Alma Mater ist „Partnerhochschule des Spitzensports“

Engagierte Leistungssportler, die sich fĂŒr den dualen Karriereweg beim Studium und im Sport entscheiden, stehen vor weit grĂ¶ĂŸeren Herausforderungen als ihre Kommilitonen, fĂŒr die das Studium die Nummer 1 ist. Wie meistern Hochleistungssportler, die im internationalen Leistungsvergleich sind und bleiben wollen, diese Aufgabe?

An der UniversitĂ€t Rostock gibt es 18 junge Leute, fĂŒr die Sport weitaus mehr ist als eine reine oder ergĂ€nzende FreizeitbeschĂ€ftigung. Sie trainieren nicht fĂŒr ihre persönliche Fitness, sondern fĂŒr eine Teilnahme an den Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Dabei stellt sich die Frage nach einer dualen Karriereplanung. Doch sind Hochleistungssport und Studium miteinander vereinbar? An der UniversitĂ€t Rostock klappt dieser organisatorische „Spagat“ sehr gut. Die Alma Mater ist deutschlandweit als „Partnerhochschule des Spitzensports“ anerkannt und wird von den Absolventen ĂŒberregional weiterempfohlen.

Gordan Harbrecht gewann am letzten Wochenende den Ostsee Cup vor WarnemĂŒnde. Foto: © Claudia StĂŒwe).

So auch von Gordan Harbrecht, dem Experten im Surfski, einer Hochseedisziplin des Kanurennsports. Der Rostocker ist Mitglied der Nationalmannschaft, hat erst im April bei der Euro Challenge ĂŒber 19 Kilometer auf dem Mittelmeer vor Villajoyosa bei Alicante als zweitbester EuropĂ€er einen hervorragenden Platz vier belegt. Nur zwei SĂŒdafrikaner und der Spanier Esteban Medina positionierten sich besser. Den grĂ¶ĂŸten Anteil seiner leistungssportlichen Karriere hat der aktuell 32-jĂ€hrige Paddelrecke im olympischen Kanurennsport auf der 1.000-Meter-Distanz verbracht. Als Hochleistungssportler blickt Gordan nach seinem erfolgreichen Finale, dem Abschluss seines Maschinenbau-Studiums, in voller Dankbarkeit auf eine wichtige Etappe zurĂŒck. „Ich habe hier an der Uni Rostock immer die notwendige Hilfe und UnterstĂŒtzung bekommen. In Phasen, wo der Sport dominierte, konnte ich meine PrĂŒfungen verschieben, Hausarbeiten etwas spĂ€ter als normal abgeben und falls notwendig, ein Urlaubssemester in den Studierablauf einbauen“, sieht er die Vorteile dieser organisierten dualen Karriereplanung als den entscheidenden Motivationskick fĂŒr Ă€hnliche LebenslĂ€ufe.

Möglich wird das nur durch eine gelebte Kooperationsvereinbarung zwischen der UniversitĂ€t Rostock, dem Studierendenwerk Rostock-Wismar, dem Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern, dem OlympiastĂŒtzpunkt Mecklenburg-Vorpommern und dem Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband. „Diese Vereinbarung ist das aktuell Beste, was wir uns gemeinsam fĂŒr die studierenden Leistungssportler vorstellen können“, bringt Andreas Kriehn seine Erfahrungen auf den berĂŒhmten Punkt. Als Laufbahnberater am OlympiastĂŒtzpunkt (OSP M-V) koordiniert er fĂŒr die Studenten mit Kaderstatus der olympischen SpitzenfachverbĂ€nde bzw. aus nichtolympischen Schwerpunktsportarten den Studienalltag an der UniversitĂ€t Rostock maßgeblich mit.

