Als die Mecklenburger und Vorpommern den „Winter-Olymp“ eroberten

MV-Athletinnen und -Athleten mit dem „speziellen GespĂŒr fĂŒr Eis und Schnee“…

Die 23. Olympischen Winterspiele in Pyeongchang rĂŒcken immer nĂ€her und die sportliche Spannung wĂ€chst. Die Short Trackerin Leonie Herzog (ESV Turbine Rostock) wird dabei aus MV-Sicht am Deutschen Olympischen Jugendlager in der Olympiastadt teilnehmen. Mecklenburg-Vorpommern ist zwar – leider –  kein Wintersport-Land, hatte und hat aber immer wieder Athletinnen und Athleten, die auch im Schnee und auf dem Eis mehr als nur olympisches „Standvermögen“ zeigten und zeigen 


Bei vier Olympischen Winterspielen am Start: Die Short Trackerinnen und Short Tracker aus Rostock


Short Track-Wettkampf in der Eishalle an der Rostocker Schillingallee. Foto: Wolfgang Gross

Gerade der Short Track-Bereich, also die Kurzbahn-EisschnelllĂ€uferinnen und Kurzbahn-EisschnelllĂ€ufer, waren aus M-V-Sicht – speziell aus dem Rostocker Blickwinkel – seit 16 Jahren immer „eine sichere Bank“ fĂŒr eine Olympia-Teilnahme.

Die bisherigen Olympionikinnen und Olympioniken im Short Track des ESV Turbine Rostock waren Katrin Weber, Jahrgang 1976, bei Winter-Olympia 1998, Anne Eckner, Jahrgang 1979, bei Winter-Olympia 1998, Arian Nachbar, Jahrgang 1977, bei Winter-Olympia 1998, 2002 sowie 2006, Ulrike Lehmann, Jahrgang 1982, bei Winter-Olympia 2002, Andre Hartwig, Jahrgang 1983, bei Winter-Olympia 2002 sowie 2006 und Aika Klein, Jahrgang 1982, bei Winter-Olympia 2002, 2006 und 2010. Moritz Kreuseler, ebenfalls vom ESV Turbine Rostock, startete 2016 hingegen noch bei den Olympischen Jugend-Winterspielen in Lillehammer.

Rostock und das olympische Eishockey

Die Short Trackerinnen und Short Tracker sind jedoch nicht die einzigen Eissportlerinnen und Eissportler „Made in MV“ mit olympischer Vergangenheit.

Symbolfoto – Eishockey

Rostock ist ja auch eine Hochburg des Eishockeys. So spielte 1968 in Grenoble auch der gebĂŒrtige Grapzower und frĂŒhere Wahl-Rostocker Dietmar Peters in der Eishockey-Olympia-Auswahl der DDR, mit der er Achter wurde.

Damit war Dietmar Peters nicht der einzige Mecklenburger im DDR-Team 1968. Mit Peter Prusa stand damals auch ein gebĂŒrtiger Rostocker in der ostdeutschen Eishockey-Mannschaft. Und zusĂ€tzlich war auch Bernd Karrenbauer, der zunĂ€chst bei Dynamo Rostock, dann beim SC Dynamo Berlin agierte, am „DDR-Puck“ aktiv. Den DDR-Eishockey-Cracks gelang seinerzeit ein Sieg gegen Norwegen mit 3:1 und erreichte auch gegen die USA (4:6), Finnland (2:3), Schweden (2:5) und die Bundesrepublik (2:4) achtbare Resultate.

Lediglich die Spiele gegen die UdSSR (0:9), gegen Kanada (0:11) und die Tschechoslowakei (3:10) verliefen suboptimal. Aber egal, bereits die Olympia-Qualifikation war ein großer Erfolg! Olympiasieger wurde vor 50 Jahren die Sowjetunion vor der CSSR, Kanada und Schweden.

Symbolfoto – Eisschnelllauf

 

Olympisches Eisschnelllaufen mit mecklenburgischer Erfolgstradition

Im Eisschnelllaufen, also auf den „normalen“ Kanten, sorgten Sportlerinnen und Sportler aus M-V oder mit M-V-Wurzeln zudem fĂŒr große Erfolge.

