Kati Köster, Vorsitzende des Rostocker RC von 1885, ĂŒber die bisherigen rudersportlichen Wochen 2018, die kommenden internationalen Regatten, den Ruder-Nachwuchs beim RRC, die Ruder-Bedingungen in Rostock  und die Ambitionen von RRC-Ruderin Julia Leiding
Interview
Frage: Vier sportliche Monate liegen hinter uns. Welche Veranstaltungen im Rudern standen schon auf dem Programm? Wer konnte besonders beeindrucken?
Kati Köster: Unsere Rudersaison begann am 24. MÀrz mit dem Stegeinsatz. Seitdem kamen bereits alle Mitglieder auf ihre Kosten. Die Breitensportler starteten beim ersten 50 Kilometer-Langstrecken- Cup und holten dort die ersten lang ersehnten Schwielen an den HÀnden.
Unsere Kids waren bereits zur Langstrecke im Nachbarverein in Kessin, dem Olympischen Ruderclub Rostock. Dazu kamen die Regatten in LĂŒbeck und RĂŒdersdorf, bei denen auch unsere JĂŒngsten endlich die erste Wettkampf-Luft schnuppern konnten.
Die Wanderruderer unternahmen jĂŒngst ihre Pfingstfahrt auf der Oberwarnow. Bei den Spitzen-Sportlerinnen bzw. -Sportlern wird der Rostocker Ruderclub auch in dieser Saison durch Julia Leiding vertreten. Sie stellte ihr Können bereits auf der Langstrecke in Leipzig bei der ersten nationalen KaderĂŒberprĂŒfung mit dem sechsten Platz unter Beweis. Zur anschlieĂenden KleinbootĂŒberprĂŒfung musste Julia leider krankheitsbedingt abmelden.
Frage: Was sind die Höhepunkte in den kommenden Monaten?
Kati Köster: So wie die Ruder-Saison auch in den vergangenen Monaten fĂŒr alle etwas parat hielt, wird es auch bis zum Ende der Rudersaison weitergehen. Im Bereich des Spitzen-Sportes mĂŒssen wir fĂŒr Julia derzeit noch die Daumen drĂŒcken, weil sie durch ihren krankheitsbedingten Ausfall aktuell nicht fĂŒr die Nationalmannschaft nominiert ist.
FĂŒr unsere Kids ist der nĂ€chste Höhepunkt der Landesentscheid als Qualifikation zum Bundeswettbewerb. In diesem Jahr richten wir als Rostocker Ruderclub diese Regatta in Kooperation mit dem Landessportbund und der Hansestadt Rostock als Landesjugendsportspiele fĂŒr die BundeslĂ€nder Mecklenburg- Vorpommern, Hamburg und Bremen aus.
Mit einer erwarteten Teilnehmerzahl von fast 300 Aktiven ist die Ausrichtung dieser Regatta fĂŒr den ganzen Verein ein Highlight. Der Bundeswettbewerb selbst ist dann natĂŒrlich das groĂe Ziel fĂŒr die Kinder. In diesem Jahr reist die Trainingsgruppe dazu nach MĂŒnchen an die Olympiastrecke von 1972.
Unsere Studenten werden ihre Deutschen Hochschulmeisterschaften im Juli in Brandenburg auf dem Beetzsee absolvieren. Dort starten sie zwar nicht als Rostocker Ruderclub, sondern als UniversitÀt Rostock, vertreten jedoch mit Booten und Skulls die Vereinsfarben.
Und bereits am kommenden Wochenende fahren unsere Wanderruderer nach Stralsund zum diesjÀhrigen Landeswanderrudertreffen.
Frage: Wie beurteilen Sie das internationale Ruder-Geschehen 2018?
Kati Köster: Hannes Ocik ist zurzeit mit seinen Olympia- und WM Erfolgen der erfolgreichste Ruderer in M-V. Durch die UnterstĂŒtzung des Bundes, des Landes und der Hansestadt bestehen im Landesleistungszentrum in Rostock zudem auch fĂŒr den Nachwuchs aus M-V tolle Trainingsbedingungen.
