Auch M-V mit großer Radsport-Tradition
Einen runden Geburtstag feiert 2017 das Fahrrad: Bereits auf stolze 200 „Lenze“ kommt es! „Zur Belohnung“ wurden vom Internationalen Olympischen Komitee die radsportiven Disziplinen „Madison“ (wieder) und „BMX Freestyle“ (neu) in das olympische Programm 2020 in Tokyo aufgenommen.
Auch in M-V, speziell in der Landeshauptstadt M-V, hat das Fahrrad und der organisierte Fahrradsport eine gute Tradition. So gründete sich vor mehr als 130 Jahren (1886) der „Schweriner Radfahrverein“. Zwei Jahre später, am 23./24.Juni 1888, beging der Verein sein Stiftungsfest. Innerstädtische Radsport-Konkurrenz, also weitere radsportliche Vereine folgten, so 1896 der Verein „Greif zu“, 1899 die „Wanderer“ und 1909 der Radsportklub „Sport“.
118 Jahre nach der Gründung des „Schweriner Radfahrvereins“ gab es den ersten Radsport-Olympiasieg für Schwerin – durch den gebürtigen Hagenower und Mitglied des PSV Schwerin, Stefan Nimke, im Teamsprint der Herren bei den olympischen Bahn-Radsport-Wettbewerben 2004 in Athen.
Die Rostocker hatten zuvor bereits dreimal Grund zum olympischen Gold-Jubel im Radsport, zweimal durch Günther Schumacher, der jeweils Erster mit dem bundesdeutschen Bahn-Vierer 1972 in München bzw. 1976 in Montreal wurde, und einmal durch Jan Ulrich, der die olympische Straßen-Einzel-Entscheidung 2000 in Sydney gewann.
Apropos Olympia bzw. die WM 2016 und der Radsport: Die olympischen Straßen-Radsport-Wettbewerbe in Rio waren nicht einmal zwei Monate Vergangenheit, da mussten die Straßen-Radsport-Asse von allen Kontinenten auch schon wieder weltmeisterlich „durch die Wüste“ radeln.
Zwischen Olympia-Ringen in Rio und WM-Ehren in Doha
In Rio gab es „nur“ vier Entscheidungen – jeweils im Straßen-Einzel und im Zeitfahren bei den Damen und bei den Herren. Bei den WM 2016 in Doha (Katar) wurden jedoch Medaillen in 12 Entscheidungen vergeben: Mannschaftszeitfahren bei den Damen und Herren, Einzelzeitfahren bei den Damen, Herren, Herren der Altersklasse U 23, der Juniorinnen bzw. der Junioren und Straßen-Einzel der Damen, Herren, Herren der Altersklasse U 23, Juniorinnen und Junioren.
Niederlande in Rio am besten
Bei den olympischen Konkurrenzen im August 2016 hatten noch die Niederlande mit 19 Punkten (einmal Gold, einmal Silber, einmal Bronze, einen vierten Rang) vor den USA (einmal Gold, einmal Rang vier) die Länderwertung im Radsport gewonnen.
Eine „fliegende Holländerin“…
Im Straßen-Einzel der Frauen siegte Anna van der Breggen (Niederlande), welche zusammen mit ihren Begleiterinnen Emma Johansson (Schweden) und Elisa Longo Borghini (Italien) die lange Zeit allein führende Mara Abbott (USA) 150 Meter vor dem Ziel noch abfing. Mara Abbott kam auf den undankbaren vierten Rang. Anna van der Breggen sorgte damit für den vierten niederländischen Olympiasieg im Straßen-Einzel der Frauen nach Monique Knol 1988, Leontien Zijlaard-van Moorsel 2000 und Marianne Vos 2012.
…und ein „fliegender Belgier“
Bei den Herren schaffte im Straßen-Einzel Greg Van Avermaet Olympia-Gold. Für Belgien war es der zweite Olympiasieg im Herren-Straßen-Einzel: 1952 in Helsinki hatte bereits Andre Noyelle olympisches Gold geholt. Die Straßen-Einzel-Entscheidungen bei den Herren und Damen wurden von schweren Stürzen auf der schwierigen Strecke und bei suboptimaler Witterung „begleitet“…
Kristin und Fabian auch mit olympischem Gold
In der Entscheidung im Einzelzeitfahren der Frauen in Rio 2016 setzte sich Kristin Armstrong (USA) wie schon 2008 und 2012 durch. Fabian Cancellara (Schweiz) triumphierte hingegen erneut im Zeitfahren. 2008 in Peking hatte er in dieser Disziplin des Straßen-Radsportes schon einmal ganz oben gestanden.
