Dreifach-Gold: Krawzow, Engel und Schott krönen sich zu Weltmeistern

Para Schwimm-Weltmeisterschaft: Dreifach-Gold fĂŒr Deutschland. Elena Krawzow, Taliso Engel und Verena Schott sind Weltmeister – Insgesamt elf Finals mit deutscher Beteiligung

Quelle: DBS/NPC Germany
Quelle: DBS/NPC Germany

„Das war erst der Vorlauf“, sagte Elena Krawzow unmittelbar nachdem sie aus dem Wettkampfbecken gestiegen war. 1:13,78 Minuten benötigte die Athletin vom Berliner Schwimmteam fĂŒr 100 Meter Brust, distanzierte die Konkurrenz in ihrem Halbfinal-Lauf in der Startklasse S12 um mehr als sechs Sekunden. Auch im Finale diktierte Krawzow vom Start weg das Geschehen, war Erste bei der Wende. Nach 1:13,62 Minuten schlug die Berlinerin schlussendlich an – ein neuer Rekord bei Weltmeisterschaften. Die Zeit stellte die 25 Jahre alte Athletin dennoch nicht zufrieden: Auf dieser Strecke hĂ€lt sie den Weltrekord in 1:12,71 Minuten. Die Brasilianerin Maria Carolina Gomes Santiago, vor dem Finale als vermeintlich schĂ€rfste Konkurrentin ob des starken Vorlaufs (1:15,54 Minuten) ausgemacht, wurde am Ende Vierte. Die Russinnen Daria Lukyanenko (1:15,88 Minuten) und Mariia Latritskaia (1:16,19 Minuten) belegten die PlĂ€tze zwei und drei.

Dass Krawzow ĂŒber ihre Paradestrecke eine Medaille holen könnte, war kein Geheimnis. Die große Überraschung im deutschen Team hingegen: Taliso Engel mit Gold ĂŒber die 100 Meter Brust in der Startklasse S13! Bereits am Vorabend bezeichnete Bundestrainerin Ute Schinkitz den Schwimmer der SG Bayer aus Leverkusen als ihren „Joker“, weil ihn im Londoner Aquatics Center wohl niemand auf der Rechnung haben wĂŒrde. „Ich war selbst ehrlich ĂŒberrascht, wie gut das lief“, sagte der 17-JĂ€hrige ein paar Stunden nach seinen 1:05,58 Minuten im Vorlauf – neuer deutscher Rekord! Engel schlug im Halbfinale zeitgleich mit dem Usbeken Firdavsbek Musabekov an. Die beiden lieferten sich auch im Finale ein enges Rennen, in das auch Ihar Boki einstieg. Engel legte jedoch einen unglaublichen Endspurt hin, ĂŒberholte auf den letzten 20 Metern den Usbeken und sicherte sich bei seiner ersten WM gleich Gold. Seine Finalzeit, 1:05,20 Minuten, bedeutete nochmals eine Steigerung seines zuvor aufgestellten deutschen Rekordes. „Ich kann das gar nicht glauben. Vor ein paar Tagen war ich noch krank und jetzt habe ich Gold“, sagte der neue Weltmeister. Musabekov wurde mit 29 Hundertsteln RĂŒckstand Zweiter, Bronze ging an Boki aus Weißrussland (1:05,50 Minuten).

Verena Schott, die sich und dem deutschen Team am Montag Silber ĂŒber 100 Meter Brust in der Startklasse SB5 erschwommen hatte, setzte dem so schon herausragenden vierten Wettkampftag die Krone auf: Über 100 Meter RĂŒcken in der Startklasse S6 holte die 30 Jahre alte Schwimmerin vom BPRSV die dritte Goldmedaille fĂŒr Deutschland. Im Vorlauf gelang Schott die viertschnellste Zeit: 1:26,10 Minuten. In ihrem Endlauf steigerte sich Schott nochmals deutlich, kam nach 1:23,81 Minuten ans Ziel – drei Zehntel schneller als ihre bisherige persönliche Bestzeit. Damit stellte Schott zudem noch einen Europarekord auf. Zur Wende schlug Schott noch als Viertplatzierte an, war fĂŒr ihre Kontrahentinnen auf den zweiten 50 Metern allerdings nicht mehr einzubremsen. Platz zwei und drei ging jeweils an Chinesinnen, Lingling Song wurde Zweite, Yuyan Jiang holte sich Bronze.

