„Der Hunger auf guten Handballsport ist in M-V ungebrochen…“

Nachgefragt bei HVMV-Geschäftsführer Jörg Dombdera

Blick in die Handball-Halle an der Wismarer Bürgermeister-Haupt-Straße. Auch M-V ist eine handballbegeisterte Region. Foto: M.M.

Die Handball-Saison 2018/19 läuft nun auch wieder seit zwei Monaten. Die Top-Teams aus Mecklenburg-Vorpommern spielen dabei in der dritten Liga und in der Ostsee-Spree-Liga. In der dritten Liga der Damen (nach vier/fünf Spieltagen) ist derzeit der SV Grün-Weiß Schwerin Siebenter und die TSG Wismar Neunter. Bei den Herren rangieren nach acht/neun Spieltagen der HC Empor Rostock auf Rang eins und die Mecklenburger Stiere Schwerin auf Rang vier.

Nach fünf Spieltagen in der Ostsee-Spree-Liga sind die Handballerinnen des Rostocker HC auf PLatz vier ausgezeichnet dabei. S Bei den Herren sind bereits sieben/acht Spieltage vorüber. Der Stralsunder HV ist dort Spitzenreiter – vor dem HSV Insel Usedom. Der SV Fortuna 50 Neubrandenburg ist derzeit Elfter, die SG Uni Greifswald/Loitz Zwölfter und der Bad Doberaner SV 90 kämpft gegen den Abstieg.

Im Gespräch mit Jörg Dombdera, Geschäftsführer des Handballverbandes M-V, über den bisherigen Saison-Verlauf…

Frage: Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der MV-Teams in den dritten und vierten Ligen der Damen und Herren?

Jörg Dombdera: In den vierten Ligen zeichnet sich für mich das zu erwartende Bild ab. Stralsund und Usedom bei den Männern und der Rostocker HC bei den Damen haben Ambitionen formuliert und werden diesen bisher gerecht. Die weiteren Männer-Teams Fortuna Neubrandenburg als Aufsteiger sowie Bad Doberan und Greifswald/Loitz  spielen .- nach dem Trend der letzten Partien – um den Klassenerhalt.

In der dritten Liga der Frauen sind erst vier bis fünf Spieltage absolviert, eine Tendenz noch nicht abzulesen. Es wäre schön und wünschenswert, wenn beide MV-Vereine, TSG Wismar und SV Grün-Weiß Schwerin, ohne größere Sorgen die Spielklassen halten könnten. Bei den Männern überrascht die junge Rostocker Empor-Mannschaft. Ich denke man kann davon ausgehen, dass sowohl Empor als auch die Schweriner Stiere in den „Top Fünf“ der dritten Liga anzusiedeln sind.

Frage: Wer hat aus Ihrer Sicht gute Chancen in die nächsthöhere Liga aufzusteigen?

Jörg Dombdera: Hier ist eindeutig der Stralsunder HV bei den Männern zu nennen. Die Stralsunder haben das Potenzial für die dritte Liga.

Frage: Wie läuft es im Bereich des Nachwuchs-Handballsportes in M-V? Wie ist der Zuspruch der jungen Handball-Talente?

Die Sport- und Kongreßhalle in Schwerin: Spielstätte der Mecklenburger Stiere Schwerin. Foto: M.M.

Jörg Dombdera: Der Mitgliederbestand ist stabil. Natürlich wünscht man sich stetig steigenden Zuspruch im Kinder- und Jugend-Bereich. Wir als Verband und auch die meisten unserer Vereine unternehmen große Anstrengungen in der Zusammenarbeit mit Schulen, als Beispiele seien hier das AOK-Startraining, die HVMV-Grundschulaktionstage bzw. die Kooperationen Schule-Verein und Kitas-Verein genannt.

Frage: Wie beurteilen Sie die handballsportliche Gesamtsituation in M-V?

Jörg Dombdera: Diese Frage kann jedes Jahr gleich beantwortet werden. Die genannten Personengruppen machen eine Riesen-Job und kämpfen doch oft gegen Windmühlen. Über die Sportstätten-Situation in Deutschland und somit auch in MV ist in den letzten Wochen medial – und endlich – berichtet worden. Der Investitionsbedarf ist riesig. Ein weiteres Problem sind die zunehmend steigenden Hallen-Gebühren, die unseren Vereinen den Trainings- und Wettkampfbetrieb erschweren.

Letzte Frage: Demnächst stehen zwei internationale Handball-Events auf dem Programm. Die EM der Frauen vom 30. November bis 16. Dezember in Frankreich und die WM der Herren vom 10. bis 27. Januar 2019 in Dänemark/Deutschland… Was erwarten Sie von den deutschen Teams?

Jörg Dombdera: Zunächst einmal steht noch am 12. Dezember 2018 ein Männer-Länderspiel in Rostock an, das binnen „eines Wimpernschlages“ ausverkauft war, was bedauerlich für viele  Handball-Begeisterten in MV ist. Allerdings zeigt dieses klar, dass „der Hunger“ auf guten Handballsport in unserem Bundesland ungebrochen ist.