Das olympische Eislauf-„Vorspiel“ aus M-V-Sicht machte Helga Obschernitzki-Haase, die bis 1952 in Schwerin-NeumĂŒhle lebte, in der heutigen Landeshauptstadt M-V damals auch Handball spielte und 1960 als Mitglied des SC Dynamo Berlin bei den Winterspielen 1960 in Squaw Valley Gold ĂŒber 500 Meter sowie Silber ĂŒber 1000 Meter erkĂ€mpfte. Vier Jahre spĂ€ter, 1964 in Innsbruck, war sie immerhin noch Vierte ĂŒber 1000 Meter und FĂŒnfte ĂŒber 1500 Meter.

Auf dem weltmeisterlichen und olympischen Eis-Oval erfolgreich: Die gebĂŒrtige Wismarerin Jacqueline Börner und die gebĂŒrtige Rostockerin Karin Kessow. Foto: M.M.

„Goldig“ wurde es dann wieder 1992. Die gebĂŒrtige Wismarerin Jacqueline Börner erkĂ€mpfte nach ihrem Weltmeistertitel im Mehrkampf 1990 bei den Winterspielen 1992 in Albertville außerdem Gold ĂŒber 1500 Meter. Sechzehn Jahre zuvor, bei den Winterspielen 1976 in Innsbruck, prĂ€sentierte dagegen sich gleich eine Rostocker Troika auf dem olympischen Eisschnelllauf-Oval: Karin Kessow, die Weltmeisterin im Mehrkampf 1975, Heike Lange, die Vize-Weltmeisterin 1975 beim Sprint-Weltchampionat, und Horst Freese, der mehrfache DDR- und dann bundesdeutscher Meister im Eisschnelllaufen.

In Innsbruck gab es fĂŒr die Drei leider kein Edelmetall. Karin Kessow belegte Platz fĂŒnf ĂŒber die 1500 Meter sowie Platz vier ĂŒber die 3000 Meter, Heike Lange schaffte die RĂ€nge zehn (500 Meter) bzw. acht (1000 Meter) und Horst Freese kam auf den neunten Platz ĂŒber 1000 Meter.

Und ein gebĂŒrtiger Barther EisschnelllĂ€ufer startete ebenfalls unter den olympischen Ringen. Roland Freier kam 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary zu jeweils Rang acht ĂŒber die 5000 Meter und 10000 Meter.

Goldene Olympia-Zeiten im Bobsport fĂŒr M-V

Im „normalen“ Eisschnelllaufen blieben 1976 fĂŒr M-V zwar die olympischen Medaillen aus – dafĂŒr gab es diese im Bobsport. So erkĂ€mpfte der 1941 in Boblin geborene und heute in Varnkewitz/RĂŒgen lebende ehemalige Bob-Pilot Meinhard Nehmer als Aktiver zweimal Olympia-Gold im Zweier bzw. im Vierer 1976, dazu 1980 in Lake Placid Olympia-Gold im Vierer sowie Olympia-Bronze im Zweier  und zusĂ€tzlich WM-Gold 1977 im Vierer, WM-Silber 1979 im Vierer, WM-Bronze 1978 im Vierer und WM-Silber 1978 im Zweier.

Vierer-Bob-WM-Gold sicherte sich 1995 auch der 1967 in Neubrandenburg geborene Ulf Hielscher, der ein Jahr zuvor, 1994, Olympia-Bronze in Lillehammer erkĂ€mpft hatte. Übrigens gemeinsam mit Carsten Embach… Der 1968 in Stralsund geborene Sportler holte insgesamt sogar viermal WM-Gold: 1995, 1997, 2000 und 2003, dazu noch WM-Silber 2001 (alles im Vierer). Als Krönung gab es 2002 Olympia-Gold (Vierer).