Es ist in den letzten Jahren schwieriger geworden, den Nachwuchs dauerhaft fĂŒr den Leistungssport zu begeistern. Rudern als Ausdauersportart erfordert erhebliche TrainingsumfĂ€nge, wenn man langfristig erfolgreich sein will. Dazu kommt, dass die Ausbildung oder das Studium mit dem Sport vereinbart werden muss. Zum jetzigen, noch frĂŒhen Zeitpunkt der Saison ist es schwierig die Leistungen im internationalen Vergleich einzuschĂ€tzen. Das erste internationale Aufeinandertreffen in 2018 ist der Weltcup in Belgrad vom 1. bis 3. Juni. An diesem ersten von drei Weltcups nehmen noch nicht alle fĂŒhrenden Ruder-Nationen teil, der Deutsche Ruder-Verband testet verschiedene Bootsbesetzungen, um die Mannschaften  zur Weltmeisterschaft im September zu selektieren.
[box]Berliner holt Titel bei Junioren-EM
Ende Mai fanden in Gravelines (Frankreich) die European Rowing Junior Championships 2018 statt. Bei der achten Auflage dieser U19-EM waren erstmals 34 Nationen am Start. FĂŒr Deutschland jubelte Moritz Wolff (Berliner Ruder-Club). Der 18-JĂ€hrige setzte sich souverĂ€n im Einer durch und verteidigte damit erfolgreich seinen Titel aus dem Vorjahr.[/box]
Letzte Frage: Wie steht es derzeit um die Ruder-Talente beim RRC?
Kati Köster: Unser erfolgreichstes Talent ist leider nicht so in der Saison angekommen, wie wir es uns fĂŒr sie erhofft haben. Julia Leiding ist jedoch eine Ă€uĂerst disziplinierte und ehrgeizige Sportlerin.
Allerdings kam ihr ein Infekt in die Quere und verhinderte ihre Teilnahme an den Deutschen Kleinbootmeisterschaften. Diese sind jedoch ein fundamentaler Baustein fĂŒr die Besetzung der Nationalmannschaft.
Wir sind aber sehr optimistisch, dass Julia mit ihren Leistungen weiterhin immer wieder unter Beweis stellen wird, dass sie an die Spitze gehört und neben den Farben des Rostocker Ruderclubs auch die deutschen Farben vertreten sollte.
Im Bereich der Juniorinnen bzw. Junioren sind wir nach langer Zeit endlich wieder breit aufgestellt und haben unter anderem mit Mathilda Kitzmann, Helen Kath und Philip JĂŒrĂ „heiĂe Eisen im Nachwuchsfeuer“. Auch unsere „Sportlerinnen bzw. Sportler von ĂŒbermorgen“ lassen uns optimistisch in die Zukunft schauen – Â mit durchschnittlich etwa 30 Mitgliedern im Alter bis 14 Jahre konnten wir im Vergleich zum Jahr 2014 die Zahlen um fast 10 Mitglieder steigern.
Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge fĂŒr den RRC!
Blick in die Historie: Achtmal olympisches Gold fĂŒr Ruderinnen aus M-V
2018 ist Halbzeit im aktuellen olympischen Zyklus. 2020 geht’s bekanntlich in Tokyo weiter, natĂŒrlich auch wieder mit den diversen Ruder-Disziplinen. Seit 1900 schon ist der Kraftausdauer-Sport im Programm der Spiele der Neuzeit. Wettbewerbe fĂŒr Frauen gehören allerdings erst seit 1976 dazu. Seitdem konnten sich schon einige Ruderinnen aus Mecklenburg-Vorpommern in die Siegerinnen-Liste eintragen.
Montreal 1976 mit zweimal Gold
Bereits in Montreal 1976 gab es zweimal Gold fĂŒr „M-V“. Die gebĂŒrtige Stralsunderin Monika Kallies, Jahrgang 1956, triumphierte im Achter zusammen mit Viola Goretzki, Christiane Knetsch, Ilona Richter, Brigitte Ahrenholz, Henrietta Ebert, Helma Lehmann, Irina MĂŒller und Marina Wilke vor der UdSSR und den USA.
Im Doppelvierer mit Steuerfrau setzte sich dazu Anke Borchmann, in Neukalen 1954 geboren, zusammen mit Jutta Lau, Viola Poley, Roswitha Zobelt und Liane Weigelt, vor der UdSSR und RumÀnien durch.
Bei den olympischen Entscheidungen 1976 im Frauen-Rudern waren die Deutschen aus Ost und West, insbesondere dank der DDR, mit 4 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze am erfolgreichsten, vor Bulgarien mit 2 x Gold, 1 x Silber, der UdSSR mit 2 x Silber, 3 x Bronze, den USA mit 1 x Silber, 1 x Bronze und RmÀnien mit 1 x Bronze.