Bei den Frauen sind wir aktuell nicht in der Weltspitze und ich gehe davon aus, dass die Zeit bis zur EM noch zu kurz war, um die Fehlerquellen der verkorksten Heim-WM 2017 vollständig aufzuarbeiten. Das Erreichen der Hauptrunde wäre ein Erfolg. Bei der Heim-WM der Herren  ist der Druck und die Erwartungshaltung gigantisch. Was unter diesen Rahmenbedingungen möglich ist, muss abgewartet werden. Vermutlich wird nur der Halbfinaleinzug medial als Erfolg gewertet und das ist schwierig genug.

Vielen Dank und weiterhin bestes handballsportliches Engagement!

[box]Vorschau

Handball-EM 2018 der Frauen (30.11.-16.12.) in Frankreich und Handball-WM 2019 der Herren (10.1.-27.1.) in Deutschland/Dänemark

  • In der Vorrunde der Handball-EM trifft die deutsche Mannschaft am 1. Dezember auf Norwegen, am 3. Dezember auf Rumänien und am 5. Dezember auf Tschechien (jeweils in Brest).
  • Die Mercedes-Benz Arena in Berlin ist Spielort der WM-Vorrunde für das deutsche Herren-Team. Dort wird die DHB-Auswahl am 10. Januar auf Südkorea, am 12. Januar auf Brasilien, am 14. Januar auf Russland, am 15. Januar auf Frankreich und am 17. Januar auf Serbien treffen.[/box]


 

Historisches zum Frauen-Handball

Erste und letzte EM-Medaille 1994

Die erste und bisher auch letzte EM-Medaille der Damen gab es für eine deutsche Auswahl 1994, bei den ersten Frauen-EM überhaupt. Damals war Deutschland Gastgeber und die deutsche Mannschaft kam mit der gebürtigen Stralsunderin Silke Fittinger sowie mit den gebürtigen Rostockerinnen Birgit Wagner und Andrea Bölk Silber hinter Dänemark aufs Treppchen. Bei der EM 2016 in Schweden wurde das deutsche Team Sechster. Mit dabei die gebürtige Ribnitzerin Anne Hubinger und Emily Bölk, Tochter von DDR-Meisterin Andrea Bölk (damals SC Empor Rostock).

1949 erste Feldhandball-WM

Die Geschichte mit internationalen Meisterschaftsturnieren für Frauen begann erst nach dem zweiten Weltkrieg. Im Jahr 1949 wurde die erste von insgesamt drei Feldhandball-Weltmeisterschaften in Ungarn ausgetragen, die auch mit einem Erfolg der Ungarinnen endete. Die zweite Auflage fand 1956 in Westdeutschland statt. Rumänien wurde vor der BRD bestes Team. Und bei den Welttitelkämpfen 1960 liess sich erneut Rumänien den Sieg nicht nehmen. Die gemeinsame deutsche Mannschaft wurde Dritter.

Vor 61  Jahren: Erste Hallen-WM

1957 im damaligen Jugoslawien, gab es auch die erste Weltmeisterschaft im Hallenhandball für Frauen. Damals gewann die Tschechoslowakei vor Ungarn. Zweimal war auch Deutschland WM-Gastgeber: 1965 und 1997. Beide Male belegte die deutsche Auswahl Rang drei. 1965 erkämpfte Westdeutschland Bronze hinter Ungarn und Jugoslawien und 1997 platzierte sich die vereinte deutsche Mannschaft hinter Dänemark und Norwegen. Die absolute WM-Ausbeute der Frauen-Nationalmannschaften in der Halle ist viermal Gold und viermal Bronze.

Montreal 1976 mit dem ersten olympischen Frauen-Turnier

Handball für Frauen wurde 1976 in Montreal in das olympische Programm aufgenommen . Bis 2016 wurden elf Olympiasiegerinnen im Handball gekürt. Bei der olympischen Premiere 1976 setzte sich die Sowjetunion vor der DDR durch, welche vier Jahre später in Moskau Bronze errang. Von den elf olympischen Goldmedaillen sich europäische Teams 9 Goldene. Südkorea gewann hingegen die Turniere 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona.

Erfolgreiche Mecklenburgerinnen am Handball

Handball-Spielerinnen aus Mecklenburg-Vorpommern feierten seither schon einige Erfolge mit der Nationalmannschaft. Darunter Silke Fittinger, Birgit Wagner, Andrea Bölk und Anne Hubinger. Zum DDR-Weltmeister-Team 1971 gehörte zudem die gebürtige Rostockerin Hannelore Burosch (SC Empor Rostock). Vier Jahre später gab es wieder einen Weltmeistertitel für die DDR: mit der gebürtigen Dresdnerin Eva Paskuy in Diensten des SC Empor Rostock, mit der gebürtigen Perlebergerin Christina Lange, verheiratete Voß, die für den SC Empor Rostock agierte, mit Ursula Putzier vom SC Empor und wieder mit Hannelore Burosch. Burosch lief dann noch ein weiteres Mal mit dem DDR-Team bei einer WM auf. Zusammen mit der gebürtigen Rostockerin und Empor-Spielerin Sabine Röther freute sie sich 1978 über das goldene Triple.

