Erfolgreiche Wintersportler werden im Sommer gemacht

Erfolgreiche Wintersportler werden im Sommer gemacht…

Nachgefragt bei Erfolgsrodlerin Natalie Geisenberger

DrauĂźen ist zurzeit (Mitte Mai) zumindest im Nordosten sommerliches Wetter. Die Fans des sportiven Mainstreams fiebern dem „Champions League“-Finale zwischen dem FC Bayern MĂĽnchen und Borussia Dortmund am 25.Mai entgegen.

In wenigen Wochen finden die Schwimm-WM in Barcelona und die Leichtathletik-WM in Moskau statt. Dazu gibt es noch die Sommer-Universiade in Kazan und die „World Games“ in Cali. Und auch in weiteren sommerlichen Sportarten warten WM und EM von Juni bis September.

Wer denkt da schon an Eis und Schnee?! Klar, die Eishockey-Cracks bei den 77.Welttitelkämpfen der Herren in Helsinki und in Stockholm, wobei Schweden am Pfingst-Sonntag im Finale die Überraschungsmannschaft aus der Schweiz mit 5:1 bezwang und die USA dank eines 3:2 gegen Finnland Bronze erkämpften.

Aber wer sonst noch …

NatĂĽrlich die potentiellen Winter-Olympionikinnen und Winter-Olympioniken fĂĽr Sotschi 2014, denn der geflĂĽgelte Spruch „Wintersportler werden im Sommer gemacht!“ ist nach wie vor gĂĽltig.

Das gilt auch fĂĽr eine ambitionierte Rennrodlerin, die „unweit“ von Mecklenburg wohnt: Natalie Geisenberger, das rodelsportliche Turbo-Girl aus Bayern, hat die Winterspiele in Sotschi fest im Visier und kann diesem sportlichen Höhepunkt mit viel Gelassenheit entgegen blicken.

Die 25jährige ist die groĂźe Gewinnerin der vorolympischen Saison, denn Natalie war im Gesamt-Weltcup die Beste, wurde Weltmeisterin und Europameisterin. Das ist schon mehr als ein „Statement“ in Richtung olympische Entscheidung 2014 …

Wie ist jedoch zurzeit die sportliche Situation bei Natalie?!

Nachgefragt

„FĂĽr mich steht die Freude am Sport im Vordergrund …“

Natalie ĂĽber ihr Sommertraining, ihre Erfolge 2012/13, ihre olympischen Ambitionen, ihre Freude am Rennrodeln und weitere sportliche Interessen

Frage: Natalie, Schnee und Eis sind längst geschmolzen. Vermissen Sie nicht ein wenig die Flocken von oben, die Minusgrade und den „GlĂĽhwein“ nach den Rennen? Wie sieht Ihr sportliches Pensum gegenwärtig aus?

Natalie Geisenberger: Im Gegensatz zu den Skifahrern oder Langläufern können wir nicht auf Gletscher oder die Südhalbkugel ausweichen. Das bedeutet, dass wir knapp sieben Monate im Jahr unseren Sport nicht ausüben können und so auf andere Trainingsmethoden ausweichen müssen.

Da bin ich dann durchaus froh, wenn das Wetter mitspielt und ich die eine oder andere Trainingseinheit nach drauĂźen verlegen kann. Pro Woche trainiere ich zurzeit etwa zehnmal. Kraft, Kondition und Koordination stehen im Vordergrund.

Frage: Sie müssen ja immer noch in Jubelstimmung sein – nach der so goldenen vorolympischen Saison. Trotz der vielen Erfolge: Welche Entscheidung, welches Rennen 2012/13 war für Sie das schönste?

Natalie Geisenberger: Mit der Jubelstimmung haben Sie absolut Recht. Solche Erfolge sind nicht nur schön, sondern auch motivierend. Neben der Weltmeisterschaft erinnere ich mich sehr gerne an den Weltcup in Königssee Anfang Januar. Ich hatte den Eindruck, dass die ganze Tribüne mit Fans von mir gefüllt war. Ein tolles Erlebnis!

Frage: Zwischen dem Olympiasieg 1964 von Ortrun Enderlein (vor der späteren Wahl-Stralsunderin Ilse Geisler) über Anna-Maria Müller 1972, Margit Schumann 1976 (jeweils vor der späteren Wahl-Rostockerin Ute Rührold), Steffi Martin 1984 sowie 1988, Silke Kraushaar 1998, Sylke Otto 2002 sowie 2006 bis hin zum Olympiasieg 2010 von Tatjana Hüfner gab es insgesamt 9 x Gold, 11 x Silber, 9 x Bronze für deutsche Rennrodlerinnen.