Nicht nur wegen der Medaillen steigerte das deutsche Team seinen starken gestrigen Wettkampftag (sechs Finals) nochmals deutlich: Elf EndlĂ€ufe fanden mit deutscher Beteiligung statt. Gina Böttcher, die bereits am Dienstag und Mittwoch insgesamt an drei Finals teilgenommen hatte, bestritt am vierten Wettkampftag erneut deren zwei: ĂŒber 50 Meter Schmetterling sowie ĂŒber 50 Meter RĂŒcken in der Startklasse S4. Im Schmetterling wurde die Athletin vom SC Potsdam Siebte in 49,71 Sekunden – ein neuer Europarekord! Im RĂŒckenschwimmen belegte sie den achten Platz mit 1:03,63 Minuten.

Josia Topf (16, SV Erlangen) und Mira Maack (15, Berliner Schwimmteam), die jĂŒngste Athletin im deutschen Schwimmteam, zogen nicht nur in ihrer jeweiligen Disziplin ins Finale ein, sondern stellten auch einen neuen deutschen Rekord auf: Topf benötigte im Vorlauf fĂŒr seine 50 Meter RĂŒcken in der Startklasse S3 nur 54,52 Sekunden, im Endlauf wurde der Erlanger disqualifiziert. Maack legte ihre 400 Meter Freistil in 5:14,61 Minuten zurĂŒck – ihre neue Bestzeit. Im Finale steigerte sich die 15-JĂ€hrige nochmals, wurde mit 5:12,64 Minuten Achte.

Marlene Endrolath (18, Berliner Schwimmteam) wurde bei ihrer ersten WM-Teilnahme starke Vierte ĂŒber 100 Meter Brust in der Startklasse S13. Endrolath schwamm im Endlauf mit1:21,06 Minuten eine neue persönliche Bestzeit nachdem sie im Vorlauf 1:22,21 Minuten benötigte. Fabian Brune (18 VfG Finnentrop) schaffte es in 1:23,72 Minuten im Vorlauf in die Top-8 der Welt. Im Finaldurchgang schwamm Brune 1:22,86 Minuten und wurde schlussendlich Sechster.

Annke Conradi zeigte am Donnerstagabend, dass sie auch im Alter von 54 Jahren immer noch zur Welt-Elite gehört: In der Startklasse S3 landete die Schwimmerin vom SC Regensburg, die bereits bei den sechs vergangenen Paralympics teilgenommen hatte, in 1:09,65 Minuten auf Rang sechs.

Johannes Weinberg (17, TV 1860 Immenstadt), der bereits an den beiden Wettkampftagen zuvor neue persönliche Bestzeiten in der Startklasse S11 ĂŒber 100 Meter RĂŒcken (1:25,45 Minuten) und 100 Meter Brust (1:19,80 Minuten) aufgestellt hatte, gelang dies auch am Donnerstag: Der Oberstdorfer verbesserte sich ĂŒber 200 Meter Lagen um mehr als vier Sekunden, landete mit 2:50,28 Minuten auf dem 14. Platz.

Neele Labudda (16, Hanse SV Rostock) wurde ĂŒber die 100 Meter Brust in der Startklasse S12 Zehnte, nach 1:31,40 Minuten war Labudda im Ziel.

Peggy Sonntag beschloss den vierten Wettkampftag fĂŒr das deutsche Team. Über 200 Meter Lagen in der Startklasse S5 belegte die 20 Jahre alte Schwimmerin vom BPRSV in 3:52,12 Minuten Minuten Siebte.

„Der Tag heute war einfach nur sensationell“, sagte die Bundestrainerin Ute Schinkitz. „Klar, Elena hĂ€lt ĂŒber 100 Brust den Weltrekord – aber du musst dich erst mal auf so einer BĂŒhne wie einer WM beweisen. Das ist ihr heute definitiv gelungen.“ Die Goldmedaille von Taliso Engel sei „kaum zu glauben“. Ebenso wie der erste Platz von Verena Schott. „Dass sie eine Medaille holen könnte, habe ich mir schon gedacht. Aber Gold, dazu noch Europarekord – eine starke Leistung!“ Noch bis zum 15. September schwimmt in London die Para Schwimm-Elite um die begehrten Weltmeistertitel.

 

Quelle: P.M. Deutscher Behindertensportverband e.V.

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