Das letzte WM-Gold der Frauen gab es für den DHB 1993 in Norwegen. Zur Auswahl gehörten seinerzeit die gebürtige Wismarerin Heike Axmann (von 1983 bis 1990 SC Empor Rostock), die gebürtige Rostockerin Andrea Bölk (1983 bis 1990 SC Empor Rostock) und die gebürtige Rostockerin Birgit Wagner (bis 1990 SC Empor Rostock).

Eine bekannte Rostocker Handball-Spielerin, die mit dem SC Empor Rostock noch 1989 DDR-Meisterin wurde, Anfang November 1989 nach Westdeutschland wechselte und dann folgend beim TV Lützellinden (später auch noch beim Frankfurter HC) große Erfolge feierte, ist Katja Kittler. Bei der WM 1990 belegte sie mit Deutschland-West (DHB) hinter Deutschland-Ost (DHV) Rang vier.

Olympia-Medaillen

„Made in M-V“ gab es auch auf olympischer Bühne. Im silbernen DDR-Team in Montreal 1976 waren Hannelore Burosch, Gabriele Badorek, Eva Paskuy und Christina Voß (alle SC Empor Rostock) Leistungsträgerinnen. Und in der bronzenen DDR-Nationalmannschaft 1980 war Sabine Röther (HC Empor Rostock) dabei.

[box]13 x Edelmetall für DHB-Frauen

Kompakt betrachtet konnten deutsche Frauen-Handballmannschaften bei WM, EM und Olympia viermal Gold, dreimal Silber und sechsmal Bronze gewinnen.[/box]

Historisches zum Herren-Handball

MV und die Hallen-Handball-WM der Herren

Bei WM der Herren konnten ebenfalls schon Spieler aus M-V Edelmetall gewinnen:

  • 1958 gab es Bronze für Hans Beier, Jürgen Hinrichs, Klaus-Dieter Matz, Günter Mundt und Wolfgang Niescher.
  • 1970 folgte Silber für Klaus Prüsse, Reiner Ganschow, Klaus Langhoff, Gerhard Gernhöfer, Peter Randt, Klaus Franke, Dieter Neiling sowie Josef Rose.
  • 1974 wurden Reiner Ganschow, Wolfgang Böhme, Josef Rose und Dieter Neiling Vize-Weltmeister hinter Rumänien.
  • Jeweils Bronze erspielten 1978 Frank-Michael Wahl, Wolfgang Böhme und Helmut Wilk sowie 1986 Rüdiger Borchardt zusammen mit Frank-Michael Wahl.
Zwei Handball-Legenden aus M-V im Gespräch: Frank-Michael Wahl und „Jimmy“ Prüsse. Foto: Wolfgang Gross

Hans-Jürgen Hinrichs, der 1933 im mecklenburgischen Rodenwalde geboren wurde, gehörte auch zum gesamtdeutschen Aufgebot bei den WM 1961 in Westdeutschland als die gesamtdeutsche Mannschaft Vierter wurde. Sogar für „Team U.S.A.“ stand Jürgen Hinrichs im Tor – bei den WM 1964 in der Tschechoslowakei. Allerdings kamen die US-Boys mit dem mecklenburgischen Goalie nicht über die Vorrunde hinaus, mussten Niederlagen gegen die DDR mit 9:20, gegen Jugoslawien mit 3:22 und gegen Westdeutschland mit 13:24 hinnehmen.

Im WM-Kader des deutschen Teams 2007, das letztendlich bei der damaligen Heim-WM siegreich war, stand auch der gebürtige Schweriner Stefan Schröder, der aber während des WM-Turnieres nicht zum Einsatz kam.

Feldhandball – auch das „ging“…

Bei WM in der Halle und auf dem Feld gleichermaßen erfolgreich war unter anderem „Jimmy“ Prüsse (bis 1958 Einheit Wismar, bis 1974 SC Empor Rostock). Er wurde Feldhandball-Weltmeister 1963, Feldhandball-Vize-Weltmeister 1966 und Hallenhandball-Vize-Weltmeister 1970.
Wolfgang Niescher wurde Hallen-Handball-WM-Dritter 1958 und Feldhandball-Weltmeister 1959. Und Klaus-Dieter Matz sicherte sich Bronze bei der Hallen-WM 1958 und im Feldhandball die WM-Titel 1959 und 1963.

Höhepunkt – Olympia-Gold 1980

Höhepunkt für den Handballsport in M-V war sicherlich das Olympia-Gold von Frank-Michael Wahl und Hans-Georg Jaunich mit der DDR 1980 in Moskau.

Goldene Momente bei der EM 2016 erlebte auch der gebürtige Wolgaster Johannes Sellin mit der DHB-Auswahl.

Text und Interview: M. Michels

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