Das Damen-Bob-Duo Schneider/Buckwitz beim Weltcup im Winterberg im Dezember 2017. Copyright: BSD/Dietmar Reker

Der Zehnkampf-Weltmeister von 1987 und Zehnkampf-Olympiazweite von 1988 Torsten Voss, 1963 in GĂŒstrow geboren und fĂŒr den SC Traktor Schwerin als Leichtathlet startend, war ebenfalls ein hervorragender Bob-Sportler. Seine WM-Bilanz im Vierer: WM-Silber 1997, WM-Bronze 1995 und WM-Bronze 1996. Dazu kommt noch Platz acht im Vierer bei Winter-Olympia in Nagano 1998. Weitere Bob-Erfolge: Torsten Voss wurde ebenfalls Gesamt-Weltcupsieger und zweifacher Europameister.

Der gebĂŒrtige Anklamer Marko HĂŒbenbecker, Weltmeister im Vierer-Bob 2013, Vize-Weltmeister im Vierer-Bob 2015, WM-Dritter im Vierer-Bob 2012, Europameister im Vierer-Bob 2012 bzw. 2013 und Vize-Europameister im Zweier-Bob 2012, schaffte dann bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi im Vierer-Bob des Piloten Maximilian Arndt Rang sechs.

Last but not least, in puncto „mecklenburgisch-vorpommerscher Bobsport“: Petra Lammert, die einstige Kugelstoßerin des SC Neubrandenburg, war ebenfalls mit dem Bob ausgezeichnet unterwegs und sicherte sich 2012 die Vize-Europameisterschaft und Vize-Weltmeisterschaft.

Rennrodeln „Made in M-V“: M-V auch im beim Skeleton und Rennrodeln in der Vergangenheit gut dabei

Auch ein frĂŒherer erfolgreicher deutscher Skeleton-Fahrer hat „M-V-Wurzeln“. Sandro Stielicke, 1986 in Teterow geboren, wurde 2009 Junioren-Weltmeister, in der Saison 2010/11 Gesamt-Weltcup-Zweiter und war 2010 außerdem Olympionike in Vancouver/Whistler.

Nicht zu vergessen sind die Rennrodlerinnen Ilse Geisler und Ute RĂŒhrold-Klawonn. Ilse Geisler, die spĂ€tere Wahl-Stralsunderin, wurde Weltmeister 1962 und 1963 sowie Olympia-Zweite 1964, und Ute RĂŒhrold-Klawonn, die spĂ€tere Wahl-Rostockerin,  gewann unter anderem EM-Gold 1972, WM-Silber 1973 und 1975, WM-Bronze 1974 bzw. zweimal Olympia-Silber 1972 und 1976.

Ein „Erfolgs-Feeling“ fĂŒr kĂŒnstlerische Eis-Kufen

Rostocker EiskunstlĂ€uferinnen bei einer frĂŒheren Show-Veranstaltung in Schwerin Foto: M.M.

In Mecklenburg und Vorpommern werden aber nicht nur erfolgreiche Eishockey-Spieler, Kurzbahn-EisschnelllÀuferinnen und Kurzbahn-EisschnelllÀufer, Bobfahrer oder Skeleton-Athleten geboren. Auch im Eiskunstlaufen stand die Wiege spÀterer erfolgreicher LÀuferinnen und LÀufer in unserem Bundesland.

FĂŒr Ralph Borghard, Jahrgang 1944, trifft das „voll“ zu. Der gebĂŒrtige Rostocker  wurde dreifacher DDR-Meister 1963, 1964 und 1966, EM-Sechster 1963 bzw. 1966, war WM-Teilnehmer 1966 und Olympionike 1964, jeweils im Herren-Einzel.

Der PaarlĂ€ufer Rolf Oesterreich, Jahrgang 1952, ebenfalls in Rostock geboren, konnte dann zehn bzw. zwölf Jahre spĂ€ter mit seiner Partnerin Romy Kermer sehr große Triumphe feiern. So wurde Rolf WM-Dritter 1974 und jeweils WM-Zweiter 1975 bzw. 1976, belegte bei den EM 1974, 1975 bzw. 1976 jeweils Platz zwei und erkĂ€mpfte Olympia-Silber 1976.

