Ein Event mit Alleinstellungsmerkmal: Sechs Jahre Pommern-Biathlon WM
Oder wie sich ein paar Barther Drachenbootenthusiasten auf selbstgebaute Skier wagten
Stefanie Wudtke, Jens „Keule“ Köhler, Thomas „Arthur“ Engel und Rico Kramer heißen die vier maßgeblichen Köpfe hinter dem Barther „Pommern-Biathlon“ 2025. Gemeinsam mit zahlreichen Mitstreitern werden sie diesen bereits zum sechsten Mal durchführen – am 20. September auf dem Vereinsgelände des Pommernexpress 1996 e.V. Ein Sportevent, das ganz nebenbei den Beinamen Weltmeisterschaft trägt. Ein internationaler Biathlon also, mit selbstgebauten Skiern samt Lichtschießanlage, im Spätsommer, im Norden Mecklenburg-Vorpommerns. Dass dies keine alltägliche Sportveranstaltung ist, merkt man sofort. Und natürlich sind sich die vier Freunde darüber sehr bewusst. Sie haben es sogar maßgeblich so angedacht.
„Beim Pommernexpress gab es neben dem Paddeln immer viele Spaßveranstaltungen, wie Spartakiaden, Spiele zum An- und Abpaddeln der Saison, einen Bob-Anschub-Wettbewerb und so weiter“, erzählt Rico Kramer rückblickend, der wie auch Thomas Engel dem Barther Drachenbootverein entstammt. Dann lacht er. Den Bob habe man einst selbst gebaut: „Immer mal wieder kam die Idee, etwas Neues zu veranstalten und 2017 wurde es konkret. Bei einer feucht-fröhlichen Vereinsfeier saßen Hans-Jürgen „Hasi“ Fritz (Anm. der 2024 verstorbene Pommernexpress-Gründer) und Arthur zusammen und redeten über Gott und die Welt. In den Erinnerungen schwelgend, wie lustig es war den Bob zu bauen, kam die Idee einen Biathlon-Wettbewerb ins Leben zu rufen. Auf dem Rückweg nach Hause bei einem kurzen (zweistündigen) Zwischenstop in einer Bushaltestelle wurde die Idee von den beiden verfeinert und quasi durchgeplant.“
Schnell nahm das Vorhaben mehr und mehr Gestalt an. Ein Luftgewehr war schon einmal vorhanden, die Skier wollte man aus Holz „basteln“ und über das Internet wurden Klappscheiben gesucht. „Und so stand der Plan….aber eigentlich nur Vereinsintern bzw. mit eng befreundeten Drachenbootvereinen“, weiß Kramer und erzählt weiter: „Um noch ein paar Freunde für die Umsetzung oder auch als Teilnehmer dazuzugewinnen, rief man mich in Berlin an und überzeugte mich bei der Orga mitzumachen. Aus der Ferne übernahm ich somit die Öffentlichkeitsarbeit. Innerhalb Barths gewannen wir u.a. Keule und Steffi dazu.“
Viel gelernt und von Jahr zu Jahr verbessert
Neben den 4 Gesichtern des „Pommern-Biathlon“ sind heute um die 20 Personen, manchmal auch mehr, an den Vorbereitungen sowie an der Turnierdurchführung beteiligt. Im Laufe der Zeit ist man immer professioneller geworden – auch wenn es weiterhin ein Spaßevent bleiben wird. Nicht nur die Anzahl der Ehrenamtlichen hat sich geändert. Auch das Equipment ist nicht mehr das der ersten Jahre. Bestanden die Skier 2018 und 2019 noch aus Holz – „Wir mussten diese in stundenlanger Handarbeit fertigen“, erinnert sich Rico Kramer – werden sie mittlerweile aus fast unkaputtbaren PE-HD-Platten gefertigt. Die Holzskier Marke Eigenbau hatten den Belastungen einfach nicht lange standgehalten. Die teils aus den 70er Jahren stammenden Luftgewehre sind ebenfalls Geschichte. Das Leistungsniveau der Schusswaffen habe doch merkliche Unterschiede ausgewiesen. So schwenkte man 2022 auf „Lasergewehre“, also das Lichtschießen um.
Heute anders als noch bei der Erstauflage ist zudem der Austragungszeitpunkt. 2018 durften sich die 19 mit Begeisterung teilnehmenden Teams bei Februarwetter, samt bitterkaltem Wind und Schneetreiben, vergnügen. Aber Biathlon und Schnee, dass passt bekanntlich nicht zusammen… Naja, zumindest nicht, wenn es nach den Barther Drachenbootfreunden geht. Und außerdem kann das ja jeder. Kramer und Co. legten den Termin also einfach in den Spätsommer. Und der Untergrund? Gelaufen wird auf einer etwas über 300 Meter langen Holzhackschnitzel-Loipe. Die Streckenabschnitte haben dabei so vielversprechende Bezeichnungen wie „Brombeerkurve“, „Ski-Highway“ oder „Olympiaschleife“.
