Zum sechsten Mal: Turn-WM auf dem amerikanischen Doppel-Kontinent

1976er Olympiastadt Montreal nach 1985 zum zweiten Mal 2017 Turn-WM-Gastgeber

Noch viereinhalb Monate. Dann finden die nächsten Turn-Weltmeisterschaften statt. Vom 2.Oktober bis 8.Oktober werden diese zum sechsten Mal auf dem amerikanischen Doppel-Kontinent ausgetragen, in Montreal, dem Gastgeber der 21.Olympischen Spiele 1976.

Die olympischen Turnwettkämpfe vor 41 Jahren

Erfolgreichste Nation der olympischen Turn-Wettkämpfe seinerzeit war die Sowjetunion mit 17 Medaillen, darunter 7 x Gold. Die Einzel-Mehrkämpfe gingen an Rumänien (Frauen, Nadia Comaneci) und an die Sowjetunion (Herren, Nikolai Andrianow). Die Mannschafts-Olympiasieger erkämpften die sowjetischen Frauen und die japanischen Männer.

Deutsche Turnerinnen und Turner errangen in Montreal 1976 insgesamt vier Medaillen, durch Carola Dombeck (SC Chemie Halle) mit Silber (zusammen mit Ljudmilla Turischtschewa/Sowjetunion) im Pferdsprung, durch Eberhard Gienger (TSV Künzelsau) mit Bronze (zusammen mit Henri Boerio/Frankreich) am Reck, durch Michael Nikolay (SC Dynamo Berlin) mit Bronze (zusammen mit Nikolai Andrianow/Sowjetunion) am Seitpferd und durch die DDR-Männer-Riege mit Bronze im Mannschafts-Mehrkampf.

Erste Turn-WM 1979 in Fort Worth

Drei Jahre später, 1979, gab es dann die ersten Turn-WM auf dem amerikanischen Doppel-Kontinent im amerikanischen Fort Worth. Die Sowjetunion schaffte wieder 17 Medaillen, darunter 5 x Gold. Stark waren auch die  USA mit 8 Medaillen, 3 x Gold, Rumänien mit 7 Medaillen, 3 x Gold, und die DDR mit 7 Medaillen, 2 x Gold.

Im Mehrkampf der Herren siegte Alexander Ditjatin (Sowjetunion) vor Kurt Thomas (USA). Die sowjetische Herren-Riege triumphierte vor Japan, den USA und der DDR. Roland Brückner (SC Dynamo Berlin) holte bei den Herren zusammen mit Kurt Thomas (USA) Gold am Boden. Ralph Bärthel (SC Chemie Halle) belegte Rang drei (zusammen mit Bart Connor aus den USA) beim Pferdsprung.

Bei den Frauen liess sich hingegen die für die Sowjetunion startende Tadschikin Nelli Kim im Einzel-Mehrkampf nicht nehmen. Zweite wurde Maxi Gnauck (SC Dynamo Berlin).  Im Team-Wettbewerb der Frauen setzte sich hingegen Rumänien vor der Sowjetunion und der DDR durch.

Stufenbarren-Gold für Maxi Gnauck

Goldene Momente in Fort Worth erlebte Maxi Gnauck am Stufenbarren, zusammen mit der Chinesin Yanhong Ma errang sie dort Rang eins.

Jeweils Bronze erkämpften zudem Regina Grabolle (SC Dynamo Berlin) auf dem Schwebebalken und Steffi Kräker (SC Leipzig), zusammen mit Nelli Kim aus der Sowjetunion, im Pferdsprung.

1985 – weltmeisterliches Montreal

Dann war auf dem amerikanischen Doppel-Kontinent die 1976er Olympiastadt Montreal 1985 Gastgeber der 23.Turn-WM. Die Sowjetunion avancierte wieder zur Top-Nation mit 16 Medaillen, 11 x Gold. Die DDR kam auf 10 Medaillen, 2 x Gold. In den Mehrkämpfen waren Juri Koroljow (Herren, Sowjetunion), die sowjetische Herren-Riege, Oksana Omeliantschik (Frauen, Sowjetunion) und die sowjetische Frauen-Riege am besten. Aus deutschem Blickwinkel holten Silvio Kroll (SC Cottbus) Gold am Barren und Gabriele Fähnrich (SC Dynamo Berlin) am Stufenbarren.