Und der gebĂŒrtige Greifswalder Robin Szolkowy, 1979 in Greifswald geboren, hat ebenfalls eine mehr als imposante Medaillen-Sammlung: fĂŒnfmal WM-Gold (2008, 2009, 2011, 2012, 2014), zweimal WM-Silber, einmal WM-Bronze, viermal EM-Gold (2007, 2008, 2009, 2011), dreimal EM-Silber und zweimal Olympia-Bronze 2010 bzw. 2014  – alles erlaufen mit seiner Partnerin Aljona Savchenko. Das Duo belegte zudem bei Winter-Olympia 2006 einen ausgezeichneten sechsten Rang.

Ein gebĂŒrtiger GĂŒstrower mit drei Olympia-Medaillen im Biathlon

Ein Athlet aus der Ernst-Barlach-Stadt GĂŒstrow setzte bei drei Olympischen Winterspielen im Zweikampf mit Gewehr und Skiern olympische Erfolgs-Akzente: Frank-Peter Roetsch, auch fĂŒnffacher Weltmeister 1985-1989, erkĂ€mpfte 1988 in Calgary zweimal Olympia-Gold (10 Kilometer und 20 Kilometer), 1984 in Sarajevo Olympia-Silber (20 Kilometer) und wurde in Albertville 1992 unter anderem Neunter (10 Kilometer).

Tja, was bliebe noch anzumerken?! Leider gehören bislang das Eis-Angeln und auch das Eis-Segeln noch nicht zum olympischen Programm – sonst wĂ€re die mecklenburgisch-vorpommersche Bilanz bei Winterspielen natĂŒrlich noch beeindruckender.

 


 

Olympische (Gold-)Statements von einem Mecklenburger, einer Mecklenburgerin und einem Vorpommern

Frank-Peter Roetsch, Jahrgang 1964, Geburtsort GĂŒstrow, Verein SG Dynamo Zinnwald, fĂŒnffacher Biathlon-Weltmeister 1985-1989, dreifacher Biathlon-Gesamt-Weltcup-Sieger 1984, 1985 bzw. 1987, zweifacher Olympiasieger 1988  sowie Olympia-Zweiter 1984 und Olympia-Starter 1984, 1988 und 1992

„Kanada versteht es, Völker zu verbinden…“

Frage: Sie nahmen insgesamt an drei Olympischen Winterspielen teil – 1984 in Sarajevo, 1988 in Calgary und 1992 in Albertville. UnabhĂ€ngig vom sportlichen Erfolg: Welche Winterspiele waren fĂŒr Sie die schönsten, bei welchen Spielen sammelten Sie die nachhaltigsten EindrĂŒcke?

Frank-Peter Roetsch: In diesem Fall sind die erfolgreichsten auch die nachhaltigsten Spiele, also Calgary 1988. Kanada versteht es, Völker zu verbinden, das imponiert mir am meisten. Die Freundlichkeit, Herzlichkeit und Offenheit der Gastgeber von Calgary spĂŒrt man noch heute.

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Jacqueline Börner, verheirate Schubert, Jahrgang 1965, Geburtsort Wismar, Verein Berliner TSC, Mehrkampf-Weltmeisterin 1990 und Eisschnelllauf-Olympiasiegerin 1992 in Albertville ĂŒber 1500 Meter

Die gebĂŒrtige Wismarerin Jacqueline Börner, verheiratete Schubert, Olympiasiegerin 1992 im Eisschnelllaufen ĂŒber die 1500 Meter. Foto: M.M.

„Es gibt sportlich nichts Besseres…“

Frage: Fast sensationell – vor dem Hintergrund Ihres schweren Unfalles 1990 – wurden sie 1992 bei den Winterspielen in Albertville Olympiasiegerin ĂŒber 1500 Meter. FĂŒr Sie eine Genugtuung, auch nach mancher Unstimmigkeit mit SportfunktionĂ€ren vor 1990, oder ganz einfach die ErfĂŒllung eines Lebenstraumes?!