„Wir haben eine sehr gute, unkomplizierte Zusammenarbeit mit allen neun FakultĂ€ten“, wĂŒrdigt Andreas Kriehn die kollegiale Kooperation vor Ort. „Die Uni Rostock kann ich als „Partnerhochschule des Spitzensports“ fĂŒr ein „Modell Deutschland“ nur weiterempfehlen“, betont der Umfeldmanager fĂŒr die Kaderathleten am OSP MV und nennt aktuelle Beispiele: „So hat sich u.a. der erfolgreiche ZehnkĂ€mpfer Ben Thiele aus Neubrandenburg entschieden, in Rostock zu studieren. Auch die Top-Triathletin Lena Meißner wird als Perspektivkader ab Herbst 2018 an der Uni Rostock ein Studium aufnehmen.“

Ähnlich sieht es Gordan Harbrecht, der dieses Jahr noch Rennen in Portugal, Sardinien, Irland, Holland, Spanien, Frankreich, Hong Kong und natĂŒrlich in Deutschland hat. Er rĂ€t jĂŒngeren Hochleistungssportlern aus Überzeugung, wie er sagt, in Rostock zu studieren: „Neben der UnterstĂŒtzung durch die Uni waren Sponsoren und andere Förderer immer fester Bestandteil fĂŒr meine Karriere“. Heute arbeitet Gordan als Berufseinsteiger bei einer Rostocker Ingenieurgemeinschaft in Teilzeit und ist weiterhin international im Kanusport unterwegs. Perspektivisch bastelt der Modellathlet gerade am #TeamOceanRacingRostock. „Ich bin der Athlet und meine UnterstĂŒtzer bilden gemeinsam das Team um mich herum“. Mit dabei sind die Ostseesparkasse Rostock, als langjĂ€hriger Kooperations- und Förderpartner und weitere Unternehmen aus der Region.

Eine individuelle Studienförderung erhalten Studenten, die vom OlympiastĂŒtzpunkt MV als Olympiakader, Perspektivkader, Nachwuchskader 1 oder Nachwuchskader 2 (neue DOSB-Kaderbezeichnung) ĂŒber die SpitzenfachverbĂ€nde bestĂ€tigt sind. Aber auch Einzelfallentscheidungen bei Landeskadern, die perspektivisch dieses Niveau an Kaderstatus erreichen können, dĂŒrfen gefördert werden. Die UniversitĂ€t Rostock hilft den Sportlern u.a. durch Mentoren, die in KonfliktfĂ€llen mit Dozenten einspringen. FĂŒr wichtige Meisterschaften werden Urlaubssemester genehmigt. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemĂŒht sich die Hochschule zudem, Spitzensportlern bei der Vergabe von StudienplĂ€tzen eine akademische Ausbildung zu ermöglichen.

Andreas Kriehn wĂŒnscht sich fĂŒr die nahe Zukunft, dass endlich die erhoffte Profilquote fĂŒr Spitzensportler in das Bildungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern integriert wird, um allen UniversitĂ€ten und Hochschulen im Land die Bereitstellung von StudienplĂ€tzen fĂŒr Bundeskader zu erleichtern.

Monika Nitz aus dem StudienbĂŒro der FakultĂ€t fĂŒr Maschinenbau und Schiffstechnik der UniversitĂ€t Rostock kennt das tĂ€gliche Hilfsprogramm bestens: „FĂŒr geförderte Sportler werden SonderstudienplĂ€ne besprochen“. Vorrangig werde bei PrĂŒfungsfristen auf die Termine fĂŒr die Wettkampfvorbereitung und die WettkĂ€mpfe RĂŒcksicht genommen“. In ExtremfĂ€llen wĂŒrden PrĂŒfungen auf Antrag und abweichend von der PrĂŒfungsart in der Modulbeschreibung als mĂŒndliche PrĂŒfungen mit individuellem PrĂŒfungstermin abgehalten.

Im straff zu organisierendem Medizinstudium gibt es vier Hochleistungssportler. Dazu der Studiendekan der UniversitĂ€tsmedizin Rostock, Professor Attila Altiner: „Leistungs-Sportler bringen erfahrungsgemĂ€ĂŸ ein hohes Maß an selbstorganisatorischen FĂ€higkeiten mit. Sie sind zudem sehr engagiert und ambitioniert“. Das Medizin-Studium erfordere gerade in den ersten vier Semestern im besonderen Maße sehr viel. „Es ist ein straffes Programm zu bewĂ€ltigen“, sagt Professor Altiner. „Wenn es möglich ist und allen Beteiligten gegenĂŒber gerecht wird, berĂŒcksichtigen wir, wenn PrĂŒfungen durch Trainingslager verschoben werden“, sagt Professor Altiner. „Wir besprechen das immer individuell mit den Hochleistungs-Sportlern.“

