Im sportiven Blickfeld: Der Kanu-Rennsport

Mecklenburg-Vorpommern – ein Kanusport-Land mit Tradition

In diesem Jahr warten zahlreiche Herausforderungen auf die deutsche Kanu-Asse, so die Weltcups, die EM und vor allem der Jahreshöhepunkt, die WM vom 23.August bis 27.Agust in Racice.

Wie verlief aber das zurückliegende Wettkampf-Jahr 2016 für die deutschen Kanu-Rennsport-Asse?! Welche kanurennsportlichen Traditionen hat M-V eigentlich?

MV-Sport blickt noch einmal zurück

Die Kanu-Rennsportlerinnen und Kanu-Rennsportler hatten dabei ein sehr ereignisreiches Jahr, mit den drei Weltcups in Duisburg, in Racice bzw. in Montemor-o-Velho, mit den Europameisterschaften in Moskau und mit der olympischen Regatta in Rio de Janeiro.

Zwischen den EM in Moskau…

Die EM in Moskau, bei denen 26 Entscheidungen auf der Agenda standen, wurden dabei von Ungarn (5 x Gold, 5 x Silber, 4 x Bronze), Russland (5 x Gold, 4 x Silber, 3 x Bronze), Deutschland (4 x Gold, 4 x Silber, 3 x Bronze) und Weissrussland (3 x Gold, 2 x Silber, 5 x Bronze) dominiert.

Aus deutscher Sicht triumphierten in Moskau Sebastian Brendel (C 1, 1000 Meter), Tom Liebscher (K 1, 500 Meter), Max Hoff/Marcus Gross (K 2, 1000 Meter) und Franziska Weber/Tina Dietze (K 2, 200 Meter).

…und der olympischen Regatta in Rio

Bei der folgenden olympischen Regatta, bei der einige Kanuten aus Russland und Weissrussland wegen erwiesenen oder vermeintlichen Dopings gesperrt wurden, war die deutsche Kanu-Rennsport-Mannschaft mit 4 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze vor Ungarn mit 3 x Gold, Spanien mit 2 x Gold, 1 x Bronze, Grossbritannien mit 1 x Gold, 1 x Silber und der Ukraine bzw. Neuseeland mit jeweils 1 x Gold, 1 x Bronze am erfolgreichsten.

So triumphierten für „Schwarz-Rot-Gold“ in Rio Max Rendschmidt/Marcus Gross (K 2, 1000 Meter), Max Rendschmidt, Marcus Gross, Max Hoff bzw. Tom Liebscher (K 4, 1000 Meter), Sebastian Brendel (C 1, 1000 Meter) und Sebastian Brendel/Jan Vandrey (C 2, 1000 Meter).

Europa dominierend

Überraschend war bei der olympischen Kanu-Rennsport-Regatta die eindeutige Überlegenheit der Europäerinnen und Europäer in den zwölf Entscheidungen. Von den 37 vergebenen Medaillen erkämpfte „der alte Kontinent“ 29, war einem Anteil von rund 78 Prozent entspricht. Dazu errang Europa elf der zwölf Olympiasiege im Kanu-Rennsport, holte also 92 Prozent der olympischen Goldmedaillen im Kanu-Rennsport.

Lediglich die Neuseeländerin Lisa Carrington durchbrach die europäische Sieges-Phalanx im Kanu-Rennsport in Rio, triumphierte im K 1 über 200 Meter.

Insgesamt schafften 19 Länder olympische Medaillen 2016 im Kanu-Rennsport, darunter 6 Länder eine oder mehrere Goldmedaillen. Gastgeber Brasilien hatte mit Isaquias Queiroz, der 2 x Silber, 1 x Bronze holte, auch einen Erfolgs-Kanuten.

Leider qualifizierte sich für Rio 2016 keine Kanu-Rennsportlerin und kein Kanu-Rennsportler aus M-V… Das kann aber in Tokyo 2020 schon wieder ganz anders aussehen.

Zurückgeblickt: Kanu-Rennsportlerinnen aus M-V bei Olympia

In der Vergangenheit, zumindest zwischen 1972 und 2012, waren hingegen Medaillen-Erfolge bei Olympia für Kanu-Rennsportlerinnen und Kanu-Rennsportler aus Neubrandenburg, Rostock und Schwerin „an der Tagesordnung“.

Gerade auch die Kanu-Rennsportlerinnen vom SC Neubrandenburg oder vom SC Empor Rostock sorgten oft für grosse olympische Erfolgsmomente.

Zwei berühmte Kanu-Rennsportlerinnen vom SC Empor Rostock feierten kürzlich runde Jubiläen. Anke von Seck wurde am 10.September 2016 junge 50, Ramona Portwich folgte am 7.Januar 2017 mit jungen 50 Lenzen.

Beide sind die erfolgreichsten Kanu-Rennsportlerinnen aus M-V bei Olympischen Spielen.

Olympische Erfolge für Kanu-Rennsportlerinnen aus M-V seit 1972

Kanu-Rennsportlerinnen mit Geburtsort oder mit einem Verein aus M-V kommen bei olympischen Regatten zwischen 1972 und 2000 auf 5 x Gold, 3 x Silber, 3 x Bronze.

