Die frühere Marathonläuferin über ihre Karriere und ihr neues Leben…
Vor 12 Jahren wurde die gebürtige Stralsunderin Ulrike Maisch (1. LAV Rostock) Marathon-Europameisterin. Das war 2006 in Göteborg. In einem spannenden Wettkampf ließ die damals 21-Jährige mit einer Zeit von 2:30:01 Stunden ihre Konkurentinnen hinter sich. Silber ging an die Serbin Olivera Jevtic und Bronze teilten sich Irina Permitina (Russland) und Zivile Balciunaite (Litauen). Seitdem schafften keine Marathonläufer aus MV mehr den Sprung ganz nach oben auf’s Sieger-Podest.
Interview
Frage: Mit Tom Gröschel und Philipp Baar nahmen zwei Läufer aus M-V am diesjährigen EM-Marathonlauf teil. Wie beurteilen Sie deren Resultate?
Ulrike Maisch: Ich fieberte natürlich besonders mit Tom mit, weil ich ihn noch aus meiner aktiven Zeit kenne. Wir haben oft zusammen trainiert und waren in Trainingslagern. Leider war er sehr oft verletzt, hat sich aber immer wieder zurück gekämpft, was oft nicht leicht ist. Umso schöner und bewundernswerter war sein Marathondebüt in diesem Jahr und dann der tolle elfte Platz mit einer starken Zeit bei der EM. Sehr beeindruckend!
[box type=“bio“]EM-Marathon in Berlin 2018: Tom Gröschel (Fiko Rostock) kam nach 2:15:48 Stunden als Elfter durchs Ziel. Philipp Baar (früher Schweriner SC, jetzt ART Düsseldorf) kam als viertbester Deutscher (2:19:59 h) auf einen respektablen 33. Platz.[/box]
Frage: Wären Sie selbst noch gern dabei gewesen? Sind Sie sportlich noch aktiv?
Ulrike Maisch: Ach nee, meine Zeit ist vorbei. Ich hatte tolle Erlebnisse sowie Wettkämpfe und möchte das auch nicht missen, aber ich könnte mir jetzt nicht mehr vorstellen, noch richtig professionell zu trainieren.
Und: Oh ja, ich bin noch aktiv. Fast möchte ich sagen mehr denn je, aber so ganz stimmt das auch nicht… Ich habe zwei Jungs, fünf und sieben Jahre, die halten mich auf Trab. Beide haben eine schier endlose Energie. Von wem sie das wohl haben…
So richtig sportlich aktiv bin ich auch: So lief ich in diesem Jahr, vor fünf Wochen, meinen ersten IRONMAN. Zudem laufe ich jedes Jahr auch noch so ein bis zwei Marathons – inzwischen meist so knapp unter drei Stunden.
Frage: Die EM-Marathonläufe 2018 entschieden bei den Frauen Volha Mazuronak (Weissrussland) und bei den Herren Koen Naert (Belgien) für sich. Wie verlief Ihr EM-Wettkampf 2006? Wann wussten Sie damals, dass dass „ihr Rennen“ war?
Ulrike Maisch: Ich wusste damals, dass ich gut in Form war. Daher war mein Ziel eine persönliche Bestleistung. Wir sind aber sehr langsam los gelaufen und ich hatte mich seinerzeit geärgert, dass es wohl nichts mehr mit einer guten Zeit werden könnte. Bei der Hälfte des Wettkampfes lagen wir knapp unter einer Stunde und siebzehn Minuten. In der Folge sind ein paar Läuferinnen losgezogen und sehr schnell geworden. Da konnte und wollte ich nicht mitgehen. Wie sich dann herausgestellt hat, hatten sich alle etwas übernommen und ich konnte eine nach der anderen „einsammeln“. Das war natürlich ein tolles Gefühl und hat mir noch mehr Energie gegeben. Ich war innerlich schon völlig überwältigt als ich an dritter Stelle lag. Kurz nach Kilometer vierzig überholte ich die Führende und von da an wusste ich, dass ich gewinnen kann.
Ich hatte mich einfach noch richtig gut gefühlt. Der Einlauf als Erste ins Stadion war gigantisch. Ich weiß nicht mehr, wie viele Leute auf den Rängen saßen, aber das Stadion war voll, die Leute sind aufgestanden und haben geklatscht. Das Einzige, was mich im Nachhinein vielleicht ein kleines bisschen ärgerte, ist, dass ich nicht auf die Uhr geschaut habe. Sonst hätte ich noch ein paar schnellere Schritte gemacht und eine Zeit von zwei Stunden 29 Minuten geschafft – statt der Zeit von 2.30,01 Stunden… . Leider war ich danach wieder zu oft verletzt und konnte die Zeit auch nicht mehr unterbieten.
Frage: Nicht ganz so gute Erinnerungen haben Sie sicher an die Olympischen Spiele 2004 in Athen… Sie waren ja damals nach Heinrich Hagen (SC Empor Rostock), der den olympischen Marathonlauf 1964 in Tokyo bestritt, die erste Rostocker Marathonläuferin bei Olympia. Wie war Ihr Wettkampf seinerzeit?
Ulrike Maisch: Das Jahr 2004 war eigentlich ein sehr gutes Jahr für mich, mit einigen Bestleistungen. So bin ich optimistisch ins Rennen gegangen. Leider musste ich dann bei Kilometer 28 aussteigen. Während des Rennens bekam ich auf einmal sehr starke Schmerzen in der Achillessehne. Zwei Monate später wurde das dann auch operiert. Es war schon sehr enttäuschend, den Olympia-Wettkampf nicht beenden zu können. Außerdem saßen meine Mutter sowie mein Bruder im Stadion und hatten auf mich gewartet…
Letzte Frage: Wie sieht Ihr heutiges Leben aus – persönlich und beruflich?
Ulrike Maisch: Ich bin inzwischen verheiratet und habe, wie erwähnt, zwei Kinder. Seit drei Jahren wohnen wir nun in Guernsey, einer kleinen Insel im Ärmelkanal. Die Kinder wachsen zweisprachig auf, was super ist. Wir haben uns richtig gut eingelebt und vor einem Jahr ein Haus gekauft, was wir seitdem renovieren.
Ansonsten mache ich viele kleine Sachen: So bin ich Personal Trainer, „Assistant Teacher“ bei einem privaten College, ich habe eine Laufgruppe mit Triathleten und fange außerdem demnächst an, noch bei einer Sprachenschule Deutsch zu unterrichten. Ab und zu kommen auch noch solche Dinge hinzu, wie deutsche Touristen-Gruppen durch die Stadt oder über die Insel zu führen. Das macht alles großen Spaß und ist interessant, aber oft auch ermüdend. Denn: Nach wie vor bin ich durchaus ja noch sportlich aktiv und auch die Jungs fordern mich…
Vielen Dank und weiterhin alles erdenklich Gute – persönlich, beruflich und familiär!
M.Michels