Auch die Curlerinnen und Curler streben nach Pyeongchang

Curling: Zwischen WM, EM und Olympia

Mitte November 2017 „schrubben“ sich einige Sporterinnen und Sportler sogar in die olympische Wintersport-Saison. Es ist europameisterliche Curling-Zeit im schweizerischen Sankt Gallen. Dort werden zwischen 17.November 2017 und 25.November 2017 die neuen Titelträger im Frauen-Curling und Männer-Curling des „alten Kontinents“ ermittelt.

Zwischen EM …

Bei den letzten Curling-Europameisterschaften 2016 setzten sich bei den Herren Schweden und bei den Frauen Russland durch. Seit 1975 werden mittlerweile Curling-EM organisiert und deutsche Mannschaften, ob bei Frauen oder bei den Herren, waren auch schon einige Male erfolgreich.

Die deutschen Frauen jubelten 1984, 1986, 1987, 1989, 1991, 1995, 1998 bzw. 2009 bei den EM-Turnieren. Sechsmal waren die deutschen Herren EM-Erster: 1985, 1991, 1992, 1997, 2002 bzw. 2004. Frauen-Rekord-Europameister sind die Schwedinnen mit 19 Goldenen, bei den Herren sind es die Schotten mit 12 EM-Titeln.

… WM …

Weltmeisterschaften werden seit 1959 (Herren) und seit 1979 (Frauen) angeboten. Bei den diesjährigen Welt-Titelkämpfen 2017 in Peking (Frauen) und in Edmonton (Herren) triumphierten jeweils die kanadischen Frauen (vor Russland) und die kanadischen Herren (vor Schweden). Die nächsten WM, 2018, werden in Las Vegas (Herren) und in North Bay (Frauen) organisiert.

… und Olympia

Olympische Traditionen hat Curling natĂĽrlich ebenfalls. Gleich bei den ersten Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix wurde ein Turnier (Herren) veranstaltet – mit dem Sieger GroĂźbritannien. Danach pausierten die Curler bei Winter-Olympia und wurden erst 1998 in Nagano wieder in das offizielle Programm aufgenommen – die Herren und die Frauen.

Allerdings: Bei den Winterspielen 1932 in Lake Placid, 1988 in Calgary und 1992 in Albertville gab es zumindest olympische Demonstrationsturniere. Kanadas Herren belegten 1932 Rang eins. Ansonsten schafften bei diesen Demonstrationsturnieren 1988 Kanada (Frauen) bzw. Norwegen (Herren) und 1992 Deutschland (Frauen) bzw. die Schweiz (Herren) die ersten Plätze. Die deutschen Frauen mit Skip Andrea Schöpp gewannen 1992 vor Norwegen (im Finale 9:3-Sieg), Kanada und Dänemark.

Die bisherigen Olympiasiege im Curling gingen an Kanada (Herren: 2006, 2010 bzw. 2014 und Frauen: 1998 bzw. 2014), an Schweden (Frauen: 2006 bzw. 2010), an GroĂźbritannien (Herren: 1924 bzw. Frauen: 2002), an die Schweiz (Herren: 1998) und an Norwegen (Herren: 2002).

.. Mal schauen, wer dann im Februar 2018 in Pyeongchang im Curling vorn sein wird.

Zurückgeblickt: Curlingsportliches Kalenderblatt vom März 2013

Im wintersportlichen Fokus: Curling / WM im März/April in Riga (Frauen) und in Victoria (Männer) / Nachgefragt beim Deutschen Curling-Verband / Datum: 8.3.2013

Der Winter ist noch längst nicht vorbei. Und auch der Wintersport hat im März und im April noch einige internationale Meisterschaften zu bieten, so die Short Track-WM, die Einzel-WM im Eisschnelllaufen, das alpine Ski-Weltcup-Finale, die Eishockey-WM der Männer und Frauen und auch die WM im Curling. Gerade die Curling-Asse werden jenseits des olympischen Geschehens gern übersehen…

Die Curling-Frauen wetteifern dabei vom 16. bis 24.März um den Titel in Riga; die Curling-Männer dürfen vom 30.März bis 7.April in Victoria (Kanada) ran.

Wie ist jedoch „Stand der Curling-Dinge“ vor den WM?!

