Neben Blindenfußball werden auch die Sportarten Para Judo und Goalball im Rahmen der IBSA World Games, der weltweit grĂ¶ĂŸten Sportveranstaltung fĂŒr Sportler*innen mit Sehbehinderung, ausgetragen. WĂ€hrend die deutschen Judoka im britischen Birmingham nur zwei Wochen nach den European Para Championships um WM-Medaillen und wichtige Paralympics-Punkte kĂ€mpfen (23. bis 25. August), spielen die deutschen Goalball-Teams vom 20. bis 27. August im rund 40 Kilometer von Birmingham entfernten Coventry um direkte Tickets fĂŒr die Spiele in Paris 2024.

FĂŒr die deutschen Judoka ist die Verschnaufpause zwischen den Sport-Highlights nur kurz. Vor wenigen Tagen waren sie noch bei den European Para Championships auf der Matte. Mit Lennart Sass (Silber), Ramona Brussig und DebĂŒtantin Tabea MĂŒller (beide Bronze) brachten drei sehbehinderte Kampfsportler*innen eine EM-Medaille mit nach Hause. Vom 23. bis 25 August werden die Weltmeisterschaften im Rahmen der IBSA World Games ausgetragen. „Das ist unser Höhepunkt“, betont Bundestrainerin Carmen Bruckmann. Denn: „Die WM zĂ€hlt fĂŒr die Kadergruppierung und fĂŒr die Paralympics.“

Mit den sehbehinderten Judoka aus Japan, Kasachstan, Usbekistan oder den sĂŒdamerikanischen LĂ€ndern gewinnt der Wettkampf in England mĂ€chtig an QualitĂ€t hinzu. Vize-Weltmeister Lennart Sass (Kiel/SSG Blista Marburg) will dennoch wieder ganz oben angreifen. Über den Weltranglisten-Zweiten sagt Bruckmann: „Er ist total fokussiert und unbeschwert. Das große Ziel ist eine Medaille bei den Paralympics, aber eine der wichtigen Werte im Judo ist die Bescheidenheit. Daher sind wir vorsichtig.“ Die Chancen aufs Ticket fĂŒr die Paralympics stehen sehr gut. „Wir wollen ihn in den kommenden Monaten in der Weltranglisten-Spitzengruppe halten“, sagt Bruckmann.

Andere Voraussetzungen und Zielsetzungen bestehen dagegen bei Nikolai Kornhaß. Jahrelang hatte der 30-JĂ€hrige die Judoszene seiner Wettkampfklasse dominiert, bis ihn eine Schulterverletzung zurĂŒckwarf. Seit sechs Wochen befindet er sich wieder im Übungskampf, eine Einheit, bei der nicht das Gewinnen oder Verlieren im Vordergrund steht, sondern die erlernten Techniken im Kampffluss. „Er weiß um seine StĂ€rken und welche Techniken nach seiner Schulterverletzung funktionieren und welche nicht.“ FĂŒr Kornhaß kommt es darauf an, in den Wettkampfrhythmus zurĂŒckzukehren und Ranglistenpunkte zu sammeln, um die Qualifikation fĂŒr die Paralympics zu schaffen. „Der Weltmeistertitel ist nicht das Ziel, auch wenn er in der Theorie durchaus alle schlagen kann. Ob er das so kurz nach der Verletzung auch kann, ist aber fraglich. Aber er ist auf alle FĂ€lle hochmotiviert.“

Vanessa Wagner auf der Tatami | Foto: Ralf Kuckuck / DBS

Völlig unbeschwert ins Turnier gehen Vanessa Wagner (21) und Tabea MĂŒller (25). „Beide sind noch sehr jung.“ WĂ€hrend MĂŒller mit einer frisch errungenen EM-Bronzemedaille im GepĂ€ck nach England reist, soll Wagner auf höchstem Wettkampfniveau kĂ€mpfen, um sie auf die Paralympics 2024, spĂ€testens aber 2028 vorzubereiten. „Vielleicht kommt Paris noch ein wenig zu frĂŒh, dafĂŒr könnten wir bei den Paralympics 2028 in Los Angeles richtig auftrumpfen“, sagt Bruckmann. „In Marburg hat sie eine gute Basis geschaffen. Daran wollen wir anknĂŒpfen, zumal sie viel Freude mit auf die Matte bringt.“

Ohnehin reist die deutsche Judoka-Nationalmannschaft befreit nach England. „Mit Co-Trainer Matthias Krieger und dem restlichen Trainerteam haben wir eine super Stimmung geschaffen. Es passt alles und macht richtig viel Spaß. Den Schwung aus Rotterdam wollen wir mitnehmen.“

Das deutsche Para Judo-Team:
Ramona Brussig (46 / Leipzig / PSV Schwerin), Daniel-Rafael Goral (23 / Hamburg / SSG Blista Marburg / SF BG-Marburg), Nikolai Kornhaß (30 / Augsburg / 1. Mannheimer JC), Tabea MĂŒller (25 / Aachen / SSG Blista Marburg / SF BG-Marburg), Lennart Sass (23 / Kiel / Rendsburg TSV), Isabell Thal (24 / Bochum / Budoka Höntrop), Vanessa Wagner (21 / Görlitz / SSG Blista Marburg / SF BG-Marburg).
Bundestrainerin: Carmen Bruckmann

Deutsche Goalballer gehen als Mitfavorit ins Turnier um die Paralympics-Qualifikation