Jacqueline Schubert: Olympia ist fĂŒr jede Sportlerin und jeden Sportler so großartig. Es gibt sportlich nichts Besseres. Der Olympiasieg war die ErfĂŒllung eines Lebenstraumes, ein großes GlĂŒck, eine SelbstbestĂ€tigung und ein erfolgreicher Augenblick, den man nicht vergisst. An die ersten drei Tage danach erinnere ich mich gar nicht mehr so genau (Nicht etwa, weil ich zu viel „Champus“ getrunken hĂ€tte…), ich lebte wie in Trance. Es war Freude und GlĂŒcksgefĂŒhl zugleich! Auch wenn ich ansonsten nicht „bibelfest“ bin: Der liebe Gott hat es mehr als gut mit mir gemeint: Er hĂ€tte mir in Albertville`92 auch Bronze „schenken“ können – und ich wĂ€re sehr, sehr glĂŒcklich gewesen… Jedoch Gold – das war der „Hammer“!

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Carsten Embach, Jahrgang 1968, Geburtsort Stralsund, Verein BSR Rennsteig Oberhof, Olympia-Gold im Bob-Vierer 2002, Olympia-Bronze im Bob-Vierer 1994 und vierfacher Weltmeister im Vierer-Bob zwischen 1995 und 2003

„Jeder Erfolg ist auf seine Weise schön…“

Frage: Sie wurden Olympiasieger 2002. FĂŒr Sie auch der schönste sportliche Erfolg in Ihrer Karriere?!

Carsten Embach: Jede Medaille, jeder Erfolg ist auf seine Weise schön. Hinter jeder Medaille und hinter jedem Sieg, ob bei Olympia, WM oder EM, steckt ja eine eigene besondere Geschichte. Das macht ja jeden Erfolg auch auf eine ganz subjektive Weise so einzigartig. Dennoch: Der Olympiasieg 2002 in Salt Lake City ist schon der Höhepunkt meiner Karriere – der Olympiasieg ist nun einmal das AllergrĂ¶ĂŸte, was eine Sportlerin bzw. ein Sportler erreichen kann. Nachhaltig bleiben mir auch die Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer in Erinnerung. Damals war ich erst anderthalb Jahre im Bobsport dabei und gleich bei den ersten Spielen gewann ich Bronze. In Nagano wurde ich als Ersatzmann nominiert und 2002 gab es das erwĂ€hnte Olympia-Gold.

 


 

Olympisches Kalenderblatt/Short Track vom 4.MĂ€rz 2010 (Archiv-Beitrag von rostock-sport.de)

Nach Winter-Olympia 2010: Die Short Trackerin Aika Klein, Jahrgang 1982, vom ESV Turbine Rostock im Fokus / „Denke nun vor allem an die schönen Momente der Short Track-Laufbahn zurĂŒck..“

Im Januar gab es fĂŒr Rostocks Short Track-Ass Aika Klein (ESV Turbine) Staffel-EM-Gold in Dresden, bei den Winterspielen 2010 war sie nun die einzige Olympionikin aus Mecklenburg-Vorpommern. Über die 1000 Meter erreichte sie im Pacific Coliseum in Vancouver das Viertelfinale.

Die olympischen Short Track-Wettbewerbe wurden auch 2010 von Asiaten und Nordamerikanern beherrscht. Erfolgreichste Short Track-Nation bei den Damen wurde China mit viermal Gold. Wang Meng erkÀmpfte als erfolgreichste Short Trackerin dreimal Gold. Bei den Herren dominierte Korea mit zweimal Gold, dreimal Silber sowie zweimal Bronze. Lee Jung-Su schaffte als erfolgreichster Short Tracker dabei zweimal Gold und einmal Silber. Gastgeber Kanada erlief ebenfalls zweimal Gold.

