Es war Pfingsten – aber kein Pfingstpokal!

Pfingsten ist vorbei – aber es gab kein Speedway. In einer Zeit, die geprägt ist durch die Zahlen der Corona Infizierten und die im Zusammenhang mit Covid-19 Verstorbenen sowie die Bedrohung von Existenzen ist kein Platz für eine große Veranstaltung wie den Pfingstpokal. Die Gesundheit ist das wichtigste Gut. In einer Sportart, die ihre Attraktivität aus Geschwindigkeit und Körperbeherrschung zieht, mag es widersprüchlich erscheinen, wenn behauptet wird, dass die Gesundheit eine ganz besondere Bedeutung hat. Aber gerade weil in diesem Sport ein Risiko besteht, ist allen Beteiligten ganz besonders der Stellenwert der Gesundheit bewusst. Viel wird in der Vorbereitung von Verantwortlichen und Sportlern unternommen, um Speedway sicher zu betreiben. Trotzdem ist das Risiko immer da. Oft genug mussten wir erleben, wie sich von einer Sekunde auf die andere das Leben verändert. Aber macht nicht auch diese Ungewissheit einen Teil unseres Lebens aus und macht nicht auch ein kalkuliertes Risiko das Leben schön und lebenswert? Die Leopoldina hat es so ausgedrückt: „Das Leben mit Risiken gehört zum Alltag, auch wenn wir uns das sonst nicht bewusst machen.“ Motorsportler wissen das und gehen diese Risiken bewusst ein, weil es Regeln im Sport gibt und weil sie diesen beherrschen.

Vielleicht können gerade sie deshalb so gut einschätzen, wie wertvoll die Gesundheit derzeit ist, wenn sich das Risiko nicht einschätzen lässt.

 

Trotzdem ist es das eine, diese Tatsache zu akzeptieren und etwas anderes es zu empfinden, denn in diesem Jahr fehlt der Pfingstpokal. Da ist eine Leere die verdeutlicht, es gibt in dieser Zeit auch emotionale Verluste.

Stellvertretend für die vielen Clubmitglieder und Helfer brachte es Christina Blasche, Schatzmeisterin des MC Güstrow, auf den Punkt: „Ich bin total traurig. Es fehlt mir sehr. Pfingsten stand für mich immer im Zeichen des Rennens, zunächst jahrelang als Kassiererin und jetzt verantwortlich im Vorstand. Meinen Urlaub habe ich immer so geplant, dass die Woche vor Pfingsten im Stadion verbracht werden konnte, um alles entsprechend vorzubereiten. Und jetzt, wo der Zeitpunkt gekommen ist, ist es ganz besonders schwer damit umzugehen. Es fehlt mir so viel an diesem Wochenende. Schön war es, wenigsten am Sonnabend beim Training Freunde und Vereinsmitglieder zu treffen, aber so etwas ersetzt natürlich nicht das Rennen, das fehlt einfach!“

Der Pfingstpokal in Güstrow ist die meistbesuchte offene Speedwayveranstaltung in Deutschland. Sportler, Vereinsmitglieder und Zuschauer feiern gemeinsam am Pfingstsonntag eine riesige Speedway-Party. Und dabei gibt es die berühmten Gänsehaut-Momente, wenn die Stimmung unter Flutlicht im Stadion zu kochen beginnt, wenn gemeinsam auf den Zuschauerrängen getanzt wird, wenn gejubelt und gefeiert wird. Aber der Pfingstpokal ist noch so viel mehr, denn in einer Sportart, die durch Maschinen geprägt ist, welche keine Bremsen haben, nur links herumfahren können und mit einem Gang auskommen, zeigt er eben auch, dass die Mitglieder des MC Güstrow zusammen etwas schaffen können, das mehr ist als ein Rennen, eben der Klassiker im Güstrower Speedway.

Dieses Rennen ist geprägt durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl. In einer langen Vorbereitung wird gemeinsam auf dieses Ereignis hingefiebert und dann feiert man zusammen, trifft Freunde und genau deshalb hat dieser Pfingstpokal für jedes einzelne Vereinsmitglied eine ganz besondere individuelle Bedeutung.

 

Auch der 1. Vorsitzende Torsten Jürn zeigte sich geprägt von der besonderen Situation und schaut trotzdem verhalten optimistisch in die Zukunft:

„Natürlich war es ein deprimierendes Pfingstwochenende. Umso mehr, wenn man darum weiß, mit wieviel Herzblut die Clubmitglieder und alle Beteiligten Jahr für Jahr auf dieses Wochenende hinarbeiten. Allerdings muss die Gesundheit aller im Vordergrund stehen, darüber kann es gar keine Diskussion geben. Trotzdem gab es viele Anfragen, ob der Pfingstpokal zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird. Das ist in der Form leider nicht möglich und deshalb kann ich alle nur auf das nächste Jahr vertrösten und hoffen, dass dann alles in gewohnter Form stattfinden kann. Das heißt wiederum nicht, dass es in diesem Jahr keine Rennen in unserem Stadion geben wird. Dies hängt selbstverständlich von der weiteren Entwicklung und von den Beschlüssen unserer Landesregierung ab. Sofern wir ein erhöhtes Risiko für unsere Zuschauer, Helfer und Aktiven ausschließen können und es eventuell ab September weitere Lockerungen für Veranstaltungen gibt, sind wir auf jeden Fall darauf vorbereitet, jederzeit ein Rennen ausrichten zu können.“

Pfingsten 2020 – Lukas Baumann, Ben Ernst und Norick Blödorn im Training_c_Daniel Sievers

Tatsächlich gab es aber etwas Speedway in Güstrow. Unter Einhaltung aller Hygieneregeln und mit Genehmigung des Gesundheitsamts konnte unter diesen Bedingungen ein Training durchgeführt werden. „Es war für die Fahrer als auch für die Helfer und Mitglieder des Vereins am Samstag ein kleiner Trost. Dass sich neben unseren Junioren auch René Deddens und Kai Huckenbeck auf den Weg nach Güstrow gemacht haben, hat uns sehr gefreut“, sagte der sportliche Leiter des MC Güstrow, Hannes Heider. „Trainingsleistungen zu beurteilen ist immer schwierig, aber die Jungs, insbesondere unsere Junioren Lukas Baumann, Norick Blödorn und Ben Ernst, haben schon zeigen wollen, was sie können und haben alles gegeben. Vor zwei Wochen hat das Bahndienstteam die Rennstrecke vorbereitet und auch stark am Bahnbelag gearbeitet. Auch das konnte man heute sehen und die Fahrer haben das honoriert.“

 

In diesem Jahr gab es keinen Pfingstpokal, es konnte keine große Speedway-Party gefeiert werden. Und es wird sehr deutlich, da fehlt etwas, etwas das zum eigenen Leben gehört, etwas das zu einem wichtigen Teil des Lebens vieler Menschen geworden ist, etwas das sich zu einem Stück weit zur eigenen Kultur entwickelt hat. In diesem Jahr spürte man ganz besonders deutlich, wie groß auch dieser Verlust ist.

Umso mehr werden wir das Leben genießen, wenn es wieder möglich ist, Rennen auszurichten, werden eine große Speedway-Party feiern, die Tradition des Pfingstpokals fortsetzen und bewusst erleben, welch große Bedeutung er für jeden Einzelnen hat, der bei diesem Klassiker dabei ist.

Gunnar Mörke

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