Rudersportlicher Countdown bis Sarasota

In sieben Wochen finden die Elite-Ruder-WM 2017 statt…

Foto (Michels): Idyllisch – Rudern vor dem Schweriner Schloss.

Die Ruder-Elite-Weltmeisterschaften 2017 in Sarasota/USA rücken immer näher. In knapp sieben Wochen, vom 24.September bis 1.Oktober, werden die deutschen Ruderinnen und Ruderer beim rudersportlichen Höhepunkt des Jahres 2017 wieder maximale Erfolge anstreben. Goldene Ziele hat dabei Hannes Ocik, der gebürtige Rostocker, der für die Schweriner Rudergesellschaft startet, mit dem Deutschland-Achter.

Die vorerst letzten kompakten Ruder-WM, in den olympischen, nicht-olympischen und paralympischen Ruder-Disziplinen, wurden 2015 in Aiguebelette präsentiert, als Medaillen in 26 Entscheidungen vergeben wurden. Seinerzeit war Großbritannien mit 5 x Gold, 9 x Silber, 1 x Bronze am besten. Deutschland kam auf 3 x Gold, 4 x Silber, 2 x Bronze.

Bei den WM 2016 in den nichtolympischen bzw. -paralympischen Bootsklassen in Amsterdam waren die Briten mit 3 x Gold, 1 x Bronze die Nummer eins. Deutschland schaffte jeweils 1 x Gold, Silber bzw. Bronze.

In Rio 2016, bei den dortigen olympischen und paralympischen Ruder-Konkurrenzen, war ebenfalls Großbritannien die Ruder-Nation mit 6 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze. Die deutschen Ruderinnen und Ruderer erkämpften in Rio 2 x Gold, 1 x Silber.

Rudersportlicher Blick auf den Sportsommer 1976

Im Sportsommer 1976, vor mehr als 40 Jahren, fanden die olympischen Ruder-Wettkämpfe in Nordamerika, in Montreal (Kanada), statt.

Auf dem Bassin olympique Ile Notre-Dame wurden die Ruder-Wettbewerbe der 21.Olympischen Spiele in Montreal ausgetragen. Vierzehn Entscheidungen standen auf dem Programm und das Bemerkenswerteste daran war, dass sechs davon für das Frauen-Rudern ausgeschrieben werden. Ja, es dauerte tatsächlich 80 Jahre, 80 Jahre nach den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen, bis endlich auch das Frauen-Rudern Aufnahme in das olympische Programm fand.

Europa, insbesondere der Ostblock, führend

Die olympischen Goldmedaillen im Frauen-Rudern teilten sich 1976 die DDR (vier: Einer, Doppelvierer, Vierer mit sowie Achter) und Bulgarien (zwei: Doppelzweier, Zweier ohne). Von 18 Medaillen gingen 15 an die Ostblock-Nationen. Lediglich der Amerikanerin Joan Lind (Einer, Silber), dem westdeutschen Zweier ohne (Bronze) und dem USA-Frauen-Achter (Bronze) gelang es, die Phalanx des Ostblocks im Frauen-Rudern zu durchbrechen. Auch bei den Herren war die DDR führend – mit 5 x Gold (Zweier ohne, Zweier mit, Doppelvierer, Vierer ohne, Achter). Die restlichen drei Goldmedaillen erkämpften Finnland (eine dank Pertti Karppinen im Einer), Norwegen (eine: Doppelzweier) und die UdSSR (eine: Vierer mit).

Insgesamt nahmen 205 Ruderinnen und 388 Ruderer aus 31 Nationen an den olympischen Ruder-Konkurrenzen in Montreal 1976 teil.

Erstaunlich aus heutiger Sicht: Von 42 Ruder-Medaillen erkämpfte Europa 38. Der amerikanische Doppel-Kontinent kam durch die USA zu drei Plaketten und Australien-Ozeanien holte dank Neuseeland eine Medaille (Bronze im Herren-Achter).