Nur die Italienerinnen Erika Lechner 1968 sowie Gerda WeiĂźensteiner 1994 und der Lettin Vera Sosulja gelang es diese deutsche Phalanx zu durchbrechen. Damit sind weitere Medaillen fĂĽr deutsche Rennrodlerinnen 2014 doch fast ein „Selbstläufer“ – oder?!

Natalie Geisenberger: Ich weiß, dass bei diesen Erfolgen oft übersehen wird, dass sie immer wieder hart erarbeitet werden müssen. Zunehmend wird auch in anderen Ländern konsequent trainiert.

Einige deutsche Trainer haben zu unserer Konkurrenz gewechselt und unser Knowhow in Bezug auf Training und Material exportiert. So ist es nicht verwunderlich, dass auch bei den Damen zunehmend andere Nationen auf dem Siegerpodest stehen.

Frage: Wie ist eigentlich Ihre Meinung zur Olympiabahn 2014 – im Vergleich zu Ihrer Hausbahn oder zu Winter-Olympia 2010?

Natalie Geisenberger: Die Bahn scheint mir sehr fair. Bisher konnten wir in Sotschi allerdings nur bei sehr warmer Witterung trainieren. Spätestens zu den Olympischen Spielen wird die Bahn wohl in einem anderen, schnelleren Zustand sein.

Frage: Was erhoffen Sie sich – nicht nur sportlich – von den Olympischen Winterspielen in Sotschi? Was verbinden Sie mit der olympischen Idee?

Natalie Geisenberger: Eine Teilnahme an Olympischen Spielen ist der Traum von fast allen Sportlern. In Vancouver durfte ich diese besondere Atmosphäre ja bereits erleben. Ich hoffe sehr, auch in Sochi mit dabei sein zu dürfen.

Frage: Der Leistungssport wird immer kommerzieller, allerdings verdienen nur Profi-FuĂźballer, Profi-Boxer, Formel 1-Rennfahrer, die Top-Tennisspieler oder Profi-Golfer mehr als ein „Taschengeld“ und haben dazu beste Sendezeiten. Ist diese mediale Selektion, gepaart mit ĂĽppigen EinkĂĽnften an einige wenige Stars von einigen, wenigen Sportarten nicht „ungesund“ fĂĽr die Entwicklung des Weltsportes allgemein?

Wie beurteilen Sie die Kommerzialisierung des Hochleistungssportes als erfolgreiche Rennrodlerin?

Natalie Geisenberger: In den vergangenen Monaten wurde dieses Thema auch von einigen Mitgliedern der deutschen Rennrodel-Nationalmannschaft in die Ă–ffentlichkeit getragen. Hieran habe ich mich sehr bewusst nicht beteiligt.

Ich konzentriere mich lieber auf mich und meine Leistung. Für mich steht die Freude am Sport im Vordergrund. Dank meinem Arbeitgeber, der Bundespolizei sowie der Stiftung Deutsche Sporthilfe und meinen Sponsoren komme ich finanziell gut über die Runden, auch wenn ich absolut keine Reichtümer anhäufen kann.

Frage: Im Sommer gibt es jede Menge internationaler Großereignisse in den olympischen Sommer-Sportarten. Welche WM und EM werden Sie sich anschauen? Sie sind ja auch eine gute Golferin … Gibt es noch weitere Sportarten, denen Sie sich gekonnt widmen?

Natalie Geisenberger: Ein Highlight sind sicherlich die Schwimm- und Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Die werde ich – wie die meisten anderen Veranstaltungen auch – im Fernsehen verfolgen. Des weiten plane ich den Besuch des DTM-Rennens in Spielberg sowie das Golfturnier um die BMW Open in Eichenried. Meine eigenen golferischen Ambitionen werden dieses Jahr leider etwas zurückstehen müssen. Das eine oder andere Charity-Turnier in meiner Nähe – mehr ist nicht geplant.

Vielen Dank und eine optimale Vorbereitung mit maximalen Erfolgen auf Sotschi 2014!

Natalie: Ich bedanke mich für Ihr Interesse und wünsche Euch auch im Nordosten der Republik einen schönen, erholsamen Sommer.

Marko Michels

 

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