„Nächstes Jahr werden die Karten neu gemischt…“

Die Skeletona Anna Fernstädt über die vorolympische Saison 2016/17 und das Winter-Olympia-Jahr 2018

Die vorolympische Skeleton-Saison 2016/17 ist „abgehakt“. Die Medaillen bei den WM, den Einzel- und Gesamt-Weltcups wurden verteilt. Nun wird 11 Monate an den Kufen poliert und trainiert, trainiert bzw. trainiert. Denn: Auch im Skeleton gilt: Übung und Training machen die Meisterin oder den Meister.

Die Weltcup-Saison 2016/17 im Rückspiegel

Und meisterlich bäuchlings ging es – zwischen Dezember und März – 2016/17 durch die Eiskanäle dieser Welt. Von Whistler über Lake Placid, Altenberg, Winterberg, Sankt Moritz, Königssee, Innsbruck-Igls und Pyeongchang tourten die Skeletoni. Eine WM, am Königssee, gab es im Februar noch als „Zuschlag“.

Besonders gut „in Fahrt“ waren die deutschen Skeletoni, die in den Einzel-Weltcups –  insgesamt fanden acht statt, mit jeweils acht Entscheidungen bei den Damen und bei den Herren – die meisten Medaillen erkämpften: 5 x Gold, 4 x Silber, 4 x Bronze.

Jacqueline Lölling, die große Siegerin der vorolympischen Saison

Jacqueline Lölling, die nach Steffi Hanzlik (1997, 1999), Marion Thees (2009, 2013), Anja Huber (2011) und Tina Hermann (2016) zum siebenten Mal den Gesamt-Weltcup für Schwarz-Rot-Gold erkämpfte, war dabei in Altenberg, am Königssee und in Pyeongchang erfolgreich.

Zudem schaffte Jacqueline Lölling bei den WM am Königssee Gold vor Tina Hermann und Liz Yarnold (Grossbritannien) WM-Gold – mithin auch der siebente WM-Titel für eine deutsche Skeletona nach Steffi Hanzlik 2000, Diana Sartor 2004, Anja Huber 2008, Marion Thees 2009 bzw. 2011 und Tina Hermann 2016. Die Zahl 7 – für Jacqueline Lölling 2017 eine besondere sportliche Glückszahl.

Auch sehr stark: Anna Fernstädt vom Königssee

Viel Glück, noch mehr Können und einige Erfolge gab es 2017 auch für Anna Fernstädt vom WSV Königssee. Anna konnte übrigens schon vorher einige Medaillen in Empfang nehmen und gute Platzierungen erreichen, so im Gesamt-Europacup 2013/14 mit Rang eins oder bei den Junioren-WM 2016 mit Bronze.

Geboren wurde Anna in Prag 1996. Seinerzeit war der Kanadier Ryan Davenport der amtierende Weltmeister und Gesamt-Weltcup-Sieger. Die Frauen starteten damals in ihre erste Weltcup-Saison 1996/97 (Siegerin Steffi Hanzlik) und mussten noch drei Jahre auf die erste Weltmeisterschaft 2000 warten (Siegerin ebenfalls Steffi Hanzlik).

Skeleton und Olympia

Olympische Wettbewerbe im Skeleton – die 1928 und 1948 jeweils nur für die Herren unter den fünf olympischen Ringen stattfanden – wurden erst 2002 in Salt Lake City wieder angeboten. Der „amtierende“ Skeleton-Olympiasieger anno 1996 war der 1948er Sieger Nino Bibbia aus Italien…

Mittlerweile haben aber die Frauen sportlich bewiesen, dass sie passabel Fussball oder Eishockey spielen, etwas vom Boxen, Judo oder Ringen verstehen, Skisprünge meistern und sogar bäuchlings rodeln können…

Das zeigte auch Anna Fernstädt in der vorolympischen Saison 16/17 – mit Rang drei beim Weltcup am Königssee oder Rang drei mit dem internationalen Team in der WM-Team-Entscheidung „Bob/Skeleton“ ebenfalls am Königssee. Dazu belegte Anna einen ausgezeichneten vierten WM-Rang bei den Frauen. Beim Weltcup-Finale Mitte März in Pyeongchang kam die ambitionierte Skeletona vom Königssee auf Rang sieben.

Wie beurteilt nun Anna das Skeleton-Geschehen elf Monate vor den olympischen Entscheidungen in Pyeongchang?!

Nachgefragt                                  

Anna über die vorolympische Saison 2016/17, das Weltcup-Finale 2017 in der kommenden Olympia-Stadt Pyeongchang, die dortige Olympia-Bahn, die Konkurrentinnen, das Sommer-Training und weitere Herausforderungen neben dem Skeleton

„Nächstes Jahr werden die Karten neu gemischt…“

Frage: Na, Anna, nach der Saison 2016/17 „ziemlich geschafft“?! Wie ist das „Feeling“ bei Dir nach den Einsätzen in den nationalen und internationalen Wettkämpfen 2016/17?

Anna Fernstädt: Ja, sehr. Die Saison war sehr lang und die drei Wochen zum Schluss in Korea haben dann echt an den Kräften gezehrt. Das „Feeling“ ist gut, ich gehe motiviert in den Sommer und freue mich auf das nächste Jahr!

Frage: Pyeongchang 2018 ist nicht mehr weit… Nach dem Weltcup-Finale 2017 dort: Wie ist Deine Meinung zur kommenden Olympia-Bahn? Hast Du Dich mit dieser schon „angefreundet“?

