Mit FIBA-Schiedsrichterin Anne Panther im Gespräch
Sie ist eine von derzeit nur vier Frauen, die in der Basketball-Bundesliga und der ProA pfeifen. Außerdem die einzige Deutsche, die internationale Spiele leiten darf. Und noch dazu kommt sie aus Mecklenburg-Vorpommern: FIBA-Schiedsrichterin Anne Panther. Aber nicht etwa, wie man wegen der Rostock Seawolves vermuten darf, aus der Hansestadt. Geboren und aufgewachsen ist sie in Schwerin. Ihre basketballsportliche Karriere begann sie in den 90ern beim Schweriner SC, spielte bald in der 2. Damen-Basketball-Bundesliga. Mit 15 erwarb sie ihre erste Schiedsrichterlizenz. Heute, mit 37, kann Panther bereits auf ein facettenreiches Basketballleben zurückblicken. Und sie hat noch einiges vor…
Anne Panther über ihre Entwicklung als Basketball-Spielerin bzw. -Schiedsrichterin, ihre prägendsten Jahre, ihre Einsätze bei Olympia 2016 und der Euro-League sowie ihre nächsten Ziele.
„Konnte sehr viel für mich und über mich lernen…“
Frage: Ihre sportliche Karriere begann in M-V… Was faszinierte Sie damals am Basketball-Spiel? Wie war Ihre Entwicklung in Schwerin bzw. in Rostock?
Anne Panther: Ich habe zunächst mit Streetball angefangen und wir haben dann sehr viele Turniere in Mecklenburg Vorpommern bereist bzw. bei diesen mitgespielt. Das Ganze ging dann auch über die Landesmeisterschaften von M-V bis hin zu den Deutschen Streeball-Meisterschaften. Meine beiden Team-Kolleginnen und ich besuchten zu der Zeit alle das Herder-Gymnasium in Schwerin-Lankow. An einem Nachmittag veranstaltete dann der SSC ein Basketball-Probetraining in unserer Schule und sichtete potentielle zukünftige Spieler und Spielerinnen.
Meine beiden Team-Kameradinnen und ich wurden dann zum Mannschaftstraining eingeladen. Es hat mir einfach sehr viel Spaß bereitet und der Funke ist sofort übergesprungen. Im Sommer ging es auf die Freiplätzen und im Winter in die Halle. Teilweise haben wir dann beispielsweise auch auf dem Freiplatz des Juri-Gagarin-Gymnasiums auf dem Dreesch oftmals 5 gegen 5 gespielt.
Basketball begeistert mich, denn es ist die zweitschnellste Ballsportart und es wird nie langweilig. Selbst eine Zwanzig-Punkte-Führung kann innerhalb von zwei Minuten durch den Gegner gekippt werden. Dies fand und finde ich spannend. Zudem war für mich immer klar, dass ich den Team-Sport liebe.
Wir spielten dann ein paar Jahre beim SSC bis unsere gesamte Abteilung zum PSV Schwerin wechselte. Wir wurden mehrfach Landesmeister in der Oberliga im Jugend-Bereich. Bei den Damen schafften wir dann auch den Sprung in die zweite Regionalliga und unsere Trips weiteten sich auf den Hamburger Kreis und nach Schleswig-Holstein aus.
Durch mein Studium und mein Schiedsrichter-Dasein knüpfte ich Kontakte nach Rostock und nachdem auch einige Mannschaftskameradinnen nach Rostock wechselten, schloss ich mich ihnen an. Dort spielte ich zuerst für den EBC Rostock, folgend einige Zeit für den PSV Rostock, bis wir letztendlich alle wieder beim EBC Rostock waren. Hier schafften wir dann den Sprung von der zweite Regionalliga, in die erste Regionalliga bis in die zweite Damen-Basketball-Bundesliga. Dies war eine sehr spannende und prägende Zeit.
Frage: Sie waren dann insbesondere für das Team des USC Heidelberg im Einsatz. Was waren für Sie die Highlights in Ihrer Laufbahn als Basketball-Spielerin?
Anne Panther: Meine prägendste Zeit war sicherlich die in Rostock mit dem damaligen Aufstieg in die zweite Damen-Basketball-Bundesliga. Der Höhepunkt als Spielerin waren unter anderem der Aufstieg in die erste Regionalliga und der Aufstieg in die zweite Bundesliga.
Frage: Wann spürten Sie den Wunsch, es als Schiedsrichterin zu versuchen? Was waren die Beweggründe dafür?
Anne Panther: Dies war bereits in Schwerin. Viele Team-Kolleginnen hatten damals bereits eine Schiedsrichter-Lizenz und pfiffen sehr viele Spiele. Ich schaute mir das eine Weile an und dachte, das sieht interessant aus, das probiere ich auch. So fuhr ich zu einem Wochenend-Lehrgang und bestand im Abschluss meine Prüfung. Ich war damals 15 Jahre alt.
Frage: Wie lief das mit der Schiedsrichter-Ausbildung ab? War es ein schwieriges Unterfangen?