Der Pommern-Biathlon ist ein Teamevent
Dass das Event sogar international ist, liegt an einem einfach erklärten Trick. „Jedes Team kann seinen Namen frei wählen und welche Nation sie vertreten, u.a. waren schon die USA, Costa Rica, Jamaika, Finnland, Curacao dabei. Wirklich vertreten ist allerdings Polen, da wir Freunde aus unserer Partnerstadt Kolobrzeg begrüßen“, klärt Rico Kramer auf. In Wirklichkeit reisen die Teilnehmer aus Hamburg, Schwerin, Rostock, Stralsund, Greifswald, Nassenheide (Brandenburg), sogar aus Dannenheim/Thüringen und eben aus Kolobrzeg an.
Neben den sich von Jahr zu Jahr in Barth einfindenden Stammteams, sind auch jedes Mal viele Neulinge am Start. So hatte sich die Turnierleitung im vergangenen Jahr beispielsweise über mehrere Sportfreunde des Nischensportvereins RollDichFit e.V. freuen dürfen. Für gewöhnlich auf Cross-Skates unterwegs hatten die Mitglieder der Ortsgruppe „Team Ostsee“ kurzentschlossen auf die Kunststoff-Skier umgesattelt. Denn mit Biathlon kennt man sich selber bestens aus. Ein eigener findet einmal im Jahr in Beckerwitz bei Wismar statt. Und auch in diesem Jahr werden sie als „Die Nordlichter“ wieder angreifen, verstärkt durch das Team „Thüringer Stockenten“. Co-Organisator Kramer freut sich. Bislang seien 21 Teams gemeldet: „Mit dabei ist auch der letztjährige Vizeweltmeister von der „Dutchofencrew“, die Stammteilnehmer der „Tomaten-Gladiatoren“ mit der größten Fanbase und das Team mit dem höchsten Altersdurchschnitt, die „SG morsche Dorsche“.“
Verlockend an der Pommern-Biathlon WM sind aber nicht nur Ruhm und Ehre. Immerhin gibt es einen Wanderpokal und Medaillen zu gewinnen. Und die Teilnehmenden starten in 4er-Teams. „Die Besetzung ist dabei völlig offen. Eine Mannschaft kann als Männer-, Frauen- oder gemischtes Team an den Start gehen“, führt Kramer aus. Knapp eine Woche vor Eventstart sind 21 von 24 Startplätze belegt. Kurzentschlossene haben also noch eine Chance. Doch auch wer sich selbst noch ziert, ist herzlich eingeladen dabei zu sein. Zuschauen und die Sporttreibenden anfeuern kann man allemal. Beste Versorgung vom Grill und aus dem Bierwagen ist angekündigt.
Da der 20.09. außerdem der Weltkindertag ist, wird es dieses Jahr erstmals ein Kinderrennen geben (1x Runde + 1x schießen). Und dann hat man sich beim Pommernexpress 1996 e.V. noch ein weiteres Highlight ausgedacht: Parallel zur Eröffnung des Oktoberfestes in München dürfen sich alle Anwesenden im Anschluss an die Siegerehrung über einen „bayrischen Abend“ freuen. Wer in Tracht erscheint, erhält sogar ein Freigetränk.
Kurze Regelkunde
Es starten bis zu 4 Teams gleichzeitig. Alle 4 Läufer nacheinander. Auf der Strecke wird ein Gewehr als Attrappe aus Holz als Staffelstab mitgeführt. Am Schießstand wird dieses abgelegt und gegen ein „Lasergewehr“, korrekt Lichtschießen, zum Schießen getauscht. Nach dem Schießen wird die Attrappe wieder mitgeführt und in einer Wechselzone im Start-/Zielbereich an den nächsten Läufer übergeben. Von jedem Teilnehmer wird die Laufzeit genommen und mit 30 Sekunden pro Schießfehler addiert. Daraus werden die besten Gesamtleistungen der Damen und Herren gekürt. Die Gesamtzeit des Teams entscheidet über die Platzierung.
Die Siegerteams seit 2018
2018
1. Die Sanitzer Narren
2. Real Litätsverlust
3. Jamaika
2019
1. Team Mitsubishi-Kleinert
2. Prinzengarde l
3. 5 für Rum und Ähre
2020 + 2021 Pause wegen Corona
2022
1. Team Mitsubishi-Kleinert
2. Prinzengarde l
3. Fishcopz
2023
1. Prinzengarde l
2. Team Mitsubishi-Kleinert
3. Pommernexpress
2024
1. Hase und Wolf
2. Dutchofencrew
3. Prinzengarde l
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