Von Indianapolis 1991 nach San Juan 1996

Bei der 26.Turn-WM im amerikanischen Indianapolis 1991 war dann Russland mit 18 Medaillen, 8 x Gold, die erfolgreichste Nation. Die deutschen Turnerinnen und Turner erkämpften 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze, wobei Ralf Büchner (ASK Vorwärts Potsdam, TK Hannover)am Reck gewann.

Leer gingen die deutschen Turnerinnen und Turner hingegen bei den 32.Turn-WM 1996 in San Juan (Puerto Rico) aus. Die russischen Turnerinnen und Turner erturnten Rang eins im Medaillenspiegel mit 6 Medaillen, 3 x Gold. Mehrkampf-Entscheidungen wurden damals nicht angeboten.

Weltmeisterliches Turnen 2003 in Anaheim

Und bei den vorerst letzten Turn-WM auf dem amerikanischen Doppel-Kontinent 2003 in Anaheim errangen die deutschen Turnerinnen und Turner auch kein Edelmetall. China mit 8 Medaillen, 5 x Gold, und die USA mit 7 Medaillen, 5 x Gold, lieferten sich ein spannendes Duell um Rang eins im Medaillenspiegel, welches China knapp für sich entschied.

Die Goldmedaillen in den Mehrkämpfen sicherten sich in Anaheim Paul Hamm (Herren, USA), die chinesische Herren-Riege, Swetlana Chorkina (Frauen, Russland) und die amerikanische Frauen-Riege.

Nun ruft Montreal 2017

Turnen ist auch in M-V „in“. M.M.

Mal schauen, wie es in Montreal im Oktober 2017 aussehen wird. Bei den olympischen Turn-Wettbewerben 2016 in Rio de Janeiro waren die USA, nicht zuletzt dank Simone Biles, mit 12 Medaillen, 4 x Gold, erfolgreichste Turn-Nation. Für Schwarz-Rot-Gold errangen in Rio Fabian Hambüchen (Gold am Reck, inzwischen zurückgetreten) und Sophie Scheder (Bronze am Stufenbarren) Edelmetall.

Exkurs: Turnsportliche Glanzpunkte nicht nur aus M-V-Sicht

Von Mexico-City 1968…

Den turnsportlichen Medaillen-Anfang „für M-V“ machte 1968 die gebürtige Rostockerin Marianne Noack, die 1968 mit der DDR-Riege Olympia-Bronze in Mexiko-City gewann und bei den WM 1970 Silber mit der Mannschaft erkämpfte. Die ebenfalls in Rostock geborene Christine Schmitt, Jahrgang 1953, gehörte 1968 als Ersatz-Turnerin zur olympischen DDR-Turnauswahl. Ihren endgültigen internationalen Durchbruch feierte sie mit WM-Bronze auf dem Schwebebalken 1970 (plus Team-Silber).

Bei den Spielen 1968 in Mexico-City war Vera Caslavska aus der Tschechoslowakei mit viermal Gold, zweimal Silber die überragende Turnerin. Bei den Turnern setzten die Japaner Akinori Nakayama (4 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze) und Sawao Kato (3 x Gold, 1 x Bronze) die massgeblichen Akzente. Die meisten Turn-Medaillen 1968 holte die Sowjetunion mit 18.

…über München 1972…

Höhepunkt der Karriere von Christine Schmitt war dann noch Olympia-Silber mit der Mannschaft bei Olympia 1972 in München. In München 1972 gewann der Rostocker Reinhard Rychly ebenfalls eine olympische Turn-Medaille. Mit der DDR-Mannschaft errang er Bronze hinter Japan und der Sowjetunion. Bei den Spielen 1972 in München waren Japan und die Sowjetunion mit jeweils 16 Medaillen die erfolgreichsten Turn-Länder, wobei die Weissrussin Olga Korbut (3 x Gold, 1 x Silber) und der Japaner Sawao Kato (3 x Gold, 2 x Silber) ganz besonders jubeln konnten.  Gold aus deutscher Sicht gab es für Karin Janz (Sprung und Stufenbarren) und Klaus Köste (Sprung).

