Vor 57 Jahren rief Rom die Sportjugend der Welt zu den Olympischen Spielen
Bereits mehr fast sechs Jahrzehnte ist es her. Ja, schon so lange…
Während die Sportinteressierten bereits auf die kommenden WM im Sportsommer 2017 in den olympischen Kernsportarten, wie Schwimmen, Leichtathletik, Ringen, Kanu oder Rudern, blicken, schaut MV-SPORT noch einmal zurück …
Auf Rom 1960. Während der (politische) „Eiserne Vorhang“ Ost und West trennte, überwand zumindest der Sport seinerzeit „einige Gräben“. Nach den Spielen 1956 gab es wieder eine gemeinsame deutsche Olympiamannschaft mit Athletinnen und Athleten aus DDR und Bundesrepublik, die 292 Olympionikinnen sowie Olympioniken zählte.
Diese starteten unter der schwarz-rot-goldenen deutschen Olympiafahne mit weißen olympischen Ringen im roten Streifen. Bei den 12 Siegerehrungen mit deutschen Siegerinnen oder Siegern wurde dann der finale Satz von Beethovens „9.“ intoniert.
Und es gab 1960 viel Grund zum Jubeln aus deutscher Sicht, ja auch aus Mecklenburger, speziell Rostocker Sicht.
UdSSR auf Platz eins
Vom 25.August bis 11.September 1960 wetteiferten die fast 5400 Sportlerinnen und Sportler aus 83 Ländern in 150 Entscheidungen in 19 Sportarten um Gold, Medaillen und gute Platzierungen.
Mit deutlichem Abstand wurde die Sowjetunion erfolgreichste Nation mit 43 x Gold, 29 x Silber und 31 x Bronze. Dann folgten die USA mit 34 x Gold, 21 x Silber, 16 x Bronze, Italien mit 13 x Gold, 10 x Silber, 13 x Bronze, dann schon das gesamtdeutsche Team mit 12 x Gold, 19 x Silber, 11 x Bronze und Australien mit 8 x Gold, 8 x Silber, 6 x Bronze.
Zum erfolgreichsten Olympioniken in der „ewigen Stadt“ avancierte der Turner Boris Schachlin (UdSSR/Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik ) mit 4 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze. Die erfolgreichste Olympionikin in Rom war die Turnerin Larissa Latynina (UdSSR/Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik) mit mit 3 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze.
USA – die beste Leichtathletik-Nation
In der Leichtathletik waren jedoch die USA die Nummer 1 – Wilma Rudolph, die „schwarze Gazelle“, lief ĂĽber die 100 Meter, 200 Meter und mit der USA-Staffel ĂĽber die 4 x 100 Meter jeweils zu Gold.
Für Furore sorgte jedoch auch ein deutscher Sprinter: Armin Hary siegte über die 100 Meter und mit der deutschen 4 x 100 Meter-Staffel. Im Speerwerfen konnte auch ein Athlet vom SC Traktor Schwerin auf das Siegertreppchen steigen. Hinter dem Ukrainer Wiktor Zybulenko (84,64 Meter) wurde Walter Krüger (79,36 Meter) Zweiter – vor dem Ungarn Gergely Kulcsar (78,57 Meter). Der frühere Wahl-Mecklenburger Friedrich Janke belegte im 5000 Meter-Lauf Rang vier.
Cassius Clay schrieb Sportgeschichte
Im Gewichtheben waren allerdings die Sportler aus der UdSSR die Dominatoren. Fünf von sieben Goldmedaillen gingen an die Sowjetunion. Nur dem Polen Ireneusz Palinski im Leichtschergewicht und dem US-Amerikaner Charles Vinci im Bantamgewicht gelang es diese Siegesserie zu unterbrechen. Stärkster Mann der Spiele wurde der Ukrainer Juri Wlassow im Schwergewicht mit 537,5 kg im Dreikampf.
Im Ringen war die Türkei die Nummer 1 mit 7 Goldmedaillen. Der Rostocker Lothar Metz erkämpfte im griechisch-römischen Stil im Mittelgewicht Silber, hinter dem Bulgaren Dimitar Dobrew und vor dem Rumänen Ion Taramu. Das Silber des Lothar Metz war die erste Rostocker Olympiamedaille bei den Herren nach dem zweiten Weltkrieg! Wilfred Dietrich holte im Freistil-Ringen im Schwergewicht sogar Gold für Deutschland.
Im Boxen machten Italiener (drei), US-Amerikaner (drei) und Polen (eine) die Goldmedaillen unter sich aus. Im Palazzo dello Sport begann dabei der boxsportliche Aufstieg eines Mannes, der nachhaltig Sportgeschichte schrieb. Cassius Clay, der spätere Muhammad Ali, wurde Olympiasieger im Halbschwergewicht vor dem Polen Zbigniew Pietrzykowski und Anthony Madigan (Australien) sowie Giulio Saraudi (Italien).
