„Ein Kindheitstraum ging in Erfüllung…“

Nachgefragt bei der erfolgreichen Snowboarderin Selina Jörg

Selina Jörg und das deutsche Snowboard-Team in Pyeongchang. Foto: Selina Jörg/privat

Snowboarden – das war auch bei den Winterspielen 2018, ob bei den Olympics oder bei den Paralympics, ein sportlicher „Hit“. Die USA konnten dabei als führende Snowboard-Nation insgesamt zwanzig olympische bzw. paralympische Medaillen „einfahren“, darunter neunmal Gold. Aber auch zwei Snowboard-Mädels aus Deutschland durften in Pyeongchang jubeln: Selina Jörg mit Silber im Parallel-Riesenslalom und Ramona Theresia Hofmeister mit Bronze ebenfalls im Parallel-Riesenslalom.

Bereits zum dritten Mal war die Sonthofenerin Selina Jörg, Jahrgang 1988, bei Winter-Olympia: 2010 in Vancouver verpasste sie als Vierte knapp eine Medaille, 2014 in Sotschi erreichte Selina immerhin Top 15-Platzierungen und 2018 in Pyeongchang gelang der Silber-Lauf. Auch schon bei Junioren-WM und im Weltcup stand die Bajuwarin auf dem „Stockerl“. Und bei den winterlichen Weltspielen im Studentensport, den Winter-Universiaden, erkämpfte Selina Gold 2011 in Erzurum, Bronze 2013 im Trentino und Silber 2015 in Granada. Selina Jörg ist also eine echte Könnerin – mit vielen Erfolgen…

Interview

Selina Jörg über ihren olympischen Wettkampf in Pyeongchang, die Bedingungen vor Ort, ihre bisherigen drei Winterspiele, die Freundschaft zu Isabella Laböck, ihre weiteren sportlichen Ziele und beruflichen Ambitionen

„Ein Kindheitstraum ging in Erfüllung…“

Frage: Erst einmal „im Nachgang“ herzlichen Glückwunsch zur Silbernen in Pyeongchang! „Im Rückspiegel betrachtet“: Wie verlief der Wettkampf aus Ihrer Sicht?

Selina mit ihrer olympischen Silbermedaille. Foto: Selina Jörg/privat

Selina Jörg: Der 24.Februar 2018 war für mich ein Glückstag. Ich bin um 5.30 Uhr voller Vorfreude aufgestanden und habe gespürt, dass der 24.Februar 2018 mein Tag sein wird. Ich war einerseits innerlich total ruhig, andererseits war eine unbeschreibliche Nervosität in mir. Rückblickend habe ich aber den Tag in meinem „Tunnel“ verbracht. Ich war total fokussiert und habe mich durch nichts ablenken lassen.

Frage: Waren Sie mit den Bedingungen vor Ort zufrieden – ob im organisatorischen, logistischen und „atmosphärischen“ Bereich…

Selina Jörg: Bei uns Snowboardern war die Zuschauertribüne, wie auch schon in Sochi 2014, komplett gefüllt und ausverkauft. Wir hatten ein Wahnsinns-Publikum und die Stimmung war großartig! Andere Sportarten hatten wohl mit Geisterstimmung zu kämpfen, davon war bei uns im Wettkampf gar nichts zu spüren. Auch organisatorisch lief alles reibungslos.

Frage: Wenn Sie Vancouver 2010, Sotschi 2014 und Pyeongchang 2018 miteinander vergleichen… Was zeichnete aus Ihrer persönlichen Sicht die einzelnen Winterspiele aus?

Selina Jörg: Vancouver 2010 waren meine ersten Olympischen Spiele und damit etwas ganz Herausragendes. Ich liebe Kanada und dessen Kultur bzw. Landschaft. Die Eröffnungsfeier mit fast 60000 Zuschauern war einfach nur atemberaubend und wird mit immer in Erinnerung bleiben.

In Sochi waren bereits im Vorfeld viele politische Diskussionen und auch politischer Ärger zu spüren. Das hat die positive Stimmung etwas gedrückt. Dennoch waren es tolle Spiele.

