeistert Kerstin Horn immer wieder aufs Neue, wenn sie auf dem Wasser ist. Inzwischen segelt sie regelmĂ€Ăig in einem 2.4mR. Dieses unkenterbare Kielboot hat unzĂ€hlige individuelle Anpassungsmöglichkeiten, sodass Menschen mit und ohne Behinderung chancengleich auf Augenhöhe gegeneinander segeln können. âIn diesem Boot habe ich allein alles in der Handâ, sagt Horn, âich kann steuern, mit Wind und Wellen spielen, und durch Adaptionen spielen meine EinschrĂ€nkungen hier ĂŒberhaupt keine Rolle.â Zur Steuerung nutzt die Seglerin ihre HĂ€nde und parallel eine FuĂsteuerung.
Seglerisches Zuhause von Dirk Thalheim ist die Hamburger AuĂenalster. Thalheim, 51, ist seit einem Unfall querschnittsgelĂ€hmt, spielte schon bei den Paralympics Rollstuhlbasketball und entdeckte auf der Suche nach einer Freiluftsportart das Segeln fĂŒr sich. Inzwischen segelt der Ingenieur bei nahezu jedem Wind und Wetter, startet fĂŒr die Segelsparte des FC St. Pauli bei Regatten (âeinmal Wettkampf, immer Wettkampfâ) und hat auch einen Trainerschein gemacht.
Ob segeln mit UnterstĂŒtzung von Boots-Anpassungen oder im Team, bei dem jeder individuelle StĂ€rken einbringt â Segeln gilt als eine der inklusivsten Sportarten ĂŒberhaupt. Der Deutsche Segler-Verband engagiert sich deshalb auch seit Jahren zusammen mit seinen Vereinen dafĂŒr, dass alle Menschen, die segeln möchten, auch segeln können. âBeim Segeln ist nahezu alles möglichâ, bestĂ€tigt Dirk Thalheim. Und: âIch erlebe dort eine groĂe Offenheit und wenig Vorbehalte.â
Das unterstreicht auch Kerstin Horn. Zwischen Mai und Oktober lebt sie deshalb regelmĂ€Ăig in Plau am See und gibt beim Segelverein Plauer Hai-Live in Kooperation mit einer Reha-Klinik ihre Erfahrung an Patientinnen und Patienten weiter. âUnd immer wiederâ, sagt Kerstin Horn, âsteigen gerade SegelanfĂ€nger begeistert und mit gestĂ€rktem Selbstvertrauen aus dem Bootâ. Ein Selbstvertrauen, das weit ĂŒber das Segeln hinausgeht.
Quelle: Deutscher Segler-Verband