Die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen an der Copacabana leider leer aus.
Deutscher Medaillen-Segen in Doha – zweimal Gold für Tony Martin
Die Straßen-Radsport-Wettkämpfe der WM in Doha im Oktober sorgten hingegen für einige Medaillen aus deutscher Sicht.
Im belgischen „Werksteam“ Etixx-Quick-Step in multinationaler Besetzung fuhren ebenfalls Marcel Kittel und Tony Martin zu Gold. Tony Martin, der Olympia-Zweite 2012, jubelte zudem über den Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren vor Vasil Kiryienka (Weissrussland). …Sein viertes WM-Gold in dieser Disziplin nach 2011, 2012 und 2013. Dazu „sammelte“ Marcel Kittel noch zweimal Gold im Mannschafts-Zeitfahren (2012 und 2013 plus Team-WM-Gold 2016).
Trixi Worrack mit Team-Silber
Die Wahl-Bad Doberanerin Trixi Worrack, die bei einem Unfall im Frühjahr 2016 ihre linke Niere verlor, holte nach viermal WM-Gold im Mannschaftszeitfahren 2016 in Doha Silber. Im deutschen silbernen „Werksteam“ Canyon-SRAM waren zudem unter anderem Lisa Brennauer und Mieke Kröger aktiv.
Bei den U 23-Herren konnte der Bund Deutscher Radfahrer einmal Gold (Marco Mathis im Einzelzeitfahren) und zweimal Silber (Maximilian Schachmann ebenfalls im Einzelzeitfahren bzw. Pascal Ackermann im Straßen-Einzel) erringen.
Silberne Momente erlebte zudem Niklas Märkl im Straßen-Rennen der Junioren.
Die Doha-Entscheidungen in den Straßen-Rennen (Elite)
Bei der Elite-Konkurrenz im Straßen-Einzel der Frauen distanzierte Amalie Dideriksen (Dänemark) die Konkurrenz und kam zu Gold. Silber gewann Kirsten Wild (Niederlande) vor Lotta Lepistö (Finnland) und Elizabeth Deignan (Großbritannien).
Fünfmal waren bisher deutschen Radsportlerinnen bei WM die Nummer eins, so 1965 Elisabeth Eichholz (SC Leipzig), 1978 Beate Habetz (Brauweiler), 1981 Ute Enzenauer (GFR Ludwigshafen), 2004 Judith Arndt (Königs Wusterhausen) und 2005 Regina Schleicher (Würzburg).
Im Straßen-Einzel der Herren (Elite) in Doha, mit dem Rostocker Andre Greipel, erkämpfte erneut Peter Sagan Slowakei) vor Mark Cavendish (Großbritannien), Tom Boonen (Belgien) und Michael Matthews (Australien) den Titel. Andre Greipel und die anderen deutschen Starter hatten mit dem Ausgang des Rennens leider nichts zu tun.
Andre Greipel, Jahrgang 1982, Geburtsort Rostock und bis 2001 für den PSV Rostock startend, wurde, wie beispielsweise Jan Ulrich, vom Rostocker Radsport-Erfolgstrainer Peter Sager geformt. Unter anderem gewann der Hanseate elf Etappen bei der Tour de France, startete bei Olympia 2012 in London eroberte dreimal den deutschen Titel im Straßen-Rennen 2013, 2014 sowie 2016 und errang 2011 WM-Bronze im Straßen-Einzel. Schade, dass es 2016 nicht zu einem neuerlichen Medaillen-Gewinn reichte.
Aktuell geht es für ihn zur 104.Tour de France zwischen dem 1.Juli und dem 23.Juli. Im September warten auf den Hanseaten noch die Welt-Titelkämpfe im Straßen-Radsport 2017 vom 17.September bis 24.September in Bergen (Norwegen).
Blick in die straßenradsportliche WM-Geschichte
Bislang hatten deutsche Rad-Asse im Straßen-Einzel der Herren neun WM-Titel gewonnen. Bei den „Amateuren“, die eine separate WM-Entscheidung von 1921 bis 1995 „fuhren“, wurden 1958 bzw. 1959 Täve Schur (SC DHfK Leipzig), 1960 Bernhard Eckstein (SC DHfK Leipzig), 1982 Bernd Drogan (SC Cottbus), 1983 Uwe Raab (SC DHfK Leipzig), 1986 Uwe Ampler (SC DHfK Leipzig) und 1993 der gebürtige Rostocker Jan Ulrich (2000 auch Olympiasieger) Weltmeister.