Fabian Gering ist einer der Hochleistungssportler und Medizinstudent im vierten Semester. Der 21-JĂ€hrige entschied sich ganz bewusst fĂŒr ein Studium in Rostock. „Hier kann ich Studium und Sport unter einen Hut bringen“, sagt der ambitionierte LangstreckenlĂ€ufer, der bereits 2015 bei den Leichtathletik-Europameisterschaften der Junioren im schwedischen Eskilstuna die Silbermedaille ĂŒber 10.000 Meter gewann. Gleich zu Beginn des ersten Semesters habe er sich das Ziel gesteckt, sich die ersten zwei Jahre komplett auf die UniversitĂ€t zu konzentrieren. Fabian fand bei FIKO Rostock einen Verein, der jetzt sein sportliches Zuhause ist. „Ohne Trainingsgruppe ist es schwer, ĂŒberhaupt im Sport am Ball zu bleiben“, so der aus Plauen stammende Student. „Sport ist meine Leidenschaft“. Sechs bis sieben Mal in der Woche und oft mehrmals tĂ€glich ist ein Training nötig. So hat er sein Studium auf Initiative des OSP MV und mit UnterstĂŒtzung der UniversitĂ€t gestreckt. Sein sportliches Ziel, an den olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio teilzunehmen, hat er immer im Blick. „Die zehn Kilometer unter 30 Minuten zu laufen, das ist mein Kampfziel“. Das wahre Studentenleben mit Partys und Wochenendbier kennt Fabian daher kaum. Er lebt seinen Traum, im Sport ganz vorne dabei zu sein und das Medizinstudium erfolgreich abzuschließen. Fabian hat sich bewusst fĂŒr die Doppelbelastung und eine duale Karriere entschieden: „Was ohne die nötige Selbstdisziplin nicht funktionieren kann.“

Lehramts-Studentin Julia Leiding bereitet sich auf die Europameisterschaften im Rudern vor, die im August in Glasgow stattfinden. Foto: © rudem de

Das bestĂ€tigt auch Julia Leiding. Die 24-jĂ€hrige Grundschul-Lehramtsstudentin bereitet sich aktuell auf die vom 2. bis zum 5. August in Glasgow stattfindenden Europameisterschaften im Rudern vor. „Ich möchte gerne eine Medaille holen“, sagt Julia. FĂŒr den Erfolg kĂ€mpft sie hart. „Partyleben findet neben dem Studium nicht statt“, betont die hochmotivierte Studentin. „Uni und Sport sind meine Hauptthemen“. Im August startet sie bei der Studierenden-Weltmeisterschaft im Rudern in Shanghai. Am Anfang des Studiums sei es schwer gewesen, Studium und Hochleistungssport zu koordinieren. „Mittlerweile kenne ich viele Dozenten und bekomme UnterstĂŒtzung“. Problem sei bei einigen allerdings die Anwesenheits-Pflicht. „Da muss ich dann viel erklĂ€ren“.

Doch nichts lĂ€uft so gut, als dass es nicht noch besser geht. Der Prorektor fĂŒr Studium, Lehre und Evaluation der UniversitĂ€t Rostock, Professor Patrick Kaeding, hat dieses Ziel fest im Blick. Verbesserungsbedarf bei der Arbeit mit Perspektivkaderathleten ist dabei nur ein wichtiges Thema. Seine Idee: „Ein Sportler, der als Wissenschaftler in der Sportwissenschaft tĂ€tig ist, könnte die Neuen unter seine Fittiche nehmen und das Label „Partnerhochschule des Spitzensports“ noch besser promoten, um so Werbung fĂŒr den Studienort am Meer zu machen.“

Zudem sieht Professor Kaeding Möglichkeiten, dem Wunsch des Landessportbundes MV entgegenzukommen und beim Thema Aus- und Fortbildung von Trainern stĂ€rker als bisher mitzuwirken. Das Institut fĂŒr Sportwissenschaft habe das spezielle Knowhow dafĂŒr.

Text: Wolfgang Thiel / Uni Rostock

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