Doch wie lautet das ResĂŒmee von Aika Klein ĂŒber Vancouver 2010 ?! Aika Klein ĂŒber die Winterspiele 2010, die dortigen WettkĂ€mpfe im Short Track, ihre Leistungen, den Stellenwert des Short Tracks in Deutschland, ihre olympischen Erfahrungen 2002, 2006 bzw. 2010 und ihre sportliche Karriere

„Denke nun vor allem an die schönen Momente der Short Track-Laufbahn zurĂŒck…“

Frage: Aika, die XXI.Olympischen Winterspiele sind Geschichte. Wie lautet Ihr persönliches und sportliches Fazit?

Aika Klein: Insgesamt war ich mit meinen Leistungen in Vancouver schon sehr zufrieden, auch wenn sich das auf den ersten Blick nicht in den Ergebnislisten widerspiegelt. LĂ€uferisch konnte ich mit den Besten schon mithalten, es trennen mich letztendlich keine „Welten“ von den LĂ€uferinnen der dominierenden LĂ€nder. Das zeigt auch, dass ich in guter Form war. Leider musste ich eine Disqualifikation hinnehmen, ĂŒber 1000 Meter geriet ich ins Straucheln. Das ist bei einem Großereignis wie Olympia natĂŒrlich doppelt bitter.

Das deutsche Short Track-Team – Tyson Heung belegte ja einen tollen fĂŒnften Platz ĂŒber die Meter – bewies mit den Leistungen von Vancouver, dass es zu den stĂ€rksten LĂ€ndern in dieser Sportart gehört. Etwas enttĂ€uscht war ich allerdings von der Stimmung in der Halle. Sie war zwar voll besetzt, aber letztendlich wurden doch nur die LĂ€uferinnen und LĂ€ufer aus Kanada und den USA frenetisch und einseitig angefeuert. Da hatte ich vorher andere Erwartungen, da ja die Kanadierinnen und Kanadier als sehr faires Publikum gelten.

Ich war dann noch bei anderen WettkĂ€mpfen, dort war es dann ausgewogener. Selbst bei den Short Track-EM in Dresden war es in dieser Hinsicht – offen gesagt – besser.

Frage: Die Short Track-Wettbewerbe wurden wie erwartet von den Großen Vier – China, Korea, den USA und Kanada – dominiert. Lediglich die Italienerin Arianna Fontana konnte als einzige Teilnehmerin aus Europa ĂŒber 500 Meter mit Bronze eine Medaille erkĂ€mpfen. Was zeichnete die Short Trackerinnen und Short Tracker aus Asien und Nordamerika aus?

Aika Klein: Eine Medaille fĂŒr das deutsche Team zu erwarten, wĂ€re eigentlich vermessen gewesen. Gerade in Kanada, den USA, China und Korea ist Short Track Volkssport. Dort besitzt man fĂŒr Short Track ein Fördersystem, was Deutschland insbesondere im Schlittensport aufzuweisen hat.

Die personelle Ausstattung an Trainern und Betreuern, die gesamte Logistik ist in Kanada oder in Korea ganz einfach besser. Und man darf nicht vergessen: Diese LÀnder schöpfen aus einem unglaublichen Reservoir an Talenten. Im kanadischen Montreal gibt es bestimmt doppelt so viele Talente und junge Short Track-Begeisterte wie in ganz Deutschland. Short Track hat in Nordamerika, Korea und China eben einen ganz anderen Stellenwert.

Frage: Die deutschen Short Tracker konnten leider nicht zum Medaillen-Regen fĂŒr das deutsche Team beitragen. Was mĂŒsste sich aus Ihrer Sicht Ă€ndern, damit die Kurzbahn-EisschnelllĂ€uferInnen „Made in Germany“ in Zukunft eine olympische Medaille gewinnen können?

Aika Klein: So zufrieden ich ĂŒber die Ergebnisse des deutschen Teams und mir persönlich bin, um so trauriger stimmt mich die Tatsache, dass unsere Ergebnisse, unsere Leistungen in Vancouver kaum gewĂŒrdigt und beachtet wurden. Sicherlich haben die alpinen und nordischen Skisportler oder die Schlittensportler große Erfolge, zahlreiche Medaillen feiern können. Aber diese Erfolge sind auch das Ergebnis einer optimalen Förderung.