Und bei den Profis, die ihre Weltbesten seit 1927 ff. ermitteln, erreichten Heinz Müller (Tuningen) 1952 und Rudi Altig (Mannheim) 1966 WM-Gold.
Die „restlichen“ WM-Titel 2016
Die „restlichen“ WM-Titel 2016 sicherten sich übrigens Amber Neben (USA, Elite, Damen-Einzelzeitfahren), das niederländische „Werksteam“ Boels-Dolmans unter anderem mit Evelyn Stevens (USA), Kristoffer Halvorsen (Norwegen, U 23-Herren, Straßen-Einzel), Brandon McNulty (USA, Junioren, Einzelzeitfahren), Elisa Balsamo (Italien, Juniorinnen, Straßen-Einzel), Jakob Egholm (Dänemark, Junioren, Straßen-Einzel) und Karlijn Swinkels (Niederlande, Juniorinnen, Einzelzeitfahren).
Beste Nation bei den 83.Straßen-Radsport-WM wurde Deutschland mit zweimal Gold, viermal Silber, einmal Bronze vor den USA mit zweimal Gold, zweimal Silber, einmal Bronze, den Niederlanden mit zweimal Gold, zweimal Silber und Dänemark mit zweimal Gold, einmal Silber.
Exkurs: Zwischen Radsport und Wintersport: Die vielseitige Athletin Andrea Eskau über ihren radsportlichen Gold-Wettkampf bei den Paralympics in Rio und ihre beruflichen Herausforderungen
Fast neun Monate sind sind die paralympischen Wettkämpfe in Rio schon her. Aus deutscher Sicht gab es dort 18 x Gold, 25 x Silber und 14 x Bronze. Mit fast 4300 Athletinnen und Athleten mit Handicaps erlebten die Paralympics 2016 einen regen Zuspruch.
Besonders erfolgreich war dabei auch Rad-Ass Andrea Eskau, Jahrgang 1971, mit Gold und Silber in den Strassen-Entscheidungen.
Bislang holte die vielseitige Sportlerin schon viermal Gold, einmal Silber im paralympischen Strassen-Radsport zwischen 2008 und 2016 und sogar zweimal Gold, einmal Silber, einmal Bronze zwischen 2010 bzw. 2014 bei den Winter-Paralympics im Skilanglauf sowie im Biathlon. Für die Paralympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang qualifizierte sich Andrea Eskau für die Wettbewerbe im Skilanglauf und im Biathlon bereits.
Andrea Eskau ist gebürtige Thüringerin, startet für den USC Magdeburg und ist studierte Diplom-Psychologin.
Wie lautet nun aber der persönliche Rückblick von Andrea Eskau auf die Spiele 2016?!
Nachgefragt
Andrea Eskau über die Paralympics 2016 im persönlichen Rückblick, die Stimmung vor Ort, ihren Gold-Wettkampf in Rio, ihre weiteren sportlichen Ziele sowie ihre beruflichen Ambitionen
„Die Wettkämpfe waren wirklich ein Erlebnis…“
Frage: Andrea, im paralympischen Rückspiegel: Wie verliefen die Wettkämpfe im paralympischen Strassen-Radsport in Rio aus Ihrer Sicht? Was waren die ganz besonderen Momente?
Andrea Eskau: Die Wettkämpfe in Rio waren wirklich ein Erlebnis, da unsere Rennen direkt am Meer und somit vor einer überragenden Kulisse stattfanden. Die Wettkämpfe waren gut organisiert und die Strecke zudem sehr gut abgesichert. Allerdings waren die klimatischen Verhältnisse nicht ganz einfach, denn es war doch recht heiss und vor allem sehr schwül. Die Goldmedaille im Strassenrennen zu gewinnen, war ein Highlight meiner Karriere, weil die Vorbereitung in diesem Jahr nicht unbedingt reibungslos verlaufen war.
Frage: Wie beurteilen Sie die paralympischen Rad-Wettkämpfe bei den Frauen und bei den Herren in Rio? Wer beeindruckte Sie?
Andrea Eskau: Die Wettkämpfe waren insgesamt gut besucht und wurden auf einem sehr hohen sportlichen Niveau ausgetragen. Die Stimmung vor Ort war ebenfalls sehr gut. Wir Athletinnen und Athleten fühlten uns sehr willkommen und wir hatten immer wieder sehr angenehme spontane Begegnungen. Beeindruckend war vor allem die Herzlichkeit der Brasilianer und ihre gute Laune.
