„Körperliche Fitness und geistige Stärke gefragt…“

Nachgefragt bei der Olympiasiegerin im Sportschießen 2016 Barbara Engleder

Das Sportschießen hat auch in M-V eine Erfolgstradition. Foto: M.M.

Vor mehr als einem Jahr begeisterte noch die Sportschützin Barbara Engleder, Jahrgang 1982, Bergschützen Voglarn, mit ihrem Erfolg bei den olympischen Wettkämpfen im Sportschießen in Rio de Janeiro. Seinerzeit gewann Barbara Engleder in der Disziplin „KK-Gewehr 50 Meter Dreistellungskampf“ und hatte maßgeblichen Anteil an der hervorragenden olympischen Bilanz im Sportschießen für das deutsche Team, das auf dreimal Gold, einmal Silber kam.

Zusammen mit Italien (viermal Gold, dreimal Silber) und China (einmal Gold, zweimal Silber, viermal Bronze) gehörte der Deutsche Schützen-Bund zu den „Großen Drei“ im Sportschießen 2016.

Barbara Engleder feierte auch zuvor schon zahlreiche Erfolge, so zwischen 2007 und 2015 sechsmal Team-EM-Gold, Einzel-EM-Gold 2005, Einzel-WM-Gold 2010, Team-WM-Gold 2014 und vier Weltcup-Erfolge. Viermal nahm die Olympiasiegerin 2016 an den Spielen teil: 2004, 2008, 2012 und eben 2016.

Inzwischen beendete Barbara Engleder ihre leistungssportliche Laufbahn.

MV-SPORT fragte nach

Barbara Engleder über ihren Olympiasieg 2016, den Wettkampf in Rio, die sportlichen Höhepunkte ihrer Karriere, ihre Faszination am Sportschießen und ihr Leben nach der leistungssportlichen Karriere

„Um voranzukommen, sind körperliche Fitness und geistige Stärke gefragt…“

Frage: Mehr als 14 Monate liegt der Olympiasieg von Rio zurück… Zurückgeblickt: Wie verlief der Gold-Wettkampf 2016 aus Ihrer Sicht?

Barbara Engleder: Tatsächlich verlief der eigentliche Wettkampf gar nicht nach Plan. Schon am Anfang im Vorkampf verlor ich in den vermeintlich stärkeren Disziplinen wertvolle Ringe, die das eigentliche Ziel – Final-Teilnahme der besten acht Schützinnen – in weite Ferne rücken ließen.

Erst in der letzten Disziplin kam mein „Freund“ der Wind auf und ich konnte meine ganze Erfahrung ausspielen, sodass ich mich Platz um Platz wieder heran kämpfen konnte. Ich selbst bekam von diesem Krimi kaum etwas mit. Ich war voll in meinem Element und versuchte, eine gute Leistung abzuliefern, mit der man sich nicht zu verstecken braucht.

Das gelang mir schon nach dem Vorkampf. Das Finale selbst war dann ein „Selbstläufer“. Alles was mir nur Tage zuvor im Luftgewehr-Finale nicht glücken wollte, klappte und lief „wie am Schnürchen“. Wobei ich natürlich offen zugebe, dass ich kurz vor Schluss einem Herzinfarkt verhängnisvoll nahe stand. Wer in dieser spannenden Situation ruhig bleiben kann, hat aus meiner Sicht ein echtes Problem!

Frage: Sie traten nach diesem großen Erfolg 2016 zurück. Vermissen Sie schon etwas das Sportschießen?

Barbara Engleder: Mein Leben hat sich seither um 180 Grad gedreht. Nur selten schnuppere ich noch zurück in die „alte Zeit“. Mir fehlt diese eigentlich nicht. Das stundenlange Fahren und Training bei jedem Wetter kann man nur schwer vermissen.

Was mir jedoch brutal fehlt – und für was man oft den langen Weg gerne wieder auf sich nehmen würde –  sind für mich die Menschen, die ich tagtäglich beim Training gesehen habe, und meine Freunde, mit denen ich die ganze Welt bereist und viele schöne Erinnerungen teile. Sie fehlen mir am meisten.

Und wenn sich dann wieder eine Gelegenheit ergibt, mein „altes Wohnzimmer“,  die Olympiaschießanlage Hochbrück,  zu besuchen, kann mich fast niemand davon abhalten, auch meinen Trainer oder meine alte Trainingsgruppe zu besuchen.