Das ist bei uns noch lange nicht der Fall. So wurden wir in Vancouver gerade einmal von einem Trainer, Eric Bedard, betreut. Ich finde es wirklich schade, dass die Relationen nicht gewahrt wurden. So lief im Biathlon bei den Herren nicht alles nach Wunsch, aber dennoch standen deren WettkĂ€mpfe ebenfalls im Fokus. Ich hĂ€tte mir schon den einen oder anderen Pressevertreter mehr bei unseren WettkĂ€mpfen gewĂŒnscht, der auch die Entwicklung des Short Tracks in Deutschland in den letzten Jahren als auch die schwierigen Bedingungen, unter denen wir unsere Erfolge in den letzten Jahren erkĂ€mpfen konnte, in de Kontext der Winterspiele gebracht hĂ€tte.

Immerhin gehören die deutschen Athletinnen und Athleten im Short Track – neben Italien – zu den stĂ€rksten in Europa. Zuletzt wurden unter anderem die Staffeln Vize-Europameister bzw. Europameisterinnen. Das EM-Gold in Dresden bedeutet mir dabei sehr viel.

Meines Erachtens wurde seitens der FunktionĂ€re, aber auch der Medien versĂ€umt, den positiven Schub, den der deutsche Short Track-Sport in den letzten Jahren erhielt, nachhaltig wirken zu lassen. Es gibt hier VersĂ€umnisse in der Nachwuchsgewinnung wie in der Vermarktung. Die Erfolge letzten acht Jahre wurden verspielt. Es gibt keine nachhaltige Förderung fĂŒr eine bessere Zukunft des Short Tracks in Deutschland, das muß ich bedauerlicherweise feststellen.

Frage: Bei aller Nachdenklichkeit 
 Was beeindruckte Sie besonders bei den Winterspielen 2010 ? Wie wĂŒrden Sie die XXI. Winterspiele charakterisieren?

Aika Klein: Ich habe da ja gute Vergleichsmöglichkeiten – zu Salt Lake City 2002 oder Turin 2006. FĂŒr mich gibt es kein unbedingtes „Besser“ oder „Schlechter“. In Salt Lake City, einer kleineren Stadt, war alles viel zentraler und familiĂ€rer. Es waren fĂŒr mich sehr angenehme Spiele. Aber auch Vancouver waren sehr schöne Spiele – unabhĂ€ngig von der EnttĂ€uschung ĂŒber das kanadische Short Track-Publikum. Wenn man in der Nacht, um 3.00 Uhr, noch durch die Straßen Vancouvers zog, pulsierte dort immer noch das Leben.

Die Leute waren unterwegs, machten Musik und freuten sich, dass sie Gastgeber Olympischer Winterspiele sein durften. Man lebte dort einfach den olympischen Traum, die olympischen Ideale. Die Kanadierinnen und Kanadier freuten sich, uns, die Athletinnen und Athleten, begrĂŒĂŸen zu können, in der Stadt zu haben. Man sprach uns an, beglĂŒckwĂŒnschte uns oder wĂŒnschte nur viel GlĂŒck. Das olympische Flair in Vancouver stimmte. Das war in Turin 2006 noch ganz anders. Zwar stimmte die Organisation, aber olympische AtmosphĂ€re herrschte dort nicht. Alles war dezentral, es waren die Winterspiele der weiten Wege.

FĂŒr mich war vielleicht Salt Lake City 2002 noch ein wenig angenehmer, stimmungsvoller als Vancouver. Die XXI.Olympischen Winterspiele waren „alles in allem“ ein großer Gewinn fĂŒr den olympischen Wintersport.

Frage: Konnten Sie auch andere Wettbewerbe live verfolgen ? Welche Leistungen, welche Olympioniken beeindruckten Sie – auch jenseits des Short Tracks?

