Die Winterspiele 1956 in Cortina d`Ampezzo/Aktuell ruft die Vierschanzentournee

Skispringer Andreas Wellinger mit Team-Gold 2012. Foto: Deutscher Skiverband

Irgendetwas ist sportlich immer los. Vom 29.Dezember 2017 bis zum 6.Januar 2018 steigt sie wieder: die Vierschanzentournee im Skispringen. 2017/18 bereits zum 66.Mal. Die Wettkampf-Orte sind Oberstdorf 29./30.Dezember 2017, Garmisch-Partenkirchen 31.Dezember 2017/1.Januar 2018, Innsbruck 3.Januar/4.Januar 2018 und Bischofshofen 5.Januar/6.Januar 2018.

Deutsche Hoffnungen auf den Gesamt-Erfolg 2018

Mit dabei sind auch die deutschen Hoffnungen Richard Freitag und Andreas Wellinger, die in der aktuellen Weltcup-Saison schon einige Erfolge feierten. Richard Freitag triumphierte in Nischnii Tagil, in Titisee-Neustadt und in Engelberg. Andreas Wellinger war ebenfalls in Nischnii Tagil „ganz oben“.

Zuletzt war Deutschland 2002 „goldig“

Seit dem Jahr 2002, als Sven Hannawald vom SC Hinterzarten die Gesamt-Wertung gewann, warten das deutsche Skisprung-Land wieder auf einen Gesamt-Sieger bei der Vierschanzen-Tournee.

Dabei konnten deutsche Skisprung-Asse dort bislang schon sechzehnmal jubeln – nur die Österreicher und Finnen waren gleichermaßen oft in den Gesamt-Sieger-Listen vertreten.

Jens Weißflog und Helmut Recknagel  aus deutscher Sicht am erfolgreichsten

Richard Freitag hofft auf eine erfolgreiche Vierschanzentournee und erfolgreiche Olympische Winterspiele 2018. Foto: Deutscher Skiverband

So schaffte Jens Weißflog vom SC Traktor Oberwiesenthal bzw. Oberwiesenthaler SC von 1990 vier Gesamt-Erfolge: 1984, 1985, 1991 bzw. 1996 (Nur der Finne Janne Ahonen schaffte mit fünf Erfolgen zwischen 1995 und 2010 mehr!). Helmut Recknagel (erster deutscher Skisprung-Olympiasieger) war dreimal die Nummer eins: 1958, 1959 bzw. 1961. Und zweimal freute sich Jochen Danneberg (ASK Vorwärts Brotterode/ASK Vorwärts Oberhof) über Gesamt-Gold: 1976 bzw. 1977.

Je einmal siegreich in der Gesamt-Wertung waren für Deutschland (Ost, West oder vereint) Max Bolkart vom SC Oberstdorf 1960, Horst Queck vom SC Motor Zella-Mehlis 1970, Rainer Schmidt vom SC Motor Zella-Mehlis 1973, Hans-Georg Aschenbach vom ASK Vorwärts Brotterode 1974, Manfred Deckert vom SC Dynamo Klingenthal 1982, Dieter Thoma vom SC Hinterzarten 1990 und der schon erwähnte Sven Hannawald vom SC Hinterzarten 2002.

Auch mit Olympia-Gold geehrt

Zu olympischen Goldmedaillen im Skispringen gelangten einige der genannten deutschen Tournee-Gesamt-Sieger zudem: Jens Weißflog 1984 in Sarajevo von der Normalschanze, 1994 in Lillehammer von der Großschanze bzw. mit dem Team (Hansjörg Jäkle, Dieter Thoma bzw. Christof Duffner), Helmut Recknagel (feierte 2017 seinen 80.Geburtstag!) 1960 in Squaw Valley von der Normalschanze, Hans-Georg Aschenbach 1976 in Innsbruck von der Normalschanze, Dieter Thoma 1994 in Lillehammer mit dem Team und Sven Hannawald 2002 in Salt Lake City mit dem Team (Stephan Hocke, Michael Uhrmann bzw. Martin Schmitt).

Angemerkt: Am Olympiasieg 2014 für Deutschland in Sotschi im Team-Wettkampf waren Andreas Wank, Marinus Kraus, Severin Freund (fällt durch einen Kreuzbandriss, rechts, für die Olympia-Saison 2017/18 aus) und Andreas Wellinger beteiligt. Andreas Wellinger hat, wie Richard Freitag, nun aktuell berechtigte Olympia-Gold-Chancen in Pyeongchang im Februar 2018.

