Warnemünderin strebt nach dem Jugend-EM-Titel vor Tallinn nun zu den WM vor Auckland im Dezember
Auch im Spätsommer 2016 werden in und um M-V noch die sportlichen Segel gesetzt. International stand im August insbesondere die olympische Regatta vor Rio auf dem Programm. Im September folgt nun an gleicher Stelle die paralympische Regatta. Im August konnte auch eine Warnemünderin feiern: Hannah Anderssohn gewann Gold bei den Jugend-EM im Laser Radial vor Tallinn.
Nachgefragt
Hannah über ihren EM-Wettkampf, ihre nächsten Ziele, die olympische Regatta, ihr Trainingsjahr und ihre Freizeit neben dem Segel-Boot
„Ich habe mich stetig gesteigert…“
Frage: Erst einmal noch herzlichen Glückwunsch zu Gold bei den Jugend-EM vor Tallinn. Wie verlief die Regatta aus Deiner persönlichen Sicht? Wie waren die Bedingung und Stimmung vor Ort? Spürt man noch etwas davon, dass dort vor 36 Jahren die olympische Segel-Regatta stattfand?
Hannah Anderssohn: Erst einmal danke für die Glückwünsche. Die Regatta fing mittelmäßig an, ich konnte mich aber im Verlaufe des Wettkampfes immer weiter steigern und kam stetig besser in Fahrt, sodass ich die letzten drei Rennen gewinnen konnte.
Zu den Bedingungen kann ich sagen, dass sie sehr schwierig waren. Wir hatten sehr inkonstante Bedingungen mit vielen Drehern und meistens dazu noch viel Wind.
Die Stimmung vor Ort war sehr gut. Die Veranstalter haben sich viel Mühe gegeben und waren natürlich stolz, dass die Segel-Wettbewerbe der Olympischen Spiele 1980 dort waren. So wurden zum Beispiel bei der Eröffnung Videos von den Olympischen Spielen 1980 gezeigt und bei der Siegerehrung hat ein Olympionike aus Estland, der 1980 dabei war, die Medaillen überreicht.
Frage: Wie sieht eigentlich Dein Trainingsalltag aus – im Sommer und dann im Winter?
Hannah Anderssohn: Mein Trainingsalltag besteht im Sommer vor allem aus Wassertraining. Das bedeutet nach der Schule ins Internat, kurz entspannen – und dann ab aufs Wasser für circa drei Stunden. Nach dem Training ist es meistens schon spät. Ich mache dann noch – falls nötig – etwas für die Schule oder ich versuche ein bisschen zu relaxen. Das ist zumeist der Ablauf von Montag bis Freitag.
Im Winter sieht das Ganze ein wenig anders aus, weil wir ja aufgrund der Temperaturen nicht aufs Wasser können.
Dann besteht das Training hauptsächlich aus Athletik und Theorie. Allerdings ist die Winter-Saison nicht sehr lang für uns, da wir bis in den November versuchen, aufs Wasser zu kommen. Anfang Februar fahren wir schon in den Süden, Süd-Frankreich oder Mallorca, um dort segeln zu können.
Frage: Welche sportlichen Herausforderungen stehen 2016 noch auf dem Programm? Welche Ziele hat Du für 2017?
Hannah Anderssohn: Dieses Jahr steht noch unsere Deutsche Meisterschaft der offenen Altersklasse in Wismar Anfang Oktober und die Weltmeisterschaft der Altersklasse U19 in Auckland (Neuseeland) Mitte Dezember auf dem Programm.
Die Deutsche Meisterschaft ist dabei nicht so wichtig für mich. Ich möchte zwar schon gewinnen, aber der Fokus liegt auf jeden Fall in nächster Zeit auf die Vorbereitung für die WM, bei der ich wieder eine Medaille erkämpfen möchte.
Nächstes Jahr stehen mehr internationale Wettkämpfe an, da 2017 mein letztes U 19-Jahr ist. Die genaue Planung erfolgt allerdings noch.
Frage: Konntest Du auch ein wenig die olympischen Segelwettbewerbe 2016 verfolgen? Wer beindruckte Dich dort besonders?
Hannah Anderssohn: Ich muss ehrlich gesagt zugeben, dass ich die olympischen Segel-Wettbewerbe vor Rio nicht wirklich verfolgen konnte, da ich gleichzeitig bei der EM startete und mein Fokus voll auf den Wettkampf war.
Erst danach habe ich noch versucht, ein wenig die Medal-Races zu verfolgen. Besonders schön ist es natürlich, dass Erik Heil und Thomas Plössel im 49er die Bronze-Medaille holten. Ansonsten haben mich am meisten die Segler fasziniert, die schon vor dem Medal-Race Olympiasieger waren, weil sie so viel Vorsprung hatten. Wer so eine konstante, überlegene Leistung den kompletten Wettkampf über abrufen kann – und das bei den Olympischen Spielen – das ist beeindruckend.
Letzte Frage: Wie sieht Dein Leben ohne Segelboot aus?
Hannah Anderssohn: Freizeit ohne Segelboot gibt es innerhalb eines Jahres zwar nur selten, aber wenn, dann verbringe ich diese mit Familie bzw. Freunden und versuche, einmal „die Füße hoch zu legen“ und nichts zu machen. Dann ist die Freude umso größer, wenn ich wieder aufs Boot darf.
Vielen Dank, dann weiter alles erdenklich Gute und maximale Erfolge!
Info: Die olympische Segel-Regatta 1980
Die olympische Segel-Regatta vor Tallinn fand zwischen dem 21. und 29.Juli 1980 statt. An dieser nahmen 154 Segler mit 83 Booten aus 23 Ländern teil. Leider wurden die Spiele 1980 von einem großen Teil des „Westblocks“ boykottiert, was aber die hervorragenden Leistungen der dort startenden Segler auf einem exzellenten Segel-Revier keineswegs schmälerte.
Am erfolgreichsten war das brasilianische Segel-Team mit zweimal Gold vor der Sowjetunion mit jeweils einmal Gold, Silber und Bronze sowie Dänemark mit jeweils einmal Gold und Silber.
Die olympischen Goldmedaillen sicherten sich damals Esko Rechardt (Finnland, Finn Dinghi), Alejandro Abascal bzw. Miguel Noguer (Spanien, Flying Dutchman), Walentin Mankin (Ukrainische SSR) bzw. Alexander Musytschenko (Lettische SSR, beide UdSSR, Star), Alexandre Welter bzw. Lars Björkström (Brasilien, Tornado), Marcos Rizzo Soares bzw. Edoardo Penido (Brasilien, 470er) sowie Poul Jensen, Valdemar Bandolowski und Erik Hansen (Dänemark, Soling). Die Rostocker Jörn Borowski bzw. Egbert Swensson belegten bei den 470ern den Silber-Rang 1980.
Marko Michels