Aika Klein: Ja, ich war noch zu vielen anderen WettkĂ€mpfen unterwegs, vorzugsweise in den Eissportarten, den Whistler, Austragungsort der Entscheidungen im Skisport, war dann doch zu weit weg, und wir hatten ja noch unser Training. So waren wir Short Tracker beim Eisschnelllaufen, beim Eishockey (Deutschland gegen Weißrussland) und beim Eiskunstlaufen. Dort hatten wir Tickets fĂŒr die KĂŒr der Damen – unvergesslich. Insbesondere die kanadische EiskunstlĂ€uferin Joannie Rochette imponierte mir. Kurz vor ihren WettkĂ€mpfen starb ja ihre Mutter (Rostock-Sport berichtete), sich dennoch – nach diesem so tragischen und traurigen Ereignis – dem Wettkampf zu stellen und eine Medaille zu gewinnen, ist wirklich bewundernswert. Sie verwirklichte damit ihren Traum und den ihrer Mutter, die ja ebenfalls dem Eiskunstlaufsport sehr nahe stand. Ja, das Schicksal und die Leistung von Joannie berĂŒhrten mich schon sehr.

Frage: Sie kĂŒndigten Ihren RĂŒcktritt an. An den WM in Sofia werden Sie noch teilnehmen. Wie geht es dann fĂŒr Sie weiter ? Short Track ohne Aika Klein – das ist ja eigentlich ein NO GO 


Aika Klein: Vancouver waren mit Sicherheit meine letzten Olympischen Winterspiele. Den genauen Zeitpunkt des RĂŒcktritts habe ich ja noch offen gelassen. Ich möchte mir alles genau ĂŒberlegen, nicht, dass ich mir nach drei Monaten eingestehen muß, dass ich noch weiter machen will. Gerade, wenn ich an das Leistungspotential der Staffel denke, kommt schon Wehmut auf. Aber ich muß auch an das Leben nach dem Sport denken. Letztendlich habe ich in den letzten Jahren viele Opfer auf mich genommen, um erfolgreich im Short Track zu sein.

Daher dauerte mein Studium der Wirtschaftswissenschaften schon lĂ€nger als geplant, auf viele andere Dinge musste ich ebenfalls verzichten. Leider habe ich den Eindruck, dass viele Erfolge nicht die WĂŒrdigung und Aufmerksamkeit erhielten, die sie eigentlich verdienten. Die Medaillen bei EM oder im Weltcup, die Olympia-Teilnahmen – alles wurde nur sehr marginal und temporĂ€r sehr befristet in das Blickfeld gerĂŒckt. Das ist schon enttĂ€uschend. Sicherlich: Ich habe mich bewusst fĂŒr eine sportliche Karriere als Short Trackerin entschieden, möchte diese auf keinen Fall missen, aber mehr Aufmerksamkeit fĂŒr meine Sportart hĂ€tte ich mir in Deutschland schon gewĂŒnscht.

Aber ich denke nun vor allem an die schönen Momente der Short Track-Laufbahn zurĂŒck 
 Vielleicht gibt es ja noch finanzielle Möglichkeiten, die eine Fortsetzung der Karriere mit sich bringen?! Mal schauen.

Letzte Frage: In wenigen Tagen beginnen die Winter-Paralympics. Ein Sportereignis, da Ihr Interesse findet?

Aika Klein: Also, ich finde es schon bewundernswert, was die Athletinnen und Athleten mit Handicaps leisten. Sie mĂŒssen nicht weniger hart trainieren als Sportler ohne Handicaps – ganz im Gegenteil. Leider befĂŒrchte ich, dass auch deren Leistungen nicht so im medialen Mittelpunkt stehen. Wir im Team hatten uns bereits in Vancouver ĂŒber die Winter-Paralympics unterhalten.

Unsere Meinung ist, die Winter-Paralympics am besten vor den Olympics stattfinden zu lassen. Nach Olympia ist es doch meistens so, dass die ganz große Spannung, das ganz große Interesse fĂŒr die Winterspiele schwindet 
 Ich persönlich werde auf jeden Fall die WettkĂ€mpfe per TV verfolgen.

Dann alles erdenklich Gute fĂŒr Sie!

 

Text und Interviews (Archiv): M. Michels

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