Anna Fernstädt: Die Bahn macht Spaß! Allerdings glaube ich, dass es -bis auf die zwei Knackpunkte in Kurve zwei und neun – eine Starterbahn ist. Das bedeutet, dass der Start sehr wichtig ist, was eher ein Nachteil für mich ist…

Frage: Gibt es in Pyeongchang schon eine leichte „olympische Stimmung“? Wie präsentierte sich die Stadt ein Jahr vor Winter-Olympia? Konntest Du die Stadt Mitte März etwas erkunden?

Anna Fernstädt: Noch nicht. Das „Olympische Dorf“ ist quasi noch eine Baustelle. Aber die Sportstätten sind definitiv schon bereit und sind auch echt gut geworden! Wir haben ein bisschen was gesehen, aber in Pyeongchang direkt waren wir nicht.

Frage: Nach der WM 2017 und der Weltcup-Saison 2016/17… Wie beurteilst Du das internationale Kräfteverhältnis im Skeleton-Sport bei den Herren und bei den Frauen?

Anna Fernstädt: Bei den Herren waren wieder die Letten, Russen und der Koreaner Sunbing Yun stark. Bei den Frauen setzten – eigentlich wie  immer – die Kanadierinnen, Lizzy Yarnold aus Grossbritannien, die Österreicherin Janine Flock und noch ein paar mehr die sportlichen Akzente. Überraschend gut im Weltcup in Korea war auch die Holländerin Kimberley Bos. Und natürlich Jacka (Jacqueline Lölling) und Tina (Tina Hermann). Aber: Das war dieses Jahr… Nächstes Jahr werden die Karten wieder neu gemischt!

Frage: Wie wird Deine Vorbereitung, Dein Training auf die olympische Saison 2017/18 aussehen? Welche Ziele hast Du dabei?

Anna Fernstädt: Die kommenden vier Monate während der Polizei-Ausbildung wird das Training noch nicht ganz so intensiv sein. Danach wird es dann wieder mehr, bevor es im Herbst mit den Selektionen los geht. Mein persönliches Ziel ist es definitiv, dass ich mich am Start verbessere – an die Weltspitze so nahe heran zu kommen, wie nur irgend möglich.

Letzte Frage: Welche Herausforderungen musst Du neben dem Skeleton-Sport meistern?

Anna Fernstädt: Erst einmal stehen, wie angesprochen, vier Monate Ausbildung bei der Polizei an. Danach kann ich mich zu einhundert Prozent auf das Training konzentrieren. Nebenbei steht der ganz normale Alltag im Vordergrund, wie es bei jedem ist. Aber das bekommt man dann schon hin…

Vielen Dank, dann erst einmal vier gute Ausbildungsmonate bei den „Freunden und Helfern in Uniform“, ein optimales Sommer-Training, gerade für den Start-Bereich, und alles erdenklich Gute persönlich, beruflich und sportlich! Auf eine erfolgreiche Olympia-Saison 2017/18!

Zur Info:

Bei den Weltcups im Skeleton 2016/17 schnitten neben Deutschland auch Lettland (4 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze), Kanada (3 x Gold, 1 x Silber, 2 x Bronze), Russland (2 x Gold, 3 x Silber, 2 x Bronze), Südkorea (1 x Gold, 3 x Silber, 2 x Bronze) und Österreich (1 x Gold, 3 x Bronze) sehr gut ab. Medaillen erreichten auch die USA (2 x Silber, 1 x Bronze), Grossbritannien (1 x Silber) und die Niederlande (1 x Bronze).

Für Deutschland waren neben Jacqueline Lölling (dreimal) auch Christopher Grotheer (Altenberg) und Tina Hermann (Innsbruck-Igls) erfolgreich.

Der Lette Martins Dukurs gewann 2017 seinen achten Gesamt-Weltcup hintereinander und wurde am Königssee 2017 zum fünften Mal Weltmeister, vor Axel Jungk und Nikita Tregibow (Russland). Olympia-Gold fehlt dem Letten noch, 2010 in Whistler, hinter Jon Montgomery aus Kanada, und 2014 in Sotschi, hinter Alexander Tretjakow aus Russland, wurde er jeweils Zweiter, also jeweils hinter den Lokalmatadoren. Und ein starker Südkoreaner, Yun Sung-bin, wartet auf ihn auch im südkoreanischen Pyeongchang 2018… Vielleicht durchbricht Martins Dukurs im kommenden Jahr sein „olympisches Gesetz der Silber-Serie“ und „vergoldet“ sich endlich auch olympisch?!

Ansonsten waren in den Weltcups 2016/17 die europäischen Skeletoni dominierend. 12 der 16 Erfolge gingen an den „alten Kontinent“. Nur den Kanadierinnen Elisabeth Vathje (Whistler, Winterberg) bzw. Mirela Rahneva (Sankt Moritz) und dem Südkoreaner Yun Sung-bin (Whistler) gelang es, die europäische Erfolgs-Phalanx 2016/17 zu unterbrechen.

Von den 48 Weltcup-Medaillen erkämpften die europäischen Skeletoni 33…

Aber in Pyeongchang 2018 kann die „Skeleton-Welt“ schon wieder ganz anders aussehen. Aus deutscher Sicht aber hoffentlich nicht…

Marko Michels

Foto (Anna Fernstädt/privat): Anna Fernstädt und Jacqueline Lölling beim Weltcup-Finale im Bob- und Skeleton-Sport im März 2017 in Pyeongchang.

 

 

 

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