„Der Olympiasieg war einfach Glück pur…“

Den Radsport im Fokus: Nachgefragt bei Mountainbikerin Sabine Spitz

Radsportlich war in diesem Jahr schon eine Menge im Elite-Bereich los: die Bahnrad-WM in Hongkong im April, die BMX-WM in Rock Hill oder die Straßen-Radsport-EM in Herning im August. Vom 17. bis 24. September stehen die Straßen-Radsport-WM in Bergen im Fokus. Es folgen noch die Europameisterschaften im Bahnradsport vom 19. bis 22. Oktober in Berlin und die Welt-Titelkämpfe im Hallen-Radsport (Radball, Kunstradsport) vom 24. bis 26. November in Dornbirn.

Blick zu den Mountainbike-WM 2017

Weltmeisterlich gefordert waren in diesem Jahr auch wieder die Mountain-Bikerinnen und -Biker. Anfang September in Cairns (Australien) und zuvor Ende August in Val di Sole (Italien) gab es die Welt-Titelkämpfe in den einzelnen Disziplinen im „MB“ 2017.

In den dreizehn Entscheidungen (Junioren, U 23 und Elite) setzten insbesondere die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Schweiz (viermal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze), Frankreich (zweimal Gold, dreimal Silber, dreimal Bronze) und Australien (zweimal Gold, einmal Silber, einmal Bronze) die sportlichen Akzente. Je einmal Gold schafften Großbritannien, Neuseeland, Österreich, Kanada und Schweden. Tschechien, die USA, Dänemark, Südafrika, Deutschland und Italien errangen zudem Medaillen. Für „Schwarz-Rot-Gold“ gab es jeweils Bronze für Max Hartenstein (Junior, Downhill) und Maximilian Brandl (U 23, Cross-Country).

Sabine Spitz in Bad Salzdetfurth (FOTO: Kuestenbrueck)

Eine deutsche Mountain-Bikerin, die die sportliche Szenerie in den letzten 20 Jahren maßgeblich mitbestimmte und auch in Cairns startete, ist Sabine Spitz, die fünfmal bei Olympia startete, so 2000 in Sydney (Neunte), 2004 in Athen (Dritte), 2008 in Peking (Erste), 2012 in London (Zweite) und 2016 in Rio de Janeiro (Neunzehnte, gesundheitlich gehandicaped). Dazu sammelte sie jede Menge Medaillen bei WM und EM…

Wie lief es nun bei den WM 2017? Was waren Sabine Spitz die Highlights Ihrer Karriere?

MV-SPORT fragte nach

Sabine Spitz über die WM 2017, vergangene Erfolge, das Faszinierende beim Mountainbike, nächste Ziele und ein Leben ohne Zweirad

„Der Olympiasieg war einfach Glück pur…“

Frage: Die WM 2017 in Cairns sind auch wieder Historie. Wie lautet Ihr persönlicher Rückblick?

Sabine Spitz: Leider war das für mich eine WM zum Vergessen. Ich hatte keinen optimalen Start und wurde in der Startrunde auch noch behindert, was schon einmal viele Platzierungen gekostet hat.

Das Hauptproblem war aber ein Sturz in der zweiten Runde. Dabei hat sich mein Lenker so unglücklich verdreht, dass ich diesen nicht selber wieder justieren konnte und deshalb rund zwei Kilometer mit schiefem Lenker bis zur Tech-Zone fahren musste, was zusätzlichen Zeitaufwand erforderte.

Danach war der Lenker zwar wieder okay, aber der Steuersatz hatte sich gelöst, was vor allem in den ruppigen Abfahrten ein großes Problem war. So bin ich nicht über einen 32. Platz hinaus gekommen, was sehr enttäuschend ist, vor allem angesichts der Umstände. Das WM-Pech seit 2009 bleibt mir also treu. Noch schlimmer war es letztes Jahr, als ich die sicher geglaubte Medaille durch einen Reifenschaden auf den letzten zwei Kilometern verloren habe. Das war wirklich sehr bitter.

