Gratulation vom langjährigen Mitstreiter HZ. W. Ruge,
Foto: Hans-Werner Ruge

 

Ein Leben für den Boxsport

Man sieht ihm seine sieben Lebensjahrzehnte wahrlich nicht an, schon gar nicht, wenn er mit seinen Jungs in der Teterower Boxhalle im Schweiße seines Angesichts drei- bis fünfmal die Woche ackert. Aber vielleicht ist grade das der Jungbrunnen für Harri Stoll. Seine heutigen Schützlinge könnten locker seine Enkel sein. Aber von „Herrn Stoll“ sprechen sie alle nur mit größtem Respekt. „Er ist fit wie ein aktiver Boxer, in jeder Trainingseinheit geht er vorne weg, sowohl an den Pratzen als auch beim Konditionstraining steht er voll im Saft“. Harri Stoll weiß „Die jungen Boxer sehen mehr als sie hören – ich muß es ihnen vormachen“. Trainer Stoll steht für einen Boxstil, der Kraft, Gewandtheit und einen klaren Kopf erfordert. “Wer nur drauf los schlägt mag bis zu einer gewissen Stufe Erfolg haben. Doch dann ist es vorbei“, weiß der erfahrene Coach. “Körperliche Fitniß, Technik und Taktik machen einen erfolgreichen Boxer aus.“
Mehr als fünf Jahrzehnte seines Lebens sind vom Boxsport geprägt. Als gerade 14-jähriger fand der gebürtige Kummerower gemeinsam mit einigen Kumpels den Weg in die Boxstaffel der damaligen BSG Traktor in Malchin und erlernte dort das ABC des Faustkampfsportes. Erste Erfolge im Schülerbereich motivierten das Talent und 1966 wechselte er nach Teterow und trainierte fortan bei der SG Dynamo und dem unvergessenen Erfolgscoach Jürgen Demmin. Rund 70 Kämpfe stehen im Startbuch des damaligen Mittel- und Halbschwergewichtlers, in der Mehrzahl Siege, darunter ein „Neun-Sekunden-ko.“ im Teterower Kulturhaus gegen einen Schweriner Traktor Boxer.

Anfang der 1970-er Jahre wechselt Stoll dann die Seiten und wird lizensierter Trainer in Malchin und in Teterow. Fast 200 junge Boxer sind seitdem durch die „Stoll-Schule“ gegangen, etliche mit auch überregional beachtlichen Erfolgen. Faustkämpfer seiner Trainingsgruppe erkämpften allein nach der Wende neben zahlreichen Landesmeistertiteln auch vier Deutsche Meistertitel. Über alle ist er unendlich stolz, aber seine Augen glänzen, wenn er von Sohnemann Thomas erzählt. Der bestritt mit 10 Jahren seinen ersten Wertungskampf und erst kurz nach Vollendung seines 29. Lebensjahres und mit 140 Kämpfen hängte Thomas Stoll verletzungsbedingt die Boxhandschuhe an den berühmten Nagel. Der Deutsche Meistertitel in der A.Jugend, später im Elitebereich mehrere Norddeutsche Meistertitel, zahlreiche Bundesligaeinsätze und als Höhepunkt die Bronzemedaille der Deutschen Meisterschaft waren die Krönung der erfolgreichen sportlichen Vater-Sohn-Beziehung.

Was es heißt Woche für Woche in der Trainingshalle zu stehen und in Spitzenzeiten am Wochenende mit seinen Schützlingen zu Wettkämpfen zu reisen, weiß Ehefrau Gisela nur zu gut. “Meine Frau sagt es reicht doch langsam nach fast 60 Jahren Boxen. Aber ich kann nicht ohne, ich brauche diesen Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen. Die jetzigen Ferien ohne Training sind schon schlimm genug. “Das Traineramt endgültig aufzugeben, dazu sieht Harri Stoll selbst mit nunmehr 70 auch zur Freude seiner Mitstreiter keine Veranlassung, wenngleich es immer schwerer wird den Nachwuchs für den Boxsport zu begeistern. Sein Nahziel aus sportlicher Sicht ist jedensfalls die Vorbereitung seiner Boxer auf die 50. Auflage des legendären Teterower Weihnachtsturniers, und das steht im nächsten Jahr an.

Text und Fotos:Hans-Werner Ruge

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