… bis Moskau 1980 und Seoul 1988

Die Hoffmann-Brüder Lutz und Ulf – mit “Neustrelitzer Wurzeln” – setzten die internationalen Erfolge im Kunstturnsport für M-V 1980 bis 1988 fort: Bei den Olympischen Spielen erturnte Lutz Hoffmann mit der DDR-Riege den 2. Platz. Sein jüngerer Bruder Ulf war dreimal auf einem Olympia- bzw. WM-Podest. Jeweils mit den DDR-Teams belegte er bei den WM 1985 und 1987 den Bronze-Rang; bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul gab es sogar Silber.

Das erfolgreichste Turn-Land 1980 in Moskau und 1988 in Seoul war jeweils die Sowjetunion (1980: 9 x Gold, 8 x Silber, 5 x Bronze und 1988: 11 x Gold, 5 x Silber, 3 x Bronze). In Moskau erkämpfte der Russe Alexander Ditjatin 3 x Gold, 4 x Silber, 1 x Bronze und die Rumänin Nadia Comaneci 2 x Gold, 2 x Silber. Aus deutschem Blickwinkel gab es 1980 goldene Momente für Maxi Gnauck (Stufenbarren) und Roland Brückner (Boden). In Seoul`88 war die erfolgreichste Turnerin bzw. der erfolgreichste Turner Daniela Silivas (Rumänien, 3 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze) bzw. Wladimir Artjomow (Sowjetunion, 4 x Gold, 1 x Silber).

Auch nach 1985 olympische Starts von Turnerinnen aus M-V

Drei weitere Turnerinnen aus Rostock konnten ebenfalls an olympischen Wettkämpfen teilnehmen: Christine Thoms, die als Ersatz-Turnerin bei den Spielen 1988 in Seoul fungierte, als die DDR-Riege Dritte wurde, Kathleen Kern-Stark, die 1992 und 1996 für den DTB startete, und Jana Günther, die 1992 olympisch turnte. Zudem war die gebürtige Neubrandenburgerin Yvonne Pioch Teilnehmerin an den olympischen Turn-Wettkämpfen 1992. Die besten Turn-Nationen 1992 und 1996 waren das Nachfolge-Team der Sowjetunion, die „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS), und Russland. Die GUS errang 1992 in Barcelona neunmal Gold, fünfmal Silber, viermal Bronze und Russland 1996 in Atlanta dreimal Gold, zweimal Silber, dreimal Bronze. Andreas Wecker schaffte für die deutsche Turn-Mannschaft 1996 Gold am Reck.

Vor 65 Jahren: Eine Ludwigslusterin bei den Spielen

Und die gebürtige Ludwigslusterin Brigitte Kiesler turnte 1952 als Mitglied der westdeutschen Riege bei den Olympischen Spielen in Helsinki. Damals war die Sowjetunion mit 9 x Gold, 11 x Silber, 2 x Bronze Turn-Nation Nummer eins. Die beste Turnerin bzw. der beste Turner kam seinerzeit aus der Ukrainischen SSR: Maria Gorochowskaja mit 2 x Gold, 5 x Silber und Wiktor Tschukarin mit 4 x Gold, 2 x Silber.

… Turnsportliche Rand-Anmerkung für M-V: Der renommierteste Turn-Verein in M-V der Gegenwart ist der bereits erwähnte Hanse-Turn-Verein in Rostock, der 2005 gegründet wurde. Der älteste Turnverein in M-V, zugleich der älteste in ganz Deutschland, ist der TSV Friedland 1814.

Marko Michels

Foto (Michels): Impression von den Turn-WM 2007 in Stuttgart.

 

 

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