In Cairns hatte mich vor dem Rennen gut gefühlt und bis zum Sturz war ich nach dem missglückten Start auch schon wieder auf dem Weg nach vorne. Schade, aber das ist eben Rennsport. Es ist immer eine Gradwanderung.

Sabine Spitz in Neustadt (FOTO: Kuestenbrueck)

Frage: Eigentlich wollten sie 2016 ihre leistungssportliche Karriere beenden… Welche sind aber nun Ihre nächsten Ziele? Doch noch Tokyo 2020?

Sabine Spitz: Also Tokyo ist für mich im Moment kein Ziel. Ich entscheide von Jahr zu Jahr, ob und wie ich weiter mache. Jetzt ist die Saison 2017 erst einmal vorbei und ich werde mir nun Gedanken machen, wie ich 2018 gestalte. Deshalb gibt es im Moment keine ganz konkreten Ziele. Wobei: Die Marathon-WM nächstes Jahr in Italien könnte ein Ziel sein.

Frage: Sie gewannen ja jede Menge Medaillen… Welche Erfolge waren für Sie die prägnantesten?

Sabine Spitz: Das sind natürlich ganz klar die Erfolge bei den Olympischen Spielen. Dort auf dem Podium zu stehen, ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Für mich das Größte, was man als Sportler erreichen kann.

Dabei ragt natürlich der Olympia-Sieg 2008 nochmals heraus. Das war einfach Glück pur. Neben den Olympischen Erfolgen hat aber auch der Sieg beim Weltcup in Andorra 2013 eine besondere Bedeutung. In Anbetracht der Vorgeschichte mit einer schweren Schultereckgelenks-Sprengung zehn Wochen davor, kam dieser völlig unerwartet und war deshalb umso emotionaler. Dieser Sieg war eigentlich sensationell.

Frage: Was ist eigentlich das Faszinierende für Sie am Mountainbike-Sport? Hatten Sie auch einmal Ambitionen für den Straßen- oder Bahnradsport?

Sabine Spitz: Also echte Ambitionen für Straße oder Bahn hatte ich nie, wobei ich recht viel Straße gefahren bin und dort auch sehr gut zurecht kam. Aber ich habe das immer mehr als Training für die Mountainbike-Rennen gesehen.

Auf der Bahn habe ich mich auch einmal versucht. Das war einfach mal eine spannende Erfahrung und hätte ich das konsequent und früher verfolgt, hätte das durchaus auch erfolgreich werden können.

Aber ich liebe die Natur und in der Natur unterwegs zu sein. Das ist eben Mountainbiken. Und auch die Kombination aus Kondition und Fahrtechnik hat mich immer fasziniert. Insgesamt ist der Mountainbike-Rennsport die abwechslungsreichste, komplexeste und vielleicht auch die schwerste Radsport-Disziplin. Aber das macht dann auch die Faszination aus. Leider ist diese Faszination in der breiten Masse der Sport-Interessierten noch nicht angekommen.

Letzte Frage: Wie sieht Ihr Leben eigentlich ohne Zweirad aus?

Sabine Spitz: Gute Frage… Das kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Damit meine ich jetzt nicht den Rennsport. Aber Mountainbike ist meine Leidenschaft, auf die ich hoffentlich nie verzichten muss.

Vielen Dank, dann weiterhin alles erdenklich Gute und maximale Erfolge!

Last but not least: Am 17.Juni gab es in Ludwigslust und Umgebung die dritten „Velo Classico“ im „historischen Radsport“. Ebenfalls die dritte Auflage erlebt eine weitere Radsport-Veranstaltung in M-V. Am 23.September wird nämlich das dritte „Schweriner-Seen-Jedermann-Radrennen durch die Lewitz“ ausgetragen.

Marko Michels

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