Wie auch die deutschen Skispringerinnen Carina Vogt (erste Olympiasiegerin 2014 im Skispringen in der Sportgeschichte) und Katharina Althaus…

Harry Glaß mit erster deutscher Skisprung-Olympia-Medaille

Die erste Olympiamedaille für einen deutschen Skispringer holte übrigens Harry Glaß vom SC Aufbau Klingenthal.

Wie war das damals, bei den VII. Olympischen Winterspielen 1956 in Cortina d`Ampezzo, eigentlich noch?!

MV-SPORT blickt zurück

Cortina 1956 – 32 Länder am Start

Vor mehr als 60 Jahren Jahren, vom 26.Januar bis 5.Februar 1956, fanden die siebenten Olympischen Winterspiele in Cortina d`Ampezzo statt, erstmals waren nicht nur west- sondern auch ostdeutsche Athletinnen und Athleten nach dem zweiten Weltkrieg am Start. Aber alles blieb noch überschaubar. Es standen nur 24 Medaillen-Entscheidungen in acht Sportarten auf der Agenda. Rund 820 Sportlerinnen und Sportler aus 32 Ländern waren letztendlich bei den Winterspielen 1956 aktiv.

Es war zudem noch richtig angenehm, gastfreundlich, einladend, bodenständig und familiär. Nicht alles war „Gold“, was 1956 „glänzte“, aber Cortina d`Ampezzo bot sympathische Spiele.

Zum Vergleich: In Sotschi 2014 wetteiferten rund 2900 Sportlerinnen und Sportler in 98 Entscheidungen um Edelmetall. Pyeongchang rechnet mit mehr als 3000 Athletinnen bzw. Athleten, für die es Medaillen in 102 Wettbewerben geben wird.

Immer mehr…

Muß das so sein? Wohl kaum. Funktionäre brauchen ebenso wenig „Fünf-Sterne-Hotels“ wie Sportler kein exorbitantes Wettkampfprogramm und keine extrem teuren Sportstätten benötigen, die nach den jeweiligen Spielen wieder demontiert und bei deren Bau Zwangsumsiedlungen und/oder Raubbau an der Natur vorgenommen werden…

In Cortina 1956 nahm erstmals die UdSSR an Olympischen Spielen teil und wurde mit 16 Medaillen, darunter 7 x Gold die erfolgreichste Mannschaft. Die 4 x 10 Kilometer-Skilanglauf-Staffel mit Fjodor Terentjew, Pawel Koltschin, Nikolai Anikin bzw. Wladimir Kusin erkämpfte dabei den Olympiasieg – wie auch Ljubow Kosyrewa im 10 Kilometer-Skilanglauf, Eisschnellläufer Jewgeni Grischin über die 500 Meter bzw. 1000 Meter, zeitgleich mit Juri Michailow, Eisschnellläufer Boris Schilkow über die 5000 Meter und das Eishockey-Team um Nikolai Putschkow.

Große Siegerinnen und Sieger

Die meisten Olympiasiege im Nordischen Skisport erkämpfte nicht Norwegen, sondern Finnland, das dank Veikko Hakulinen im 30 Kilometer Skilanglauf, Antti Hyvärinen im Spezialsprunglauf und mit der 4 x 5 Kilometer-Frauen-Staffel im Skilanglauf mit Sirkka Polkunen, Mirja Hietamies und Siira Rantanen dort zu drei Goldenen kam. Norwegen begnügte sich bei den „Nordis“ mit zwei Olympiasiegen durch Hallgeir Brenden im 15 Kilometer Skilanglauf und Sverre Stenersen in der Nordischen Kombination. Der Schwede Sixten Jernberg schaffte Platz eins über 50 Kilometer, dazu noch 2 x Silber und 1 x Bronze.

Harry Glaß (SC Aufbau Klingenthal) erkämpfte mit Bronze im Spezialsprunglauf nicht nur eine von nur zwei deutschen Medaillen in Cortina 1956 – es war zugleich die erste Olympiamedaille für die DDR. Beim damaligen Wettkampf am 5.Februar 1956 mit 53 Sportlern aus 16 Ländern gab es einen finnischen Doppel-Erfolg durch Antti Hyvärinen und Aulis Kallakorpi. Max Bolkart vom SC Oberstdorf wurde hinter Harry Glaß Vierter.