Übersichtliches Feld

Überhaupt war das Feld der Medaillen-Nationen im olympischen Rudern 1976 sehr übersichtlich: Deutschland errang 18 Medaillen (DDR vierzehn, Westdeutschland vier), die Union der fünfzehn sozialistischen Sowjetrepubliken 9, Bulgarien bzw. die USA je drei, Norwegen, Großbritannien bzw. Tschechien je zwei sowie Finnland, Rumänien und Neuseeland je eine.

Für Schlagzeilen sorgte der Ausgang der Herren-Einer-Entscheidung, die unter dem Stichwort „Kolbenfresser“ fungierte. Der Finne Pertti Karppinen fing seinerzeit den hohen westdeutschen Favoriten Peter-Michael Kolbe noch ab und gewann Gold. Wie sich herausstellte, hatte Kolbe seinerzeit eine so genannte „Vitaminspritze“ erhalten…

Allerdings schaute und schaut man mehr als 40 Jahre danach im „Westen“ darauf  nicht so genau hin. Dafür muß dann halt der „Osten“ in Sachen „Doping“ herhalten. Viel sportliches Pharisäertum also – ganz „deutsch-deutsch“…

Nun gut, das ist Vergangenheit, die „so oder so“ noch intensiv aufgearbeitet wird, da sollte sich niemand in Ost wie West irgendeiner Illusion hingeben. Die Mühlen mahlen mitunter langsam, aber sie mahlen!

Blick nach vorn

Schön, dass es aber auch Erfreuliches zu vermelden gibt. Deutschland hat sich hinter den Briten als zweitbeste Ruder-Nation etabliert – mit „Luft nach oben“.

 

Olympisches Rudern und M-V

Ansonsten war das Achter-Rudern, wie das Rudern allgemein,  aus M-V-Sicht stets eine Erfolgsgeschichte.

Bereits in Montreal 1976 gab es durch die 1956 in Stralsund geborene Monika Kallies Olympia-Gold im Achter und durch die 1954 in Neukalen zur Welt gekommenen Anke Borchmann ebenfalls Olympia-Gold im Doppelzweier. Die heutige Wahl-Schwerinerin Petra Boesler (verheiratete Wach) holte Silber im Doppelzweier.

Insgesamt waren deutsche Achter bei Olympia sechsmal auf Rang eins (Bundesrepublik 1960, 1968, 1988, DDR 1976 und 1980, vereint 2012). Dabei ruderten im goldenen DDR-Achter in Montreal 1976 auch fünf Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock mit Werner Klatt, Joachim Lück, Ulrich Karnatz, Karl-Heinz Prudöhl und Karl-Heinz Danielowski. In Moskau 1980 jubelten ebenfalls zwei Ruderer vom ASK Vorwärts Rostock über Olympia-Gold, erneut Ulrich Karnatz und Ulrich Kons.

Die beste Achter-Flotte bei den Herren in der olympischen Historie hatten jedoch die USA mit 12 x Gold, vor Deutschland mit 6 x Gold, Kanada und Großbritannien mit jeweils 3 x Gold, Neuseeland sowie den Niederlanden mit 1 x Gold.

Bei den Spielen 1992 in Barcelona war auch Hans Sennewald (bis 1990 ASK Vorwärts Rostock, nach 1990 Olympischer Ruder-Club Rostock) Mitglied des bronzenen Deutschland-Achters und der gebürtige Ueckermünder Peter Thiede, vor 1990 ASK Vorwärts Rostock, nach 1990 Olympischer Ruder-Club Rostock sowie Ruder-Club Hansa Dortmund, erkämpfte in Atlanta 1996 Silber mit dem Deutschland-Achter.