Nachgefragt bei Dieter Kolb, (damaliger) Präsident des Deutschen Curling-Verbandes

„Curling ist Schach auf dem Eis …“

Frage: Die TV-Kameras sind zumeist nur auf die „großen“ Wintersportereignisse gerichtet, wie Skisport-WM; Biathlon-WM oder die Schlittensport-WM. Curling bleibt etwas außen vor. Was ist aber nun das Besondere, das Reizvolle am Curling? Warum lohnt es sich, auch diesen zuzuschauen?

Dieter Kolb: An sich wird gar nicht so wenig Curling im Fernsehen gezeigt, allerdings nicht in den öffentlich-rechtlichen Sendern, sondern auf Eurosport. Gerade im Fernsehen kann Curling optimal wieder gegeben werden.

Curling ist ein sehr strategisches Spiel – Schach auf dem Eis – erfordert anfangs etwas Erklärung durch die Reporter, aber wenn man das Grundsystem verstanden hat, ist es faszinierend und hoch spannend.

Wir sind eine der wenigen Sportarten, bei denen die Athletinnen und Athleten mit Mikros direkt „verkabelt“ sind. So kann der Zuschauer live mit dabei sein, wenn diskutiert und Entscheidungen getroffen werden.

Durch die Overhead-Kameras – direkt ĂĽber dem Zielkreis – kann man genau sehen, wie die Steinpositionen sind. Zudem wird immer mehr ĂĽber Internet „live-stream“ gesendet, so dass man sich sogar interaktiv mit den Reportern vor Ort austauschen kann.

Gerade während der Olympischen Spiele hat Curling den großen Vorteil, dass wir als Hallen-Sport wetterunabhängig sind, fast durchgängig Spiele stattfinden und daher ebenfalls sehr hohe Einschaltquoten erreichen. Dadurch hat sich insgesamt der Bekanntheitsgrad des Curlingsports in Deutschland und international sehr erhöht.

Frage: Die WM der Frauen und Männer finden 2013 in Riga und in Victoria statt. Wie beurteilen Sie das internationale Leistungsniveau im Curling 2013 – ein Jahr vor Sotschi 2014?

Dieter Kolb: Das internationale Niveau ist sehr hoch. Wir mussten dieses schmerzlich bei den Europameisterschaften im Dezember 2012 sehen, als die Damen sich gerade noch so für die WM qualifizieren konnten, während die Herren das leider nicht geschafft haben.

Immerhin geht es in Riga und Victoria noch um die direkte Qualifikation zu den Olympischen Winterspielen. Daher sind die teilnehmenden Nationen alle hoch motiviert. Auch unsere Damen wollen diese Chance nutzen, während die Herren den mühsamen Weg über ein Qualifikationsturnier im Dezember 2013 gehen müssen, bei dem die letzten beiden Startplätze ausgespielt werden.

Frage: Denkt man an Curling in Deutschland, da fallen einem spontan die Namen von Andrea Schöpp, der siebenfachen Europameisterin zwischen 1986 und 2009, der Weltmeisterin 1988 sowie 2010 und olympischen Demonstrationssiegerin 1992, sowie von Stella Heiss, der Europameisterin 2009 und Weltmeisterin 2010, ein. Was zeichnet insbesondere diese beiden Athletinnen aus?

Dieter Kolb: Da fallen mir natĂĽrlich auch noch andere Namen ein (Andy Kapp, zum Beispiel!), aber Andrea spielt Curling, seit ich denken kann… 🙂 Jedoch Spass beiseite!

Andrea ist die Curlerin, die am meisten in den Sport investiert, sozusagen ein „Sport-o-holic“. Neben dem Training sowie auf dem Eis ist sie unentwegt in Bewegung und sucht die körperliche Herausforderung.

Daneben ist sie hoch intelligent und hat aufgrund ihrer langjährigen internationalen Erfahrung gegenüber den Konkurrentinnen einen Vorsprung bezüglich Taktik und Strategie. Sie hat das Talent, bei ihren Mitspielerinnen das Optimale an Leistung abzufordern.

Andrea hat sehr früh Stellas Talent erkannt und sie schon in jungen Jahren in ihr Team aufgenommen und „geformt“. Stella zeichnet sich dabei ebenfalls durch großen Trainingsfleiß und Nervenstärke aus.