Frage: Neben dem Olympiasieg 2016… Welches sind für Sie die absoluten sportlichen Höhepunkte Ihrer Karriere?

Barbara Engleder: Mit Sicherheit gibt es den ein oder anderen Erfolg, der noch herausgehoben werden muss, wie zum Beispiel 2005 der Europameistertitel in Tallinn, bei dem ich als erste Europäerin 400 Ringe geschossen habe, oder auch der WM-Titel 2010 im KK 3×20 im eigenen Land und noch viele mehr.

Was mir jedoch immer viel bedeutet hat, waren Mannschaftstitel, wie beispielsweise der erste Bundesliga-Finalsieg mit dem Post-SV Plattling. Mit einer Mannschaft etwas zu gewinnen und zusammen zu feiern, ist und bleibt für mich unerreicht.

Frage: Was war, ist für Sie das Faszinierende, das Besondere beim Sportschießen allgemein?

Barbara Engleder: Anfangs war es für mich nur ein Weg, um endlich auch einmal gewinnen zu können. Erst als es immer weiter nach oben ging, entdeckte ich die wunderbare Vielseitigkeit dieses Sports: Dass man sowohl körperlich fit, als auch geistig stark sein muss, um voran zu kommen…

Die Präzision und das technische Verständnis spielten ebenfalls eine Rolle sowie die vielen Faktoren, welche zusammenspielen müssen, um eine gute Leistung bringen zu können, faszinierten mich an diesem Sport.

Frage: Sie nahmen an vier Olympischen Spielen teil: Unabhängig vom Erfolg… Welche Spiele gefielen Ihnen am besten?

Barbara Engleder: Die allerersten Spiele sind immer etwas ganz Besonderes. Deshalb muss ich eingestehen, dass für mich die Olympischen Spiele in Athen 2004 die schönsten waren, da ich sie am intensivsten erlebt habe.

Letzte Frage: Was sind nun Ihre neuen Aktivitäten?

Barbara Engleder: Ich gehe jetzt viel nach Voglarn ins Schützenhaus, um dort die Jugend zu trainieren. (Anmerkung: Ganz kann man ja doch nicht aufhören!)

Außerdem bin ich viel bei meinen Bienen – und am liebsten verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie, was mir mit Abstand das Liebste ist.

Vielen Dank, dann weiterhin alles erdenklich Gute und maximale Erfolge auf Ihrem weiteren Lebensweg!

Die Fragen stellte Marko Michels.

Zur Info: Die olympischen Wettkämpfe im Sportschießen in Rio de Janeiro 2016

Die erfolgreichsten Nationen im olympischen Sportschießen 2016 waren Italien mit viermal Gold, dreimal Silber, Deutschland mit 3 x Gold, einmal Silber, China mit einmal Gold, zweimal Silber, viermal Bronze, Südkorea sowie Vietnam mit jeweils einmal Gold, einmal Silber waren dabei die erfolgreichsten Schützen-Nationen in Rio.

Insgesamt qualifizierten sich für die fünfzehn olympischen Entscheidungen im Sportschießen – neun bei den Herren und sechs bei den Frauen – 390 Athletinnen und Athleten aus 97 Ländern. Die stärksten Schützen-Aufgebote stellten China (22 Aktive), die USA (20 Aktive), Russland (19 Aktive), Australien (18 Aktive), Südkorea (17 Aktive), Deutschland (15 Aktive) und Italien (14 Aktive).

19 Länder mit olympischen Medaillen

Letztendlich kamen Sportschützinnen und Sportschützen aus 19 Ländern zu olympischen Medaillen in Rio, darunter 10 Staaten zu einer oder zu mehreren olympischen Goldmedaillen.

Historisches gab es auch zu vermelden. Der Sportschütze Hoang Xuan Vinh (Vietnam) gewann im Herren-Wettbewerb mit der Luftpistole die erste olympische Goldmedaille für Vietnam überhaupt bei Olympischen Spielen der Neuzeit. Im dortigen Wettbewerb gewann Felipe Almeida Wu mit Silber die einzige olympische Schützen-Medaille für das Gastgeber-Land Brasilien 2016.