Dreimal Gold für Toni Sailer

Im Alpinen Skisport dominierte Toni Sailer aus Österreich die Herren-Wettbewerbe, konnte sowohl Abfahrt, Spezialslalom als auch Riesenslalom für sich entscheiden. Die Schweiz war fast total das „Maß aller Alpin-Dinge“ bei den Frauen, holte durch Madeleine Berthod Rang eins in der Abfahrt und durch Renee Colliard ebenfalls Rang eins im Spezialslalom. Rosa „Ossi“ Reichert vom SC Sonthofen trumphierte hingegen im Frauen-Riesenslalom – das einzige deutsche Olympia-Gold für das gesamtdeutsche Team 1956.

Erst 54 Jahre später, 2010 bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver mit dem Alpin-Ort Whistler, gelang durch Viktoria Rebensburg (SC Kreuth) der zweite deutsche Olympiasieg im Frauen-Riesenslalom.

Weitere Asse 1956

Große Siegerinnen und Sieger gab es 1956 auch im Eiskunstlaufen mit Hayes Alan Jenkins (USA) bei den Herren, Tenley Albright (USA) bei den Frauen und Elisabeth Schwarz bzw. Kurt Oppelt (Österreich) im Paarlaufen.

Im Eisschnelllaufen wurden 1956 nur Wettbewerbe für die Herren ausgetragen. Bestes Land war hier die UdSSR mit 4 x Gold, 1 x Silber, 2 x Bronze. Schweden holte durch Sigvard Ericsson 1 x Gold (10000 Meter) und 1 x Silber (5000 Meter).

Beim Bobfahren erkämpften drei Nationen Edelmetall – Italien mit 1 x Gold (Zweier-Bob), 2 x Silber, die Schweiz mit 1 x Gold (Vierer-Bob), 1 x Bronze und die USA mit 1 x Bronze.

Das Eishockey-Turnier entschied die Sowjetunion vor den USA, Kanada, Schweden, der Tschechoslowakei und (West-)Deutschland für sich. Die wichtigsten Spiele endeten zwischen der UdSSR und Kanada 2:0, der UdSSR und den USA 4:0 sowie den USA und Kanada 4:1.

11 Tage olympisches Programm

In den 11 olympischen Tagen von Cortina 1956 verfolgten rund 144000 Zuschauer vor Ort die Wettkämpfe, wobei letztendlich 13 Länder Medaillen gewannen. Die UdSSR wurde, wie erwähnt, erfolgreichstes Team vor Österreich, Finnland, der Schweiz, Schweden, den USA, Norwegen, Italien, dem gemeinsamen deutschen Team, Kanada, Japan, Ungarn und Polen. Weltrekorde wurden im Eisschnelllaufen über 500 Meter (Jewgeni Grischin – 40,2 Sekunden) und über 1000 Meter (Jewgeni Grischin bzw. Juri Michailow – 2:08,6 Minuten) aufgestellt (dazu vier olympische Rekorde, auch im Eisschnelllaufen).

Wo ist „die Seele“ Olympias?!

Aufrichtige Freude am Sport: Bummi-Olympiade für die Kleinsten in Wismar. Foto: M.M.

Tja, das war einmal. Die „glorreichen Zeiten“, als Olympia noch „eine Seele“ hatte – zumindest ansatzweise.

Ob Olympische Spiele nur noch ein TV-Event, ein Marketing-Produkt zur Profit-Maximierung und ein Spektakel sein sollen, müssen die Sportlerinnen bzw. Sportler und die aufrichtigen Sportfans letztendlich beantworten.

Noch einmal Spiele a la Albertville 1992, Atlanta 1996, Nagano 1998, Turin 2006, Peking 2008, Sotschi 2014, Rio de Janeiro 2016 und bald Pyeongchang 2018 wird Olympia kaum aushalten. Der echte Sportfan wird sich dann nur noch angewidert abwenden. Muß es so weit kommen?! Nein. Barcelona 1992, Lillehammer 1994, Vancouver 2010 und London 2012 bewiesen, dass es anders gehen kann.

Marko Michels

 

 

 

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