„Mehr Vereine sollten ihre Türen für die Fußballspielerinnen öffnen…“

Ulrike Balzer, Vorsitzende des Frauen- und Mädchen-Ausschusses beim Landesfußballverband M-V, zur aktuellen Entwicklung des Frauenfußballs im Land und darüber hinaus

Symbolbild – Mädchenfußball

Interview

Frage: Frau Balzer, für die deutsche Frauennationalmannschaft gab es 2018 Höhen und Tiefen. Wie beurteilen Sie deren Chancen  bei der WM im nächsten Jahr? Wer sind Ihre Favoritinnen?

Ulrike Balzer: Bei der letzten WM 2015 verloren die deutsche Nationalmannschaft der Frauen gegen die USA im Halbfinale mit 0:2. Vier Jahre später wird es auch wieder das Ziel sein, vorne mitzuspielen und soweit wie möglich zu kommen. Entscheidend ist letztendlich, wie die Auslosung der Endrundengruppen am 8. Dezember 2018 in Paris ausfällt. Für mich sind die Niederlande und Dänemark ebenso klare Titelfavoriten, da sie vor allem in der Drucksituation EM 2017 als Endspielteilnehmer überzeugten.

Klar begann das Jahr etwas holprig, jedoch muss man auch klar feststellen, dass die Auswahl von Bundestrainer Horst Hrubesch mit 21 Punkten die Isländerinnen (17) von der Tabellenspitze verdrängte. Aus meiner Sicht hat die Mannschaft klar ihre Spielphilosophie wiedergefunden und gerade in den letzten Spielen mit konstanten Leistungen überzeugt. Für den WM-Titel müssen sie bis zum Sommer hart weiter an sich arbeiten. Dann muss alles stimmen: Passgenauigkeit, Spieltempo, schnelles Umschalten und Tor-Chancen-Verwertung. Nur dann können sie um den Titel mitspielen.

[box] Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen (FIFA Women’s World Cup) 2019 wird vom 7. Juni bis 7. Juli in Frankreich stattfinden. Die WM-Begegnungen werden auf insgesamt neun Spielstätten verteilt. Das Eröffnungsspiel wird Gastgeber Frankreich im Pariser Prinzenparkstadion bestreiten. Die Auslosung der Endrundengruppen erfolgt am 8. Dezember 2018 in Paris.[/box]

Frage: Im November 2018 ist die Neubrandenburgerin Lina Jubel bei den U 17-WM in Uruguay gefordert. Was zeichnet Lina Jubel aus Ihrer Sicht aus?

Ulrike Balzer: Lina Jubel war im Frühjahr 2018 mit der U17 bei der Qualifikationsrunde in Mecklenburg-Vorpommern dabei und qualifizierte sich für die EM in Litauen. In ihren Spieleinsätzen im März wirkte sie sehr fokussiert und überzeugte unter anderem in ihrem Spieleinsatz gegen Aserbaidschan (5:0) in Neubrandenburg mit einer guten Übersicht im Spielaufbau und einem sicheren Stellungsspiel.

Die Außenverteidigerin ist zu Beginn der laufenden Saison von ihrem Heimatverein 1. FC Neubrandenburg 04 zum VfL Wolfsburg gewechselt. Auch wenn die vergangenen Monate mit der Umstellung für sie garantiert nicht einfach gewesen sind, wird sie weitere wichtige Erfahrungen im Trainings- und Spielbetrieb gesammelt haben und diese für das große Turnier nutzen.

Frauen-Fußball Foto: M.M.

Frage: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Frauen-Fußballsportes in M-V? Wie viele Vereine für Frauen-Fußball gibt es eigentlich? Wie viele aktive Fußballerinnen sind dort „am Ball“?

Ulrike Balzer: Momentan spielen 6 Frauenmannschaften in der Verbandsliga auf Groß- bzw. 9er-Feld. In den drei Kreis- bzw. Kreisoberligen spielen insgesamt 27 Teams auf dem Halbfeld. Somit spielen in den 30 Vereinsmannschaften momentan etwa 600 Frauen im Land Fußball. Gerade in der Verbandsliga sind die teilnehmenden Mannschaften stark rückläufig, so waren es zum Beispiel  in der Saison 2009/2010 noch 12 Teams. Hingegen kommen auf dem Halbfeld immer wieder einige neue Teams dazu.

Der Schritt in die Verbandsliga bleibt jedoch oftmals aus. Hier gilt es gemeinsam Lösungen zu finden und wie unter anderem die Flexibilisierung des Spielbetriebs und Qualifizierung des Ehrenamts weiter voranzutreiben. Genauso sollten mehr Vereine ihre Türen für Mädchen und Frauen öffnen. Denn auch in dieser Vielfalt steckt ein Potenzial und am Ende zahlende Mitglieder, die die Vereinssituation stabilisieren und das Vereinsleben ungemein bereichern.

Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement für den Frauen- und Mädchen-Fußball in M-V!


 

Exkurs: Vor 15 Jahren… 2003 – WM-Gold für eine Neubrandenburgerin

2011 fand die Frauen-Fußball-WM in Deutschland statt. Blick in das Olympiastadion während des damaligen Eröffnungsspiels. Archiv-Foto: M.M.

Viel Jubel bei einer WM-Endrunde und einem Olympia-Turnier gab es schon einmal für eine gebürtige Neubrandenburgerin. Die heute 35-jährige Viola Odebrecht wurde 2003 Weltmeisterin und 2004 Olympia-Dritte. Außerdem konnte sie 2012 mit der DFB-Auswahl den Sieg beim Algarve-Cup einstreichen.

Odebrecht, die ihre Karriere 1995 (bis 1998) beim PSV Neubrandenburg begann und zuletzt (zwischen 2012 und 2015) beim VfL Wolfsburg spielte, war 2003 Teil einer denkwürdigen WM. Immerhin wurde das deutsche Team erstmals Fußball-Weltmeister. Und das in beeindruckender Manier: Vorrunden-Siege gegen Kanada (4:1), Japan (3:0) und Argentinien (6:1). Im Viertelfinalesetzte sich das Team um Bundestrainerin Tina Theune-Meyer mit 7:1 gegen Russland durch. Im Halbfinale mit 3:0 gegen die USA und im Endspiel mit 2:1 nach Golden Goal (durch Nia Künzer) gegen Schweden.

Text und Interview: M.Michels

 

 

 

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