Zwei WM-Titel 2016 für deutsche Straßen-Radsport-Asse
Die olympischen Straßen-Radsport-Wettbewerbe sind nicht einmal zwei Monate Vergangenheit, da mussten die Radsport-Asse von allen Kontinenten auch schon wieder weltmeisterlich „durch die Wüste“ radeln.
Zwischen Olympia-Ringen in Rio und WM-Ehren in Doha
In Rio gab es „nur“ vier Entscheidungen – jeweils im Straßen-Einzel und im Zeitfahren bei den Damen und bei den Herren. Bei den WM 2016 in Doha (Katar) wurden jedoch Medaillen in 12 Entscheidungen vergeben: Mannschaftszeitfahren bei den Damen und Herren, Einzelzeitfahren bei den Damen, Herren, Herren der Altersklasse U 23, der Juniorinnen bzw. der Junioren und Straßen-Einzel der Damen, Herren, Herren der Altersklasse U 23, Juniorinnen und Junioren.
Niederlande in Rio am besten
Bei den olympischen Konkurrenzen im August hatten noch die Niederlande mit 19 Punkten (einmal Gold, einmal Silber, einmal Bronze, einen vierten Rang) vor den USA (einmal Gold, einmal Rang vier) die Länderwertung im Radsport gewonnen.
Eine „fliegende Holländerin“…
Im Straßen-Einzel der Frauen siegte Anna van der Breggen (Niederlande), welche zusammen mit ihren Begleiterinnen Emma Johansson (Schweden) und Elisa Longo Borghini (Italien) die lange Zeit allein führende Mara Abbott (USA) 150 Meter vor dem Ziel noch abfing. Mara Abbott kam auf den undankbaren vierten Rang. Anna van der Breggen sorgte damit für den vierten niederländischen Olympiasieg im Straßen-Einzel der Frauen nach Monique Knol 1988, Leontien Zijlaard-van Moorsel 2000 und Marianne Vos 2012.
…und ein „fliegender Belgier“
Bei den Herren schaffte im Straßen-Einzel Greg Van Avermaet Olympia-Gold. Für Belgien war es der zweite Olympiasieg im Herren-Straßen-Einzel: 1952 in Helsinki hatte bereits Andre Noyelle olympisches Gold geholt. Die Straßen-Einzel-Entscheidungen bei den Herren und Damen wurden von schweren Stürzen auf der schwierigen Strecke und bei suboptimaler Witterung „begleitet“…
Kristin und Fabian auch mit olympischem Gold
In der Entscheidung im Einzelzeitfahren der Frauen in Rio 2016 setzte sich Kristin Armstrong (USA) wie schon 2008 und 2012 durch. Fabian Cancellara (Schweiz) triumphierte hingegen erneut im Zeitfahren. 2008 in Peking hatte er in dieser Disziplin des Straßen-Radsportes schon einmal ganz oben gestanden.
Die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen an der Copacabana leider leer aus.
Deutscher Medaillen-Segen in Doha – zweimal Gold für Tony Martin
Die Straßen-Radsport-Wettkämpfe der WM in Doha im Oktober sorgten hingegen für einige Medaillen aus deutscher Sicht.
Im belgischen „Werksteam“ Etixx-Quick-Step in multinationaler Besetzung fuhren ebenfalls Marcel Kittel und Tony Martin zu Gold. Tony Martin, der Olympia-Zweite 2012, jubelte zudem über den Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren vor Vasil Kiryienka (Weissrussland). …Sein viertes WM-Gold in dieser Disziplin nach 2011, 2012 und 2013. Dazu „sammelte“ Marcel Kittel noch zweimal Gold im Mannschafts-Zeitfahren (2012 und 2013 plus Team-WM-Gold 2016).
Trixi Worrack mit Team-Silber
Die Wahl-Bad Doberanerin Trixi Worrack, die bei einem Unfall im Frühjahr 2016 ihre linke Niere verlor, holte nach viermal WM-Gold im Mannschaftszeitfahren 2016 in Doha Silber. Im deutschen silbernen „Werksteam“ Canyon-SRAM waren zudem unter anderem Lisa Brennauer und Mieke Kröger aktiv.
Bei den U 23-Herren konnte der Bund Deutscher Radfahrer einmal Gold (Marco Mathis im Einzelzeitfahren) und zweimal Silber (Maximilian Schachmann ebenfalls im Einzelzeitfahren bzw. Pascal Ackermann im Straßen-Einzel) erringen.
Silberne Momente erlebte zudem Niklas Märkl im Straßen-Rennen der Junioren.
Die Doha-Entscheidungen in den Straßen-Rennen (Elite)
Bei der Elite-Konkurrenz im Straßen-Einzel der Frauen distanzierte Amalie Dideriksen (Dänemark) die Konkurrenz und kam zu Gold. Silber gewann Kirsten Wild (Niederlande) vor Lotta Lepistö (Finnland) und Elizabeth Deignan (Großbritannien).
Fünfmal waren bisher deutschen Radsportlerinnen bei WM die Nummer eins, so 1965 Elisabeth Eichholz (SC Leipzig), 1978 Beate Habetz (Brauweiler), 1981 Ute Enzenauer (GFR Ludwigshafen), 2004 Judith Arndt (Königs Wusterhausen) und 2005 Regina Schleicher (Würzburg).