Frage: Wie ist es eigentlich um den deutschen Curling-Nachwuchs bestellt? Gibt es genĂĽgend Talente?

Dieter Kolb: Dieser Bereich ist sicherlich ausbaufähig. Ja, wir haben Talente, aber aufgrund der wenigen Trainingsstätten in Deutschland, hat es der Curlingsport schwer, die notwendige Breite herzustellen um hieraus genügend Spitzen-Teams zu generieren.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Trainingsstätten in Deutschland weit gestreut sind (Hamburg, Geising, Oberstdorf, Füssen, Garmisch-Partenkirchen, Baden und Schwenningen) und die meisten Wettbewerbe im Ausland stattfinden, so dass der zeitliche und finanzielle Aufwand gerade für die Top-Nachwuchs-Teams sehr groß ist.

Zusammen mit unserer Bundesnachwuchstrainerin und den Bundes- sowie Landesstützpunktrainern sind wir dabei, Strukturen und Programme an den einzelnen Standorten aufzubauen, die die notwendige Talentsichtung und -förderung ermöglichen.

Leider konnten wir uns dieses Jahr weder mit den Juniorinnen noch den Junioren fĂĽr die Junioren-Weltmeisterschaften qualifizieren, dennoch haben wir gerade jĂĽngst bei der Deutschen Meisterschaft der Juniorinnen und Junioren gesehen, dass hier groĂźe Potentiale vorhanden sind.

Frage: Ihr WM-Tipp: Wer wird bei den Frauen und Männern 2013 Weltmeister?

Dieter Kolb: Bei den Herren sind sicherlich die Kanadier im eigenen Land favorisiert, daneben Schweden und Norwegen. Bei den Damen sind hingegen aus meiner Sicht Schottland und Schweden die Top-Favoritinnen.

Vielen Dank! Maximale Erfolge weiterhin – nicht nur beim Curling! Und den deutschen Curling-Damen eine erfolgreiche Weltmeisterschaft…

Anmerkung: Bei den Curling-WM der Frauen 2013 in Riga (Lettland) erkämpfte Schottland Gold und bei den Curling-WM der Herren 2013 in Victoria (Kanada) siegte Kanada. Die deutschen Frauen verpassten die Olympia-Qualifikation für die Winterspiele 2014 in Sotschi. Die deutschen Herren waren in Sotschi zwar dabei, erreichten jedoch nur den zehnten Rang.

Curlingsportive RĂĽckblende vom November 2009

Vor Vancouver 2010: Faszination Curling  / Datum: 6.11.2009

Nachgefragt bei Dr. Andrea Schöpp, Jahrgang 1965, Geburtsort Garmisch-Partenkirchen, u.a. Siegerin beim olympischen Demonstrationswettbewerb im Curling 1992

„Habe die Zeit 1992 wirklich genossen…“

Frage: Frau Dr. Schöpp, die Olympischen Winterspiele in Vancouver rücken immer näher. Als „Außenstehende“: Was erhoffen Sie sich von den Curling-Turnieren in Vancouver? Wie beurteilen Sie das internationale Kräfteverhältnis bei den Damen und Herren?

Dr. Andrea Schöpp: Ich erhoffe mir, dass unser Sport durch das Interesse der Medien weitere Anhänger findet und sich damit insgesamt in Deutschland besser manifestiert. Für mich persönlich hoffe ich natürlich, dass wir eine gute Woche erwischen und vielleicht im vorderen Feld mitmischen können. International ist sowohl bei den Herren als auch bei den Damen kaum mehr ein Unterschied zwischen den teilnehmenden Nationen, das heißt,  alle Teams haben ziemlich dieselben Gewinn-Chancen.

Frage: Sie sind eine der erfolgreichsten Curlerinnen aller Zeiten. Sie gewannen bei den WM 1988 den Titel, wurden sechsmal Europameisterin zwischen 1986 und 1998, 2008 sogar Mixed-Europameisterin (Anm. MM: Im Dezember 2009 gab es den siebenten Titel bei Frauen-Curling-EM. Und 2010 folgte nach 1988 zum zweiten Mal WM-Gold.). Ein besonderer Erfolg dürfte jedoch der erste Platz beim olympischen Demonstrationswettbewerb in Albertville 1992 sein. Welcher der aufgezählten Erfolge ist Ihr wertvollster? Wie war die Stimmung, das Ambiente beim Turnier 1992?

