„Fußball ist eben auch ganz viel Kopfsache“

Carsten Darsow vom FC Mecklenburg Schwerin zur Fußball-WM 2018

Fussball – Symbolfoto

Über einen Monat wetteiferten 32 Teams aus aller Welt in 64 Spielen um die Krone des Weltfußballs bei den Herren. Zwischen 14. Juni und 15. Juli gab es Spannung, EnttĂ€uschungen, unendliche Freude und viel Begeisterung in den verschiedenen Stadien der 21. WM-Endrunde in Russland.

Das deutsche Team, 2014 noch glanzvoller Weltmeister, schied schon nach der Vorrunde aus. Die Niederlande, Italien und der amtierende Amerika-Meister Chile schafften erst gar nicht die Qualifikation. Bereits im Achtelfinale schieden auch die hoch gehandelten portugiesischen Europameister, Argentinien und Spanien aus.

Den Teams aus Afrika und Asien gelang keine Überraschung. Bereits das Viertelfinale fand ohne sie statt. Europa war 2018 der dominierende Kontinent – nur Uruguay und Brasilien schafften ein Weiterkommen in das Viertelfinale. Das Halbfinale war indes eine europĂ€ische Meisterschaft: Frankreich traf auf Belgien, Kroatien auf England. Und am Ende hielten die „Gallischen HĂ€hne“ den Weltpokal hoch.

Interview

Carsten Darsow vom FC Mecklenburg Schwerin zum WM-Geschehen und ĂŒber die kommende Saison mit dem FCM

„Fußball ist eben auch ganz viel Kopfsache…“

Frage: Diese Fußball-WM ging an die Substanz. Was bleibt von der WM nachhaltig in Erinnerung?

Carsten Darsow: Mir bleibt vor allem in Erinnerung, dass diese WM eine der wirklich „komischsten“ ĂŒberhaupt gewesen ist – und eben auch andere als die vermeintlich etablierten Fußball-Nationen fĂŒr die eine oder andere Überraschung sorgen können. Mit meiner Prognose, dass ich der Mission Titelverteidigung aus deutscher Sicht skeptisch entgegen sehe, lag ich nicht so falsch und ist fĂŒr mich auch eigentlich keine Überraschung. Dass wir aber in unserer Gruppe als Letzter vorzeitig ausscheiden mußten hingegen schon….

Frage: Das frĂŒhzeitige Aus der DFB-Mannschaft erhitzt noch immer die GemĂŒter… Was waren fĂŒr Sie die Ursachen des Mißerfolgs? Ist aus Ihrer Sicht Jogi Löw noch der richtige Bundestrainer?

Carsten Darsow: Es waren einfach zu viele Sachen, die zum falschen Zeitpunkt aufeinander trafen. Sei es die Erdogan-Geschichte, die Nominierung vom Kader, von verletzten Spielern und auch die gewisse Arroganz der Deutschen. Wenn ich vor dem Mexiko-Spiel schon von den „Experten“ im TV höre: „Wir werden alle Spiele der Vorrunde gewinnen!“, kann ich mir nur an den Kopf fassen und möchte gar nicht wissen, wie dann innerhalb der Mannschaft die Gegner respektiert werden.

Aber gehen wir auf meine angesprochenen Punkte genauer ein: Özil war praktisch gar nicht da! Fußball ist eben auch ganz viel Kopfsache! Als ich das Foto sah, und spĂ€ter die Pfiffe gegen ihn im Testspiel hörte, war mir schon klar, den musst Du zuhause lassen! Dann die fĂŒr mich krasseste Fehlentscheidung war die Nicht-Nominierung von SanĂ©. Ich denke, dass er den Unterschied gemacht hĂ€tte. Oder auch ein Wagner hĂ€tte uns da helfen können!

Ob Jogi nun noch der richtige Trainer ist, ist eine gute Frage. Immerhin hat er uns 2014 zum Weltmeister gemacht und macht ja jetzt wahrscheinlich nicht sehr viel anders. Vielleicht war aber Hansi Flick (ehemaliger Assistent von Jogi Löw…) derjenige, der seinerzeit nun den Unterschied ausmacht. Er ist ja seit 2014 in anderer Position aktiv… So wie ich hörte, arbeitet man nun an der Fehler-Analyse und wird diese im August bekannt geben. Ich bin gespannt.