Pyeongchang 2018 wird mich natürlich jetzt mein Leben lang begleiten. Mit der Silbermedaille ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, für welchen ich so lange gekämpft habe… Somit habe ich an Südkorea die besten Olympia-Erinnerungen!

Frage: Ihre Freundin Isabella Laböck feierte 2013 einen historischen WM-Sieg und mußte verletzungsbedingt 2017 ihre sportliche Karriere beenden… Haben Sie gemeinsam schon auf Ihren aktuellen Erfolg feucht-fröhlich angestoßen?

Selina Jörg: Leider noch nicht, denn Isabella wohnt ja mittlerweile am anderen Ende Deutschlands und da war es mit einem Treffen bisher schwer. Sie hat mich aber sofort nach dem Wettkampf angerufen und war außer sich vor Freude, musste sogar auch einige Freudentränen verdrücken.

Bella fiebert auch bei jedem Weltcup mit mir mit. wir haben nach wie vor sehr guten Kontakt und unsere Freundschaft wird immer etwas ganz Besonderes bleiben. Wir haben über Jahre den Sport gemeinsam gelebt und sind zusammen über Höhen und durch Tiefen gegangen, so etwas schweißt zusammen, egal wie viele Kilometer zwischen uns liegen.

Frage: Wie geht es für Sie nun sportlich, beruflich und persönlich weiter? Ein Start in Peking 2022 ist doch anvisiert – oder?

Selina – entspannt… Foto: Selina Jörg/privat

Selina Jörg: Nein, also Peking ist definitiv nicht mehr im Plan, weitere vier Jahre sind zu viel. Ich hatte mich vor dieser Saison schon intensiv über berufliche Möglichkeiten informiert bzw. darum gekümmert, weil ich über ein Karriereende nachgedacht habe.

Nach diesen Erfolgen, meiner guten Form und dem großen Spaß mit dem gesamten Team im Winter, visiere ich nun doch noch die WM 2019 an und werde dem Leistungssport treu bleiben.

Beruflich habe ich ja bereits den Grundstein für die Zeit nach dem Sport gelegt. Ich habe den Bachelor für Internationales Management und einen Master für Wirtschaftspsychologie. Daher muss ich mich um meine Zukunft nicht fürchten.

Letzte Frage: Und jetzt geht es bestimmt in den verdienten Urlaub?!

Selina Jörg: Nein. ich werde erst einmal die kommende Freizeit zu Hause im Oberallgäu genießen. Ich freue mich auf ein paar schöne, warme Ski-Tage am Nebelhorn in Oberstdorf und hoffentlich noch einige Splitboardtouren in der Region. Ein großer Urlaub ist nicht geplant, eher mehrere kleinere Bike-Trips und Campingtouren.

Vielen Dank und weiterhin alles erdenklich Gute!


Zur zusätzlichen Info: Bereits bei den Junioren-WM 2005 in Zermatt wurde Selina Jörg Dritte im Parallel-Riesenslalom. Drei Jahre später, bei den JWM 2008 in Valmalenco, schaffte sie sogar Gold im Parallel-Slalom.

Ihren ersten Weltcup-Sieg im Parallel-Slalom holte Selina am 28.Januar 2007 in Nendaz. Der zweite Weltcup-Triumph folgte am 17.März 2018 in Winterberg.

In der aktuellen Weltcup-Saison 2017/18 belegte Selina Jörg in der Gesamt-Wertung Parallel-Slalom/Parallel-Riesenslalom Rang zwei hinter der Tschechin Ester Ledecka, der Olympiasiegerin 2018, und vor Team-Kollegin Ramona Theresia Hofmeister, der Olympia-Dritten 2018. In den Weltcup-Wertungen Parallel-Slalom und Parallel-Riesenslalom erreichte Selina auch jeweils Rang zwei – im Ranking Parallel-Slalom hinter der Russin Jelena Tudegeshewa und im Ranking Parallel-Riesenslalom hinter der Tschechin Ester Ledecka.

M.Michels

No items found

Reklame

Nach oben scrollen