Die US-Amerikanerin Kim Rhode komplettierte hingegen in Rio ihre einzigartige olympische Medaillen-Sammlung weiter. Seit 1996 in Atlanta gewann Kim Rhode stets eine olympische Medaille bei den Spielen, ihre Bilanz lautet dreimal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze. Zudem ist sie unter anderem Weltmeisterin 2010 und zwischen 2003 und 2015 dreifache Siegerin der Panamerikanischen Spiele. In Rio 2016 belegte Kim Rhode Platz drei im Skeet-Wettbewerb – dort triumphierte die Italienerin Diana Bacosi.

Die Olympiasieger 2016 im Sportschießen

Die restlichen dreizehn Goldmedaillen im Sportschießen 2016 gingen – neben den bereits genannten an Hoang Xuan Vinh und Diana Bacosi – an Jing Jong-oh (Südkorea, Freie Pistole), Niccolo Campriani (Italien, Luftgewehr und Kleinkaliber Dreistellungskampf 50 Meter), Josip Glasnovic (Kroatien, Trap), Fehaid Al-Deehani (Unabhängiger Athlet, Kuweit, Doppeltrap), Gabriele Rosetti (Italien, Skeet), Zhang Mengxue (China, Luftpistole), Anna Korakaki (Griechenland, Sportpistole), Virginia Thrasher (USA, Luftgewehr) und Catherine Skinner (Australien, Trap).

Für den Deutschen Schützen-Bund gab es goldene Momente bei den Spielen 2016 durch Christian Reitz (Schnellfeuerpistole), Henri Junghänel (Kleinkaliber liegend, 50 Meter) und Barbara Engleder (Sportgewehr). Silber mit der Sportpistole errang Monika Karsch. Weitere vordere Platzierungen aus deutscher Sicht waren zwei vierte Ränge, ein fünfter Rang und ein sechster Rang.

Europa in Rio am treffsichersten

Nicht zuletzt dank der deutschen Sportschützinnen und Sportschützen war Europa der dominierende Kontinent im Sportschießen in Rio: mit 25 von 45 Medaillen und 9 von 15 Olympiasiegen. In der kontinentalen Rangliste folgen im Sportschießen in Rio hinter Europa dann Asien mit 14 Medaillen bzw. vier Olympiasiegen, der amerikanische Doppelkontinent mit 4 Medaillen bzw. einem Olympiasieg und Australien-Ozeanien mit 2 Medaillen bzw. einem Olympiasieg.

Last but not least: Zu einer olympischen Silbermedaille im Bogenschießen 2016 kam aus deutscher Sicht zudem Lisa Unruh.

M.M.

Olympische Medaillen für Sportschützen aus dem deutschen Nordosten

Montreal 1976 mit Wittenberger Erfolgen 

Vor mehr als 40 Jahren, bei den olympischen Schützen-Wettkämpfen in Montreal, erfüllten zumindest drei deutsche Sportschützen, von denen zwei ihre Wiege in Wittenberge hatten, das damals zum Bezirk Schwerin gehörte, die hohen Erwartungen.

Der gebürtige Wittenberger Norbert Klaar siegte in der Disziplin „Olympische Schnellfeuerpistole“ und der ebenfalls gebürtige Wittenberger Uwe Potteck war die Nummer eins in der Entscheidung „Freie Pistole“. Zudem belegte Karlheinz Smieszek aus Kitzingen den ersten Platz mit der „KK-Büchse, 50 Meter, liegend“ wofür es natürlich stehende Ovationen gab.

In der Endabrechnung lagen die beiden Deutschländer mit 3 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze im olympischen Medaillenspiegel der Schützen 1976 vorn – gefolgt von den USA mit 2 x Gold, 1 x Silber und der Sowjetunion mit 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze.

Demminer Gold in Seoul 1988

Zwölf Jahre später, 1988 in Seoul, war wieder ein Sportschütze aus „M-V“ olympisch „goldig“. Der gebürtige Demminer Axel Wegner siegte in der Konkurrenz „Wurftaubenschießen-Skeet“ vor Alfonso de Iruarrizaga (Chile) und Jorge Guardiola (Spanien). Nach Beendigung der olympischen Schützen-Wettkämpfe 1988 lagen die Mannschaften aus der Sowjetunion mit 4 x Gold, 1 x Silber, 6 x Bronze, den beiden Deutschländern mit 2 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze und aus Jugoslawien mit 2 x Gold, 1 x Bronze an der Spitze.

M.M.

 

 

 

 

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