Weitere Höhepunkte im Herren-Achter für M-V

Das erste olympische Achter-Gold aus M-V-Sicht erkämpfte Karl-Heinrich von Groddeck, der in Tutow (Landkreis Vorpommern-Greifswald) geboren wurde. Er sicherte sich Olympia-Gold mit dem Deutschland-Achter 1960 in Rom und zudem Olympia-Silber 1964 in Tokyo. In Tokyo waren unter anderem auch der gebürtige Neustrelitzer Klaus Aeffke und der gebürtige Neubrandenburger Hans-Jürgen Wallberg mit „an Bord“. Des Weiteren errang Karl-Heinrich von Groddeck Olympia-Silber 1956 in Melbourne mit dem „Zweier mit“, 1962 schaffte er auch WM-Gold im Achter sowie 1959, 1963 und 1964 jeweils EM-Gold im Achter.

Eine olympische Bronzemedaille errang vor 44 Jahren bei den Olympischen Spielen 1972 in München der Schweriner Manfred Schneider im DDR-Achter.

Bei den Weltmeisterschaften im Achter (Herren) seit 1962 gab es bislang 16 WM-Titel für deutsche Achter (Bundesrepublik 4, DDR immer mit M-V-Beteiligung 5 x Gold zwischen 1970 und 1979, vereintes Deutschland 7 x Gold). Die USA holten auch 7 x WM-Gold, Großbritannien 3 x WM-Gold, die UdSSR, Kanada und Neuseeland je 2 x WM-Gold und Australien sowie Neuseeland jeweils 1 x WM-Gold.

Blick zum Frauen-Achter

Der „Deutschländerinnen-Achter“ stand zwar nie so sehr im medialen Fokus, aber war deshalb nicht minder erfolgreich als die Herren der Ruder-Schöpfung.

Bei den WM seit 1974 sind deutsche Achter der Frauen bislang fünfmal erfolgreich gewesen (DDR mit 3 x Gold, das vereinte Deutschland mit 2 x Gold). Bei den olympischen Ruder-Regatten seit 1976 ist Deutschland – dank der DDR – mit 3 x Gold zusammen mit den Rumäninnen, die ebenfalls auf 3 x Gold kommen, auch im Frauen-Achter „Spitze“, wobei im goldenen Frauen-Achter 1976 mit Monika Kallies auch eine gebürtige Stralsunderin aktiv und im goldenen Olympia-Achter 1988 die gebürtige Wismarerin Kathrin Haacker dabei war. Kathrin holte sich unter anderem mit der gebürtigen Kühlungsbornerin Dana Pyritz noch Olympia-Bronze 1992 mit dem vereinten deutschen Achter-Boot.

Überhaupt schrieb Kühlungsborn Ruder-Geschichte, die beiden Zwillingsschwestern Dana und Anja Pyritz, 1970 in Kühlungsborn geboren, belebten die deutsche Ruder-Szenerie sehr erfolgreich. Dana gewann beispielsweise, wie bereits genannt, Olympia-Bronze 1992 und mit der Schwerinerin Doreen Schnell im Jahr 1994 ebenfalls WM-Gold. Anja schaffte hingegen mit der Rostockerin Nicole Zimmermann „Gleiches“ und erkämpfte den WM-Titel 2003.

Die beiden Zwillingsschwestern ruderten auch gemeinsam in den bronzenen Achtern von 2001 bzw. 2002.

Apropos Nicole Zimmermann aus Rostock: Diese feierte bis 2006 zahlreiche Erfolge im Frauen-Achter. So wurde sie 1997/98 Junioren-Weltmeisterin, 2002 WM-Dritte, 2003 Weltmeisterin und 2006 WM-Zweite. Bei Olympia 2004 gab es Platz 5.

Die bisherigen WM-Titel im Frauen-Achter seit 1974 gingen an Deutschland (5), die UdSSR (7), Rumänien (8), Australien (2), die USA (10) und Kanada (1). Die Olympiasiege im Frauen-Achter seit 1976 teilten sich die DDR (3), die USA (3), Rumänien (3) und Kanada.

Nun „ruft“ aber Sarasota!

Marko Michels

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