Höhepunkt war die Olympia-Teilnahme 1972
Im Alter von 76 Jahren ist der ehemalige DDR-Reiter Rudolf Beerbohm aus Rathenow (Brandenburg) am 1. Juni nach unheilbarer Krankheit verstorben.
Höhepunkt seiner sportlichen Karriere war die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 in München. Mit dem Wallach Ingolf (Trakehner Abstammung), den der Militaryreiter vom damals verletzten Volker Tonn übernommen hatte, wurde er Elfter in der Einzelwertung und Fünfter mit der Mannschaft.
Rudolf Beerbohm wurde am 3. November 1941 als Sohn von Landwirten in Willershusen bei Grimmen (Vorpommern) geboren. Sein Onkel Hans Beiersdorf war unter anderem Züchter der Stute Helga, mit der Reitmeister Wolfgang Müller (Löbnitz) 1961 bis 1964 die DDR-Meisterschaft in der Dressur gewann.
Sehr jung kam „Rudi“ Beerbohm über die LPG zu den Pferden, die werktags vor dem Wagen gingen und am Wochenende geritten werden konnten.
Sein reiterlicher Weg führte ihn zunächst zur Gesellschaft für Sport und Technik (GST) nach Halle-Kreuz, wo er von Oskar Piehl trainiert wurde. Nebenbei erlernte er den Beruf eines Besamers für Rinder. 1965 gewann er mit dem Schimmelwallach Schneeball seine erste DDR-Meisterschaft im Springparcours in Berlin-Weißensee. Am 1. Januar 1966 wechselt er zum Sportclub Dynamo, einem Polizeiverein, in Hoppegarten.
Unter Trainer Otto Fiege (DDR-Meister 1959 und 1960) kam er zu ersten Erfolgen in Allenstein (Polen) und Hannover. 1971 holte der uniformierte Reiter mit dem braunen Wallach Hubertus, der ebenfalls Trakehner-Blut in seinen Adern hatte, seine zweiten Republik-Titel, diesmal in der Sonderklasse der Vielseitigkeitsreiter.
„Nach München sind wir damals mit der Gewissheit gefahren, dass danach die Tätigkeit beim Sportclub beendet sein wird“, sagte Rudolf Beerbohm einmal in einem Interview. In der Auflösungsphase des Clubs buhlten viele LPG- und Kreis-Verantwortliche um die erfolgreichen Pferde und Reiter. Mit Ingolf folgte Rudi Beerbohm der Werbung von Rolf Ohle nach Rathenow, wohin auch Trainer Otto Fiege ging. Im Havelland arbeitete der Reiter nach einem Lehrgang wieder als Besamer von Rindern und saß noch bis 1985 aktiv im Springsattel. Die damalige Sportgemeinschaft hatte ihre Pferde in den Stallungen der 1735 errichteten Zieten-Kaserne untergebracht, wo einst der aus Traktor Gülpe entstandene Rathenower Verein seine Heimat fand.
Stolz war der Vater einer Tochter auf das Goldene Reitabzeichen, dass ihm nach der Wende von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) nachträglich für seine Erfolge verliehen wurde. Für die DDR bestritt er insgesamt 16 Nationenpreise im Springparcours.
Erfolge:
16 Nationenpreise im Springreiten
1965 DDR-Meister im Springreiten
1971 DDR-Meister in der Vielseitigkeit
1972 Olympische Spiele in München: 11. in der Einzelwertung und 5. mit der Mannschaft
Text: Hans-Joachim Begall, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes M-V
München ’72
Bei den olympischen Reiterspielen 1972 in München starteten im Einzelwettbewerb der „Military“ (heutiges Vielseitigkeitsreiten) 73 Reitsportler aus 20 Ländern. Es gewann der Brite Richard Meade, der auch in der Team-Konkurrenz Gold mit Großbritannien schaffte. Westdeutschland in der Besetzung Harry Klugmann, Lutz Goessing, Karl Schultz und Horst Karsten wurde in der Team-Konkurrenz, an der 18 Mannschaften teilnahmen, Dritter. Die DDR erreichte Platz fünf in der Besetzung Rudolf Beerbohm, Jens Niehls, Joachim Brohmann und Helmut Gille.
Rudolf Beerbohm war nicht der einzige vorpommersche Military-Reitsportler, der in München dabei war. Der Team-Dritte Harry Klugmann (Jahrgang 1940, RFV Greven) wurde in Stolpe (heutiger Landkreis Vorpommern-Greifswald) geboren. Er ist damit einer von drei Olympia-Teilnehmern aus Stolpe – neben Heinz Radzikowski (Hockey-Olympia-Dritter 1956 mit der gesamtdeutschen Auswahl) und Christian Voigt (Olympia-Teilnehmer in der Leichtathletik über 110 Meter Hürden 1964).
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