Den Auftakt machte 1972 in München Ilse Kaschube vom SC Neubrandenburg, die zusammen mit Petra Grabowsky Silber im K 2 über 500 Meter hinter der UdSSR gewann. In Montreal 1976 gab es dann ebenfalls die erste olympische Goldmedaille im Frauen-Kanu-Rennsport aus M-V-Blickwinkel. Carola Zirzow vom SC Neubrandenburg war seinerzeit die Beste im K 1 über die 500 Meter und belegte zudem mit ihrer Vereinskollegin Bärbel Köster Rang drei im K 2 über 500 Meter.

Exkurs: Die WM 1974 und politische „Entscheidungen“ zwischen 1974 und 1984

Zwischen München 1972 und Montreal 1976 lagen unter anderem auch die WM in Mexico-City. Dort, im K 4 über 500 Meter siegten Ilse Kaschube, Bärbel Köster, Anke Ohde und Carola Zirzow, die spätere erste kanurennsportliche Olympiasiegerin aus M-V 1976 (alle SC Neubrandenburg). Gold gab es zusätzlich 1974 für wiederum Anke Ohde (K 1, 500 Meter) und nochmals Anke Ohde mit Bärbel Köster (K 2, 500 Meter).  Anke Ohde war damit die beste WM-Kanutin 1974.

Des Weiteren belegten Rüdiger Helm, der spätere Olympiasieger 1976, und Volkmar Thiede (beide SC Neubrandenburg) Platz drei im K 2 über 1000 Meter. Zweimal WM-Silber schaffte hingegen Klaus Zeisler (ebenfalls SC Neubrandenburg) im C 1 über 500 Meter hinter dem Ukrainer Sergej Petrenko (UdSSR) und im C 1 über 1000 Meter hinter dem Ukrainer Wassili Jurschenko (UdSSR).

Die politischen Bedingungen unter denen die Kanu-Rennsport-WM 1974 stattfanden, waren ebenfalls alles andere als erfreulich. Der „Kalte Krieg“ beherrschte das Geschehen und in der DDR gab es eine bornierte Betonköpfigkeit, wie sie unter anderen Vorzeichen auch in Westdeutschland vorherrschte. Der „Rest der Welt“ – in Ost wie West – konnte über so viel deutsche Beschränktheit nur den Kopf schütteln.

So durfte der so erfolgreiche Kanute Klaus Zeisler – bis auf das Jahr 1974 – nie im „kapitalistischen“ Ausland und am Ende gar nicht mehr starten (Ende der aktiven Karriere 1976), weil er nicht der SED beitreten und sich außerdem nicht der realsozialistischen Propaganda unterordnen wollte. Carola Zirzow mußte nach ihrem Olympiasieg 1976 ihre sportliche Karriere auf Betreiben der DDR-Sportführung beenden, weil sie mit dem italienischen Sportler Oreste Perri, dem WM-Champion 1974, freundschaftlich verbunden war.

Auch diese Ereignisse gehören dazu, wenn man den Stellenwert des Kanu-Rennsportes zur damaligen Zeit richtig einordnen möchte…

Die Regatta bei den „Druschba“-Wettkämpfen 1984

Zurück jedoch zu den olympischen Regatten: Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 durften – auch hier spielte die Politik leider die Hauptrolle – Kanu-Rennsportlerinnen und Kanu-Rennsportler aus M-V nicht starten. Bei den dezentral organisierten „Wettkämpfen der Freundschaft“ in den verschiedenen realsozialistischen Länder, de facto die „Gegen-Olympiade“ des „Ostblocks“, wurden auch Medaillen im Kanu-Rennsport vergeben. Die Wettkämpfe wurden dabei in Berlin-Grünau organisiert. So kam Kathrin Giese vom SC Neubrandenburg zusammen mit Birgit Fischer, Carsta Kühn und Heike Singer auf Platz zwei im K 4 über die 500 Meter hinter der UdSSR.

Von Seoul 1988 nach Sydney 2000

In Seoul 1988 waren dann Ramona Portwich und Anke von Seck vom SC Empor Rostock überaus erfolgreich. Anke von Seck (damals noch Anke Nothnagel) triumphierte zusammen mit Birgit Fischer im K 2 über 500 Meter. Auch im K 4 über 500 Meter gab es Gold für Anke von Seck, zusammen mit Ramona Portwich, Birgit Fischer und Heike Singer.

Vier Jahre später, in Barcelona 1992, triumphierte Ramona Portwich zusammen mit Anke von Seck im K 2 über die 500 Meter. Ausserdem gelang Silber im K 4 über 500 Meter in der Besetzung Katrin Borchert (SC Neubrandenburg, in Waren an der Müritz geboren), Birgit Schmidt, Anke von Seck und Ramona Portwich.

In Atlanta 1996 jubelte Ramona Portwich hingegen über Gold im K 4 über 500 Meter (mit Birgit Schmidt, Anett Schuck und Manuela Mucke) und über Silber im K 2 über 500 Meter (mit Birgit Schmidt). Die inzwischen für Australien startende Katrin Borchert kam dort zusammen mit Anna Wood auf Rang drei. Diese Platzierung wiederholte Katrin Borchert, wiederum für Australien am Start, 2000 in Sydney im K 1 über 500 Meter.

Tja, M-V ist eben ein traditionsreiches Kanusport-Land – nicht nur bei den Herren…

Marko Michels

Foto (Michels): Kanu-Asse aus M-V – Martin Hollstein, Andreas Dittmer und Thomas Lück.

Anmerkung: Bei schwerin-news.de und mv-schlagzeilen.de sind frühere Beiträge zum Kanu-Rennsport in M-V zu lesen! mm

 

 

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