Moskau 1980 mit einmal Gold
Vier Jahre spĂ€ter, bei den Spielen 1980 in Moskau, setzte die goldene Erfolgsserie fĂŒr M-V Ramona Kapheim, geboren 1958 in Strasburg, zusammen mit Silvia Fröhlich, Angelika Noack, Romy Saalfeld und Kirsten Wenzel im Vierer mit Steuerfrau fort. Die Crew verwies Bulgarien und die UdSSR auf die PlĂ€tze zwei und drei.
In der russischen Hauptstadt sicherten sich die DDR mit 4 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze, die UdSSR mit 1 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze, RumÀnien mit 1 x Gold, 2 x Bronze, Bulgarien mit 1 x Silber, 2 x Bronze und Polen mit 1 x Silber die olympischen Medaillen im Frauen-Rudern.
Drei Goldene in Seoul 1988
In Seoul 1988 folgten drei „M-V-Goldmedaillen“ durch die gebĂŒrtige Neubrandenburgerin Jana Sorgers, Jahrgang 1967, die gebĂŒrtige Wismarerin Kathrin Haacker, Jahrgang 1967, und die gebĂŒrtige Bartherin Sylvia MĂŒller, Jahrgang 1962.
Jana Sorgers erkÀmpfte im Doppelvierer zusammen mit Kerstin Förster, Kristina Mundt und Beate Schramm den Olympiasieg vor der UdSSR sowie RumÀnien. Im Achter wurde 1988 Kathrin Haacker zusammen mit Annegret Strauch, Judith Zeidler, Ute Wild, Anja Kluge, Ramona Balthasar, Beatrix Schröer, Ute Stange und Daniela Neunast die Nummer eins vor RumÀnien und China.
Und Sylvia MĂŒller distanzierte im Vierer mit Steuerfrau zusammen mit Martina Walter, Gerlinde DoberschĂŒtz, Carola Hornig und Birte Siech die Konkurrenz aus China und RumĂ€nien.
Die meisten Medaillen im Frauen-Rudern in Seoul 1988 sammelten die DDR mit 5 x Gold, RumÀnien mit 1 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze, Bulgarien mit 1 x Silber, 2 x Bronze, China mit 1 x Silber, 1 x Bronze, die USA bzw. die UdSSR mit jeweils 1 x Silber und Neuseeland mit 1 x Bronze.
Gold auch 1996 in Atlanta
Acht Jahre nach Seoul 1988, bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta, schafften Katrin Rutschow-Stomporowski, 1975 in Waren/MĂŒritz geboren, und die bereits erwĂ€hnte Jana Sorgers, 1967 in Neubrandenburg geboren, zusammen mit Kerstin Köppen und Kathrin Boron die Goldmedaille vor der Ukraine und Kanada.
Elf LÀnder holten 1996 im Frauen Rudern Olympia-Medaillen, so RumÀnien (2 x Gold), Kanada (1 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze), Weissrussland bzw. Australien (jeweils 1 x Gold, 1 x Bronze), Deutschland (1 x Gold), die USA (2 x Silber), China bzw. die Ukraine (jeweils 1 x Silber) sowie DÀnemark, die Niederlande und Frankreich (jeweils 1 x Bronze).
Vorerst letztes M-V-Gold im Frauen-Rudern 2004 in Athen
Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen gewann mit Katrin Rutschow-Stomporowski, 1975 in Waren/MĂŒritz geboren, im Einer der vorerst letzte Olympiasieg im Frauen-Rudern fĂŒr „M-V“. Hinter Katrin folgten Jekaterina Karsten (Weissrussland) und Rumjana Nejkowa (Bulgarien) auf den RĂ€ngen zwei und drei.
Im olympischen Medaillenspiegel 2004 der Ruderinnen siegte RumĂ€nien mit 3 x Gold vor Deutschland mit 2 x Gold, 2 x Silber, Neuseeland mit 1 x Gold, GroĂbritannien mit 2 x Silber, 1 x Bronze, Weissrussland mit 1 x Silber, 1 x Bronze, den USA mit 1 x Silber, den Niederlanden mit 2 x Bronze, Bulgarien und Australien mit jeweils 1 x Bronze.
Wann wohl die nÀchste Ruderin aus M-V wieder einen Olympiasieg erkÀmpft?!
Text und Interview: Marko Michels