Anne Panther: Heutzutage besucht man in der Regel einen Ein-Tages- oder einen Zwei-Tage-Lehrgang und bekommt eine sogenannte Anwärter-Lizenz. Diese berechtigt dann zur Leitung von Jugendspielen mit einem erfahreneren Kollegen. Eine Zeit später kann man einen zweiten Lehrgang besuchen und die endgültige Lizenz machen.
Bei diesen Lehrgängen werden die Regeln vermittelt, Schiedsrichtertechnik, unter anderem Laufwege usw. auf dem Feld, und die Anzeige wird geübt – also, wie man was nach den Pfiffen anzeigt. Die Schiedsrichter absolvieren am Ende einen Fitness-Test und einen Regel-Test – und sofern Sie beides bestehen, erhalten Sie die Schiedsrichter-Lizenz.
Frage: Der Höhepunkt in Ihrer Tätigkeit als Schiedsrichterin war sicher der Olympia-Einsatz 2016. Welche prägnanten Erlebnisse hatten Sie dort? Welche nachhaltigen Erfahrungen machten Sie in Rio?
Anne Panther: Rio war einer von vielen Highlights. Inzwischen ist unter anderem das Final-Four der Euro-League hinzugekommen. Olympia in Rio hat eine ganz eigene Geschichte. Es war eine sehr intensive und sehr lange Zeit, weil Basketball eine der wenigen Sportarten war, die von Anfang bis Ende der Spiele ausgetragen wurde.
So konnten wir beispielsweise an der Eröffnungsfeier teilnehmen, von der ich sagen kann, dass bei keinem von uns Schiedsrichtern am Ende die Augen trocken blieben… Die Zeit war von Emotionen überladen. Ich konnte sehr viel für mich und über mich lernen, wovon ich auch heute noch profitiere. Zudem durfte ich die Spiele der besten Mannschaften der Welt pfeifen und mit den besten Basketball-Schiedsrichtern der Welt arbeiten. Besondere Höhepunkte dort waren natürlich meine Herren-Spiele und das Viertel- bzw. Halbfinale bei den Damen.
Frage: Ist Tokyo 2020 auch ein Thema für Sie?
Anne Panther: Ja natürlich, aber durch einige Unstimmigkeiten zwischen der Euro-League, meiner derzeitigen internationalen Liga, und dem Weltverband der FIBA werden aktuell keine Euro-League-Schiedsrichter zu den großen Turnieren nominiert. Wir hoffen auf eine zeitnahe Lösung, jedoch liegt dies nicht in unserer Hand.
Frage: Wie sieht der Liga-Alltag als Schiedsrichterin aus? Gerade in den Ballsportarten brauchen die Unparteiischen ja starke Nerven und eine gewisse Stress-Resistenz – oder?
Anne Panther: Nun ich bin ja nicht hauptberuflich Schiedsrichterin. Ich betreibe diese Tätigkeit allerdings inzwischen semiprofessionell. Mein Alltag ist von Lauftraining, Stabilitäts- und Krafttraining, Videoschulungen, Regeltests, Video-Vor- und Nachbereitungen und vielem mehr geprägt.
Wir erhalten monatlich unsere Ansetzungen in der Haupt-Saison und dann beginnt eigentlich schon die Vorbereitung, wie Reise-Planungen, jeweilige Vorbereitung auf meine Crews, Video-Studium der Teams – Scouting. Des Weiteren bin ich auch international unterwegs, das bedeutet, dass ich wöchentlich auch oftmals mindestens ein Spiel im europäische Großraum pfeife.
Frage: Wie oft waren Sie in M-V schon als Schiedsrichterin im Einsatz?
Anne Panther: Die ersten acht Jahre meiner Laufbahn habe ich ausschließlich in M-V gepfiffen, danach noch weitere fünf Jahre neben den Regional-Ligen und der Pro B. Es sind locker mehrere Hundert Spiele, aber die genaue Anzahl habe ich leider nicht mehr.
Frage: Und Ihr Leben ohne Basketball und Pfeife?
Anne Panther: Ich arbeite in Teilzeit im Krankenhaus-Management an der Universitätsklinik in Heidelberg. Ansonsten reise ich sehr gerne und probiere mich in allen möglichen Sportarten aus.
Vielen Dank und weiterhin alles Gute für Sie.
Blick zur Basketball-WM der Herren 2019
Vom 31. August bis 15. September 2019 findet die 18. Basketball-WM der Herren in China statt. 32 Teams werden in den Spielorten Guangdong, Nanjing, Wuhan, Shanghai und Peking am Start sein. Die deutsche Mannschaft spielt in der Vorrunden-Gruppe G in Shenzhen (Provinz Guangdong) gegen Frankreich (1.9.), die Dominikanische Republik (3.9.) und Jordanien (5.9.). Titelverteidiger von 2014 sind die USA. Das Mutterland des Basketballsports ist zusammen mit dem früheren Jugoslawien Rekord-Weltmeister (beide mit jeweils fünf Titeln). Auch die WM der Frauen 2018 ging – übrigens zum dritten mal in Folge – an ein US-amerikanisches „Dream Team“.
mm