Erneuter Weltmeistertitel für das deutsche Flaggschiff mit dem Mecklenburger Hannes Ocik
Am letzten Wettkampftag der Ruder-Weltmeisterschaften in Plovdiv (10.9.18-16.9.18) hat der Deutschland-Achter seinen WM-Titel erfolgreich verteidigt. Sowohl Oliver Zeidler als auch Annekatrin Thiele wurden Sechste im Einer, der Männer-Doppelzweier ruderte auf den fünften Rang und Sylvia Pille-Steppat wurde Vierte im Para-Einer-Finale. Damit hat der DRV als Dritter der Gesamtwertung insgesamt fünf Medaillen (dreimal Gold, einmal Silber und einmal Bronze) bei der diesjährigen WM geholt – drei davon in den nichtolympischen Bootsklassen. Die meisten WM-Medaillen in Plowdiw gewannen die USA mit zehn, darunter auch dreimal Gold. Italien sicherte sich drei WM-Titel. Insgesamt holten 28 Länder Medaillen, darunter 16 Nationen eine oder mehrere Goldmedaillen.
An den Wettkämpfen nahmen auch zwei Ruderinnen und vier Ruderer aus MV teil. Bei den Frauen Marie-Louise Dräger (einst ORC Rostock, jetzt Schweriner RG) im Leichtgewichts-Einer und Frauke Hacker (früher RRC, jetzt ORC Rostock) im Vierer ohne. Das Herren-Quartett bestand neben dem gebürtigen Rostocker Hannes Ocik (Schweriner RG) aus Stephan Krüger (ehemals ORC Rostock, jetzt Frankfurter RG „Germania“ von 1869) im Doppelvierer, Felix Drahotta (früher Rostocker RC von 1885, jetzt Bayer Leverkusen) im Vierer ohne und Marcus Klemp (Ribnitzer SV) im Para-Rudern. Neben Hannes Ocik erreichte nur Felix Drahotta das A-Finale, wo er schließlich Platz Sechs erreichte.
Zum Herren-Achter…
PM: DRV, Judith Garbe, DRV:
Aufgrund des angekündigten Windes hatte das FISA-Fairness-Committee im Vorfeld der Finals die Bahnen neu verteilt.
Der Deutschland-Achter ging auf Bahn fünf ins Rennen. Johannes Weißenfeld (Ruderclub ‚Westfalen‘ 1929 e.V. Herdecke), Felix Wimberger (Passauer Ruderverein von 1874 e.V.), Maximilian Planer (Bernburger Ruderclub e.V.), Torben Johannesen (Ruder-Club Favorite Hammonia), Jakob Schneider (Ruderklub am Baldeneysee e.V.), Malte Jakschik (Ruderverein Rauxel von 1922 e.V.), Richard Schmidt (Ruderverein ‚Treviris 1921‘ e.V.), Schlagmann Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft von 1874/75 e.V.) und Steuermann Martin Sauer (Berliner RC) hatten sich fest vorgenommen, ihren Titel zu verteidigen.
Und so gingen die Jungs von Trainer Uwe Bender das Rennen auch an. Nach einem zügigen Start konnte sich das DRV-Flaggschiff schnell einige Meter von der Konkurrenz lösen und lag nach 500 m knapp eine Sekunde vor den Australiern und Briten. Auf der zweiten Teilstrecke konnte das deutsche Boot seinen Vorsprung verdoppeln und als Führender auf die zweite Streckenhälfte gehen. Das Boot aus Großbritannien auf der Außenbahn versuchte, die Lücke etwas zu schließen, doch die Deutschen hielten dagegen. Angefeuert von den Zuschauern auf der ausverkauften Tribüne ging es auf die letzten 500 m. Mit ihrer Erfahrung und Abgeklärtheit ruderte das DRV-Flaggschiff den Sieg souverän ins Ziel – vor Australien, Großbritannien, den USA, Italien und Rumänien.
„Wir hatten uns vorgenommen, vorne stramm und zügig rauszufahren und dem Rennen als Titelverteidiger schnell unseren Stempel aufzudrücken. Das hat auf den ersten 1.000 m auch gut geklappt. Unser Steuermann Martin Sauer hat schon vor dem Rennen gesagt, dass die dritten 500 m die Entscheidenden sind – das haben wir dann auch gut gelöst. Am Ende haben dann die Briten noch einmal versucht, uns anzugreifen, aber das hat nicht geklappt. Jetzt sind wir einfach super happy über die Goldmedaille“, freut sich Schlagmann der gebürtige Rostocker Hannes Ocik, der für die Schweriner Rudergesellschaft startet, nach dem Rennen.
Interview
Christian Kohlhof, Vorsitzender der Schweriner Rudergesellschaft, über den Erfolg von Hannes Ocik und das WM-Resultat von Marie-Louise Dräger
„Der Deutschland-Achter ist derzeit das Maß aller Dinge…“
Frage: Der Deutschland-Achter hat seinen Titel verteidigt. Wie beurteilen Sie die WM-Entscheidung?
Christian Kohlhof: Das war ein super Rennen. Es wird schon daran deutlich, dass die ersten vier Boote alle binnen zwei Sekunden über die Ziellinie gefahren sind. Der Deutschland-Achter mit Hannes ist aber zur Zeit das Maß aller Dinge, und wir freuen uns sehr, dass Hannes Ocik Teil dieses Teams ist.
Frage: Was zeichnet Hannes Ocik aus?