FĂŒr die deutschen Goalballer sind die World Games in England eine von zwei Chancen, um noch eines der Tickets fĂŒr die Paralympics 2024 zu ergattern. „Wir haben die QualitĂ€t, um uns zu qualifizieren“, betont Bundestrainer Stefan Weil. Um sicher in Paris dabei zu sein, mĂŒssen die deutschen Goalballer das Turnier gewinnen – andernfalls ist der Rechenschieber gefragt oder es muss der Europameistertitel in Montenegro im Dezember dieses Jahres her. Klar ist, dass das Weil-Team als einer der Favoriten nach England reist. „In unserer Sportart gibt es eine Handvoll Teams, die sich auf Augenhöhe befinden“, sagt er. „Wir wollen definitiv ins Finale. Das muss unser Ziel sein.“ DafĂŒr mĂŒssen spĂ€testens ab der K.o.-Runde große Brocken aus dem Weg gerĂ€umt werden. „In der anderen Gruppe spielen die USA, TĂŒrkei und der Iran. Da ist schwer vorherzusagen, wer auf den ersten drei PlĂ€tzen landet.“

Die deutschen MĂ€nner treffen in der Gruppenphase ab dem 20. August auf SĂŒdkorea, Finnland, Großbritannien, Ägypten sowie Litauen und Japan. „Unser Spielplan ist wie ein Berganstieg. Am Ende warten mit Litauen und Japan die wohl schwersten Gegner unserer Gruppe“, meint der Bundestrainer, der die Spielterminierung auch als Chance sieht. „Wir haben zwar die letzten beiden Partien an einem Tag, aber wir können dort Selbstvertrauen tanken. Es ist die perfekte Gelegenheit, um richtig ins Turnier hineinzukommen.“

Goalballer Felix Rogge in Aktion | Foto: Oliver Kremer / DBS

In Coventry – die Goalball-Paarungen werden nicht in Birmingham ausgetragen – muss Weil auf Thomas Steiger (RGC Rostock). Der LeistungstrĂ€ger ist nach seinem Leistenbruch noch nicht endgĂŒltig fit. „Es hat keinen Sinn, dass er sich von Turnier zu Turnier schleppt, zumal die Leistenverletzung schnell eine langwierige Sache werden kann.“ Steiger und Weil haben daher die Europameisterschaft ins Visier genommen. „Da ist er dann bei 100 Prozent“, verspricht der Bundestrainer. Wieder dabei ist Nationalmannschafts-RĂŒckkehrer Felix Rogge, ihre Premiere auf internationalem Parkett feiern Daniel Arendar und Rouven Schetelich.

Das deutsche Goalball-Team der Herren:
Daniel Arendar (22/Heidelberg/BSS Ilvesheim), Felix Rogge (34/Chemnitz/Chemnitzer BC), Philipp Tauscher (22/Leipzig/SSV Königs Wusterhausen), Oliver Hörauf (26/Chemnitz/Chemnitzer BC), Rouven Schetelich (28/Chemnitz/Chemnitzer BC), Fabian Diehm (25/Lehrberg/RGC Rostock).
Bundestrainer: Stefan Weil (47, Marburg)
Co-Trainer: Reno Tiede (33, Rostock)

Deutsche Goalballerinnen wollen als Außenseiter die Großen Ă€rgern

Als Außenseiter reisen die deutschen Goalballerinnen zu den IBSA World Games nach England. Auf das Team von Cheftrainerin Jessica Bahr warten mit den USA, Brasilien, Kanada und Finnland gleich vier Nationen in der Vorrunde, die zu den zehn besten Teams der Weltrangliste gehören. „Wir wollen die Großen Ă€rgern“, sagt Bahr. „Und natĂŒrlich Gruppenvierter werden“. Das wĂŒrde den Viertelfinaleinzug bedeuten.

Mit Finnland, Ukraine und DĂ€nemark seien drei weitere Gruppengegner auf Augenhöhe. Allerdings fehlen Lisa Triebel (Karriereende) und Ann-Kathrin Denker (berufliche GrĂŒnde) in England. „Zwei LeistungstrĂ€gerinnen“, merkt Bahr an, die mit ihren Spielerinnen in den vergangenen Monaten an der WurfstĂ€rke, der Wurfgenauigkeit und an der Taktik gefeilt hat. „Die Entwicklung sieht man“, sagt die Cheftrainerin. „Aber wir befinden uns nach wie vor im Aufbau. Dieser Prozess geht nicht von heute auf morgen.“

FĂŒr die deutschen Goalballerinnen starten die World Games mit einem Doppel-Spieltag. Erst steht das Duell mit dem Titelfavoriten USA an, dann geht es gegen DĂ€nemark. „Dass wir zu Beginn des Turniers zweimal spielen, kann ein Vorteil sein, denn Turniere werden ĂŒber die Ausdauer entschieden“, meint Bahr. Und die USA direkt zum Anfang? „Gegen die Amerikanerinnen wollen wir dagegenhalten, das ist schließlich ein Spiel, das Laune machen und fĂŒr den weiteren Turnierverlauf richtungsweisend sein kann.“

Das deutsche Goalball-Team der Damen:
Emily Reinke (19/Berlin/SSV BS Königs Wusterhausen), Sophie Kaudewitz (21/NĂŒrnberg/BVSV NĂŒrnberg), Charlotte Kaercher (32/Rostock/RGC Hansa), Pia Knaute (27/RGC Hansa/Rostock), Rauan Mardnli (22/Heidelberg/BSS Ilvesheim/Heidelberg), Jennifer Koch (20/Gunzenhausen/BVSV NĂŒrnberg).
Cheftrainerin: Jessica Bahr (Nußloch)
Co-Trainer: Tobias Vestweber (Marburg)

Quelle: PM Deutscher Behindertensportverband e.V., National Paralympic Committee Germany

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