Dr. Andrea Schöpp: Für einen Außenstehenden ist das vermutlich schwer zu verstehen, aber die für mich persönlich wichtigsten Erfolge bzw. Medaillen haben Sie bei ihrer Aufzählung gar nicht dabei. Dazu gehört meine erste internationale Medaille bei der EM 1980, bei der wir als erstes Team in Deutschland und ich als jüngster Skip überhaupt Bronze gewannen.

Die andere wichtige Medaille war die Goldmedaille der B-EM hier in Garmisch-Partenkirchen 2005, die für uns nicht nur den Aufstieg in die A-Gruppe, sondern auch die Teilnahme an der WM bedeutete. Der Abstieg in die B-Gruppe wurde nicht von uns verschuldet und somit war es für uns sehr schwierig, uns wieder von der  B-Gruppe in die A-Gruppe zu qualifizieren.

Meine Erinnerungen an Olympische Spiele sind nicht die besten, denn nirgendwo sonst wird einem als Curler so bewuĂźt, dass man eine Randsportart betreibt und das dann auch noch als absoluter Amateur.

Albertville bzw. Pralognon 1992  bleiben für mich allerdings nicht nur wegen des Erfolgs in guter Erinnerung. Pralognon ist ein sehr kleines Bergdorf mit einem kleinen aber sehr anspruchsvollen Skigebiet. Ich war dort jeden Tag und jede freie Minute auf Ski und habe die Zeit wirklich genossen. Bei so einer tollen Landschaft und so schönen Tiefschneefahrten muß man einfach auch gut Curling spielen.

Frage: Nicht nur vor dem Hintergrund Ihrer Erfolge: Was ist das Faszinierende fĂĽr Sie am Curling? Was zeichnet diese Sportart, die 1924 olympisch war, dann 1932, 1988 sowie 1992 olympisch demonstriert wurde und seit 1998 wieder olympisch ist, aus?

Dr. Andrea Schöpp: Die Kombination aus körperlicher und psychischer bzw. mentaler Leistung. Man kann Curling quasi als Schach mit zusätzlicher physischer Hochleistung bezeichnen. Die taktische Komponente, das analytische Denken, das Vorausplanen von Spielzügen, das Anpassen an das, was die eigenen und gegnerischen Spieler dann tatsächlich auch auf dem Eis umsetzen, das alles verlangt absolute geistige Anstrengung und Intelligenz.

Aber ohne einen gut durchtrainierten Körper kann ich taktisch noch so gut sein, es wird mir nicht helfen, da ich dann nicht in der Lage bin, das geistige auf dem Eis umzusetzen.

Frage: Sie studierten an der Universität München und promovierten 1996. Welcher Fachrichtung widmen Sie sich? Sind Sie trotz Ihrer beruflichen Verpflichtungen dem Curling aktuell noch „treu“?

Dr. Andrea Schöpp: Ich studierte Statistik mit dem Anwendungsgebiet Biologie/Genetik und promovierte in Wirtschaftswissenschaften. Nach 15 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LMU München habe ich mich vor 3 Jahren dazu entschlossen, mich mit Nachhilfe in Mathematik und Physik selbständig zu machen und diesen Schritt nie bereut. Es macht mir nicht nur Spaß mit den Kindern zu arbeiten, sondern ermöglicht mir auch weiterhin den großen Zeitaufwand für Curling als Leistungsport .

Frage: Ihre Prognose fĂĽr die beiden Goldmedaillen beim olympischen Turnier 2010?

Dr. Andrea Schöpp: Da kann ich leider keine Prognose abgeben. Ich denke, dass wirklich alle teilnehmenden Teams – mit nur ein bis zwei Ausnahmen – die Chance haben zu gewinnen.

Vielen Dank und alles Gute!

Marko Michels

Zur Info: Bei den Winterspielen 2010 in Vancouver holten die schwedischen Frauen und die kanadischen Männer im Curling jeweils Gold. mm

 

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