Frage: Wenn man ehrlich ist, muß man sich eingestehen, dass das Niveau der WM doch betrĂ€chtlich unter den meisten Spielen zum Beispiel in der Champions League lag. Das war schon bei den vergangenen WM seit 2006 der Fall… Die meisten Spieler sind ohnehin Globetrotter, wechseln oftmals den Verein, folgen dem großen Geld. Sind da Nationalteams ĂŒberhaupt noch zeitgemĂ€ĂŸ, die immer weniger eingespielt sind?

Carsten Darsow: Ich denke, dass eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Fußball spielen können sie alle und dazu braucht man auch nicht monatelang, um sich einzuspielen. Es ist eben die Aufgabe eines guten Trainer-Teams, die Marschroute vorzugeben und aus der QualitĂ€t, welche vorhanden ist, ein Team zu formen, was dann auch ineinander funktioniert.

Frage: Es gab aber durchaus viele alter und neue Stars bei den WM 2018. Wie sÀhe Ihr All-Star-Team 2018 aus?

Carsten Darsow: Uff, bei so etwas bin ich immer ganz schlecht (lacht). Namen möchte ich da keine nennen. Vielleicht eine Mischung aus Deutschland, Brasilien und Frankreich?  Und dazu den Kampfgeist von Kroatien.

Frage: Frankreich ist nun der neue Weltmeister. Was zeichnet diesen aus?

Carsten Darsow: Sie haben sich das ganze Turnier ĂŒber sehr abgezockt ins Finale gespielt. Auch im Finale gegen Kroatien – wenngleich jetzt viele sagen werden,  ein umstrittener Freistoß und ein umstrittener Handelfmeter fĂŒhrten ja zu zwei Toren fĂŒr Frankreich  und eigentlich hĂ€tte es in die VerlĂ€ngerung gehen mĂŒssen… – Nein, auch das gehört zum Fußball. KaltschnĂ€uzig sein, abgezockt sein, Fehler der anderen ausnutzen.

Kroatien war platt mit den vorangegangenen VerlÀngerungen, die Frankreich nicht hatte. Daher ist Frankreich  am Ende auch verdient Weltmeister geworden. Wobei ich es schon cooler gefunden hÀtte, wenn es doch Kroatien geworden wÀre!

Letzte Frage: Die WM ist abgehakt. Der Marktwert einiger Top-Stars, insbesondere aus Deutschland, Portugal, Spanien und Brasilien, soll ja gesunken sein. Wen wird davon der FC Mecklenburg Schwerin verpflichten, sofern es den gewĂŒnschten Öl-Scheich als Sponsor geben sollte… Aber ernsthaft: Wie lĂ€uft die Vorbereitung auf die neue Saison beim FC Mecklenburg Schwerin?

Carsten Darsow: Das sind andere Welten mit den Öl-Scheich-Sponsoren… Aber wir konnten mit Edin Bahtic einen ehemaligen österreichischen Profi verpflichten. Der Junge ist zwar erst 22 Jahre, kann aber schon 45 Zweitliga-Spiele vorweisen. Wir versprechen uns viel von seinem Talent und hoffen, dass er zu seiner alten StĂ€rke zurĂŒck findet, da er nun ein Jahr ohne Verein war.

Unsere Vorbereitung ist in vollem Gange und spĂ€testens am kommenden Wochenende sind auch alle Urlauber zurĂŒck, so dass wir dann komplett trainieren können. Im Test vor Wochenfrist gegen die TSG Neustrelitz zeigten unsere Jungspunde – sieben U19-Spieler auf dem Platz – schon, dass sie auch im Herren-Bereich alles geben werden. Auch wenn wir knapp mit 1:2 verloren haben, macht es schon jetzt Lust auf mehr.

Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement fĂŒr den Fußballsport!

M.Michels

 

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