Im Straßen-Einzel der Herren (Elite) in Doha, mit dem Rostocker Andre Greipel, erkämpfte erneut Peter Sagan Slowakei) vor Mark Cavendish (Großbritannien), Tom Boonen (Belgien) und Michael Matthews (Australien) den Titel. Andre Greipel und die anderen deutschen Starter hatten mit dem Ausgang des Rennens leider nichts zu tun.
Andre Greipel, Jahrgang 1982, Geburtsort Rostock und bis 2001 für den PSV Rostock startend, wurde, wie beispielsweise Jan Ulrich, vom Rostocker Radsport-Erfolgstrainer Peter Sager geformt. Unter anderem gewann der Hanseate elf Etappen bei der Tour de France, startete bei Olympia 2012 in London eroberte dreimal den deutschen Titel im Straßen-Rennen 2013, 2014 sowie 2016 und errang 2011 WM-Bronze im Straßen-Einzel. Schade, dass es 2016 nicht zu einem neuerlichen Medaillen-Gewinn reichte.
Bislang hatten deutsche Rad-Asse im Straßen-Einzel der Herren neun WM-Titel gewonnen. Bei den „Amateuren“, die eine separate WM-Entscheidung von 1921 bis 1995 „fuhren“, wurden 1958 bzw. 1959 Täve Schur (SC DHfK Leipzig), 1960 Bernhard Eckstein (SC DHfK Leipzig), 1982 Bernd Drogan (SC Cottbus), 1983 Uwe Raab (SC DHfK Leipzig), 1986 Uwe Ampler (SC DHfK Leipzig) und 1993 der gebürtige Rostocker Jan Ulrich (2000 auch Olympiasieger) Weltmeister.
Und bei den Profis, die ihre Weltbesten seit 1927 ff. ermitteln, erreichten Heinz Müller (Tuningen) 1952 und Rudi Altig (Mannheim) 1966 WM-Gold.
Die „restlichen“ WM-Titel
Die „restlichen“ WM-Titel 2016 sicherten sich übrigens Amber Neben (USA, Elite, Damen-Einzelzeitfahren), das niederländische „Werksteam“ Boels-Dolmans unter anderem mit Evelyn Stevens (USA), Kristoffer Halvorsen (Norwegen, U 23-Herren, Straßen-Einzel), Brandon McNulty (USA, Junioren, Einzelzeitfahren), Elisa Balsamo (Italien, Juniorinnen, Straßen-Einzel), Jakob Egholm (Dänemark, Junioren, Straßen-Einzel) und Karlijn Swinkels (Niederlande, Juniorinnen, Einzelzeitfahren).
Beste Nation bei den 83.Straßen-Radsport-WM wurde Deutschland mit zweimal Gold, viermal Silber, einmal Bronze vor den USA mit zweimal Gold, zweimal Silber, einmal Bronze, den Niederlanden mit zweimal Gold, zweimal Silber und Dänemark mit zweimal Gold, einmal Silber.
Olympischer Exkurs: Erfurterin Kristina Vogel sprintete auf der Rad-Rennbahn in Rio allen davon…
Die siebenfache Weltmeisterin zwischen 2012 und 2016, Kristina Vogel, ließ 2016 in Rio im olympischen Einzel-Sprint der Konkurrenz keine Chance und gewann Gold vor den Britinnen Rebecca James (Wales) bzw. Katy Marchant (England) und der Niederländerin Elis Ligtlee, der Olympiasiegerin im Keirin 2016. Zuvor hatte Kristina Vogel mit Miriam Welte aus Kaiserslautern bereits Bronze im Teamsprint geschafft. In London 2012 siegte das Duo sogar bei der ersten olympischen Teamsprint-Entscheidung bei den Frauen…
Zum achten Mal im Angebot…
Der Einzel-Sprint-Wettkampf bei den Frauen 2016 war die achte olympische Konkurrenz in dieser Disziplin überhaupt. Der erste Olympiasieg, 1988 in Seoul, ging seinerzeit an Erika Salumäe, die für die Estnische SSR innerhalb der Sowjetunion startete.
Christa Luding-Rothenburger vom SC Einheit Dresden kam 1988 auf Rang zwei. Die Dresdnerin hatte 1986 WM-Gold im Sprint erkämpft und war auch eine hervorragende Eisschnellläuferin, unter anderem mit 2 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze bei den Olympischen Winterspielen zwischen 1984 und 1992.
Vier Jahre später, 1992 in Barcelona, war erneut Erika Salumäe erfolgreich, damals für das unabhängige Estland und vor Annett Neumann aus Cottbus. Felicia Ballanger konnte dann 1996 in Atlanta und 2000 in Sydney jeweils Gold erobern. Für Kanada war folgend 2004 in Athen Lori-Ann Muenzer erfolgreich – 2004 belegte die gebürtige Wismarerin Katrin Meinke einen guten sechsten Rang im Einzel-Sprint bei den Frauen.
In Peking 2008 triumphierte Victoria Pendleton (Großbritannien) und in London 2012 war Anna Meares (Australien) die Beste. Kristina belegte 2012 in London noch den vierten Rang im Einzel-Sprint…
Marko Michels