Frage: Wie erlebten Sie Rio außerhalb der paralympischen Wettkämpfe? Konnten Sie etwas von den Gegensätzen in der Stadt und in ganz Brasilien mitbekommen?
Andrea Eskau: Nein, ich habe von Brasilien und auch von Rio sehr wenig mitbekommen. Lediglich bei den Busfahrten durch die Stadt hat man ein wenig von den Lebensumständen erahnen können. Dieses macht die Lebensfreude der Menschen noch wertvoller, welche nun wirklich nicht im Überfluss leben.
Letzte Frage: Wie sieht Ihr Leben neben dem Sport aus?
Andrea Eskau: Da ich in Vollzeit im Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Bonn arbeite und dort das Fachgebiet „Behindertensport“ leite, werde ich auch nach meinem aktiven Karriere-Ende dem Sport der Menschen mit Handicap verbunden bleiben. Das Bewegen in freier Natur mit Handbike oder Schlitten werde ich sicher auch nicht aufgeben. Dieses wird nicht zuletzt von meinem vierbeinigen Begleiter (Behinderten-Begleithund Foufou) erwartet.
Vielen Dank, dann weiterhin alles erdenklich Gute, persönlich, beruflich und sportlich, und maximale Erfolge!
Anmerkung: Sowohl bei den olympischen als auch bei den paralympischen Radsport-Wettkämpfen 2016 wurde Großbritannien die erfolgreichste Nation. Bei den „Olympics“ kamen die Britinnen und Briten auf 12 Medaillen, darunter 6 x Gold, und bei den Paralympics auf 21 Medaillen, darunter 12 x Gold.
Die deutschen Radsport-Asse schafften bei den Olympischen Spielen in Rio zwei Medaillen, darunter einmal Gold, und bei den folgenden Paralympischen Spielen 15 Medaillen, darunter 8 x Gold. Das Schweriner Duo Stefan Nimke/Kai-Kristian Kruse wurde bei den Paralympics 2016 Dritter im 1000 Meter-Zeitfahren mit dem Tandem.
… Vom olympischen, paralympischen und weltmeisterlichen Radsport zum Radsport in der Region
Das Jedermann-Radrennen durch die Lewitz 2017 im Blickfeld
Nachgefragt beim Organisator Michael Kruse
Frage: In zweieinhalb Monaten steigt das dritte Schweriner Jedermann-Seen-Radrennen in Schwerin… Wann ist der genaue Termin? Welche Strecken und Streckenführung werden angeboten?
Michael Kruse: Die Auflage zum dritten Schweriner Jedermann-Radrennen durch die Lewitz startet am 23.September 2017. Es werden folgende Hauptstrecken angeboten: Das 91 Kilometer-Sparkassen-Rennen und die 55 Kilometer-AOK-Fitnessrunde. Zudem noch das 55 Kilometer Stadtwerke Schwerin-E-Bike-Rennen (siehe „schweriner-seenrunde.de“!).
Frage: Wie war eigentlich der Zuspruch im letzten Jahr? Wer gewann das Hauptrennen?
Michael Kruse: Der Zuspruch im letzten Jahr war mit der neuen Streckenführung durch die wunderschöne Lewitz-Landschaft sehr gut bei den Teilnehmern aufgenommen worden. 750 Teilnehmer gingen über die Streckenangebote 2016 an den Start. Dieses Jahr möchten wir gerne die 1000er Marke erreichen. Das Hauptrennen 2016, die 91 Kilometer, gewann Daniel Rackwitz (Schwerin) und die 55 Kilometer-Runde entschied Tilmann Ribeck (Schweriner SC) für sich.
Frage: Gibt es in diesem Jahr „Neuerungen“?
Michael Kruse: Nein, erst einmal wird es keine Neuerungen geben, wir werden das Altbewährte auch in diesem Jahr zum Jedermann-Radrennen beibehalten.
Letzte Frage: Das Fahrrad feiert seinen 200.Geburtstag, in Schwerin wurde 1886 der erste Radverein gegründet… Welche Bedeutung hat das Radfahren aus Ihrer persönlichen Sicht?
Michael Kruse: Eine sehr große, nicht nur weil das Radfahren die zweite Disziplin im meinem Triathlon-Sport ist, sondern weil sich jeder auf dem Rad gesund fortbewegen kann, egal in welchem Alter. Außerdem macht es auch noch Spaß, an der frischen Luft in unserer Mecklenburger Natur zu fahren und zu genießen.
Vielen Dank!
Marko Michels
Foto (Michels): Das Fahrrad feiert den 200.Geburtstag…