Christian Kohlhof: Rudern ist Team-Sport, insofern ist Hannes’ Leistung im Boot nicht nur aus sportlicher Hinsicht entscheidend, sondern auch, was das Gemeinschaftsgefühl angeht. Und da macht dem Deutschland-Achter so schnell keiner was vor.
Frage: Kurz auch ein paar Worte zur Wahl-Schwerinerin Marie Dräger, die in Plowdiw im leichten Frauen-Einer startete…
Christian Kohlhof: Sie hat es nur ins Finale B geschafft, was sehr schade ist. Diese Saison war nicht optimal, Stichwort EM. Wir sind sicher, dass Marie bald wieder ganz vorn mitfahren kann.
Vielen Dank!
M.M.
Historisches zum Rudersport
Blick zum olympischen Herren-Achter aus M-V-Sicht
Aus M-V-Blickwinkel konnten bislang vierzehn Ruderer olympisches Edelmetall in der Königsdisziplin erringen, so Werner Klatt, Hans-Joachim Lück, Ulrich Karnatz (2 x), Karl-Heinz Prudöhl, Karl-Heinz Danielowski, Ulrich Kons, Karl-Heinz Groddeck (2 x), Klaus Aeffke, Hans-Jürgen Wallbrecht, Peter Thiede, Manfred Schneider, Hans Sennewald, Felix Drahotta und Hannes Ocik.
Goldene Momente erlebte 1960 in Rom Karl-Heinrich von Groddeck (Ratzeburger RC) – das erste Achter-Gold für Deutschland, seinerzeit vor Kanada und der Tschechoslowakei. In Tokyo 1964 folgte für den gebürtigen Tutower (Vorpommern) Silber, u.a. zusammen mit dem gebürtigen Neustrelitzer Klaus Aeffke und dem in Neubrandenburg geborenen Hans-Jürgen Wallbrecht (beide ebenfalls für den Ratzeburger RC startend) – auf Platz eins ruderte sich das US-Team. Sein erstes Olympia-Silber sicherte sich von Groddek übrigens schon 1956, mit der gesamtdeutschen Mannschaft im ‚Zweier mit‘.
In Montreal 1976 jubelten gleich fünf Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock über Gold: Werner Klatt, Hans-Joachim Lück, Ulrich Karnatz, Karl-Heinz Prudöhl und Karl-Heinz Danielowski. Der DDR-Achter verwies damals Großbritannien auf Platz zwei. Vier Jahre später, in Moskau 1980, waren wieder zwei Ruderer des ASK Vorwärts Rostock am Achter-Gold der DDR beteiligt: erneut Ulrich Karnatz und zudem Ulrich Kons. Wieder wurde Großbritannien auf Rang zwei distanziert.
Weitere olympische Medaillen gewannen 1972 der gebürtige Schweriner Manfred Schneider (SC Dynamo Berlin – Bronze mit dem DDR-Team), 1992 Hans Sennewald (Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock – Bronze im BRD-Boot) und 1996 der gebürtige Ueckermünder Peter Thiede (unter anderem ASK Vorwärts Rostock, Olympischer Ruder-Club von 1956 Rostock, RC Hansa Dortmund – Silber mit der vereinten deutschen Mannschaft).
Die Entscheidung von Rio 2016
Bei den vorerst letzten Olympischen Spielen 2016 in Rio konnten „zwei Neue“ aus M-V, also die „Nummern 13 und 14“, Edelmetall errudern – und zwar der gebürtige Rostocker Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft) und der gebürtige Bad Doberaner Felix Drahotta (früher Rostocker Ruder-Club von 1885, jetzt Bayer Leverkusen).
Die weltmeisterlichen Achter-Regatten der Herren
Zwischen den ersten Ruder-WM 1962 in Luzern und den vorerst Letzten 2018 in Plowdiw triumphierten die Deutschen Achter insgesamt achtzehnmal. An den Goldenen waren elfmal Ruderer aus M-V beteiligt. Als sich das (west-)deutsche Boot ’62 den ersten Titel sicherte waren mit an Bort Klaus Aeffke, Hans-Jürgen Wallbrecht und Karl-Heinrich von Groddeck.
Besonders erfolgreich war der gebürtige Rostocker Ulrich Karnatz (ASK Vorwärts Rostock). Er avancierte zum vierfachen Weltmeister (1975, 1977, 1978 und 1979) und zweifachen Olympiasieger (1976 in Montreal und 1980 in Moskau). Der gebürtige Ueckermünder Peter Thiede (bis 1992 ASK Vorwärts Rostock/ORC Rostock) wurde in der Königsklasse dreimal Weltmeister (1993, 1995 und 2006). Bei viermaliger Teilnahme an Olympischen Spielen (1992 im Zweier mit, 1996, 2004 und 2008 im Achter) sprang jedoch nur einmal Edelmetall heraus: Silber ’96).
Die aktuellsten WM-Goldenen für M-V sicherte sicherte 2017 und 2018 Hannes Ocik (Schweriner Rudergesellschaft).
Insgesamt wurden zwischen der ersten WM überhaupt (1962 in Luzern) und der vorerst letzten Welttitelkämpfen (2018 in Plowdiw) 37 Entscheidungen im Herren-Achter ausgetragen. Hinter Deutschland mit 18 Titeln rangieren die USA (sieben Titel), Großbritannien bzw. Kanada (jeweils drei Titel), Neuseeland bzw. die Sowjetunion (jeweils zwei Titel) und Australien bzw. Rumänien (je ein Titel).
M.Michels