SchĂĽtzen-Gold fĂĽr Deutschland
Im SportschieĂźen waren die UdSSR das beste SchĂĽtzen-Land. Peter Kohnke vom deutschen Team wurde Erster in der Entscheidung Kleinkalibergewehr/50 Meter/liegend und der gebĂĽrtige Binzer Heinz Kramer startete im Trap-SchieĂźen.
Im Fechten gab es den Dreikampf UdSSR; Ungarn und Italien und im Modernen FĂĽnfkampf gingen die beiden Goldmedaillen an Ungarn. Heidi Schmid triumphierte auf der Planche mit dem Florett.
Reiter-Gold für „Team Germany“
Im Reitsport konnte Australien mit 2 x Gold, 1 x Silber die Spitzenposition erreichen. Für Deutschland erkämpfte der Dressur-Reiter Josef Neckermann auf Asbach Bronze, hinter dem Russen Sergej Filatow und dem Schweizer Gustav Fischer. Im Team-Wettbewerb der Springreiten gelang der deutschen Equipe Gold – in der Besetzung Hans-Günter Winkler auf Halla, Fritz Thiedemann auf Meteor und Alwin Schockemöhle auf Ferdi.
Im Radsport auf der Straße und auf der Bahn radelten die Italiener zu Gold. Fünf von sechs Goldmedaillen gingen auf das italienische Radsport-Konto. Der Russe Wiktor Kapitonow, der spätere Nationaltrainer, konnte im Einzelwettbewerb auf der Straße gewinnen.
Im 100 Kilometer-Mannschaftszeitfahren belegte übrigens der deutsche Vierer mit Egon Adler, Täve Schur, Günter Lörke und Erich Hagen Platz zwei.
Die Turn-Wettbewerbe wurden hingegen zu einer Demonstration der sowjetischen Turnkunst – 10 x Gold, 8 x Silber, 8 x Bronze erkämpften die Sportlerinnen und Sportler der UdSSR.
Japan sicherte sich unter anderem 4 x Gold.
USA und Australien im Schwimmen topp/Ingrid Krämer im Wasserspringen mit zweimal Gold
Im Schwimmen fischte das US-Team 9 x Gold aus dem Becken. Australien war mit 5 x Gold ebenfalls sehr stark. Die erfolgreichste Schwimmerin war die US-Amerikanerin Christine von Saltza mit 3 x Gold, 1 x Silber und ihre männlichen Kollegen Jeffrey Farrell/Michael Troy konnten bei den Herren die Szenerie bestimmen.
Ganz bemerkenswert aus Rostocker Blickwinkel: Bärbel Fuhrmann, verheiratete von Fircks, gewann mit ihrer Bronzemedaille mit der deutschen 4 x 100 Meter-Lagenstaffel nicht nur die erste Olympiamedaille für die Hansestadt nach 1945 … Es war auch die erste Olympia-Medaille für eine Mecklenburgerin bzw. für eine Rostockerin bei Olympischen Spielen!
In der Besetzung Ingrid Schmidt, Ursula Küper, Bärbel Fuhmann, Ursel Brunner (Zeit: 4:47,6) belegte die gesamtdeutsche Staffel hinter den USA und Australien den dritten Rang.
Im Wasserspringen war eine spätere Wahl-Rostockerin das erfolgreiche „Glamour-Girl“. Die Dresdnerin Ingrid Krämer stahl den US-Amerikanerinnen die Show und gewann Gold im Kunst- und Turmspringen.
Ruderer und Kanuten aus Deutschland mit viermal Gold
Im Rudern gab es dreimal Gold für Deutschland – im Zweier mit, im Vierer mit und im Achter. Karl-Heinrich von Groddeck, geboren in Tutow (Vorpommern-Greifswald), war dabei Mitglied des goldenen Achters. Damit war die deutsche Ruder-Flotte auf dem Lago Albano die erfolgreichste Ruder-Nation. Im Kanu-Rennsport hatten die Deutschen ebenfalls Anlass zum „Glücklichsein“. Über 4 x 500 Meter im Kajak-Einer errangen Paul Lange, Günter Perleberg, Friedhelm Wenzke und Dieter Krause die Goldmedaille.
Im Segeln holte der Däne Poul Elvström seine vierte Goldmedaille seit 1948 (Finn Dinghi). Für die deutschen Segler „standen die Winde“ auf einmal Bronze im Flying Dutchman.
In den Ballsportarten kamen die Sieger aus Jugoslawien (FuĂźball), Italien (Wasserball), Pakistan (Hockey) und den USA (Basketball).
Am Ende wurden 29 Weltrekorde und 77 Olympische Rekorde aufgestellt. …Und vier Jahre später, 1964, ging es nach Tokyo, der kommenden (sommerlichen) Olympiastadt auch 2020!
Aus Sicht der M-V-Sportvereine gab es in Rom 1960 immerhin 2 x Silber und 1 x Bronze!
Marko Michels
Foto (Michels): Olympische Sportwelt der Neuzeit…