„Spannende Finalspiele in Heringsdorf und in Pyeongchang…“
Der PrÀsident des Eissportverbandes M-V, Jens Hallaschk, zum Eissport-Geschehen zwischen MV und Pyeongchang
Die 23.Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang sind wieder sportliche Vergangenheit. Im Eissport, also im Schlittensport, im Eisschnelllauf, im Short Track, im Eiskunstlaufen, im Curling, und im Eishockey, wurden 42 Goldmedaillen vergeben.
Deutsche Athletinnen und Athleten erlebten auf dem olympischen Eis in Pyeongchang ebenfalls einige Goldmomente. Aliona Savchenko/Bruno Massot gewannen das Paarlaufen. Im Schlittensport sorgte das deutsche Team um Natalie Geisenberger, Mariama Jamanka bzw. Lisa Buckwitz und Francesco Friedrich fĂŒr Gold-Fahrten. Das deutsche Herren-Eishockey-Team erreichte sensationell Silber.
Wie beurteilt nun Jens Hallaschk, der PrÀsident des Eissportverbandes M-V, das olympische Geschehen auf dem Eis in Pyeongchang?!
Nachgefragt bei Jens Hallaschk
Jens Hallaschk ĂŒber die Eissport-WettkĂ€mpfe in Pyeongchang und in M-V
„Spannende Finalspiele in Heringsdorf und in Pyeongchang…“
Frage: Nicht nur in Pyeongchang wurde im Februar 2018 Eishockey gespielt, sondern auch in Rostock, in der Oberliga Nord (Qualifikationsrunde) mit den Rostock Piranhas, und in Heringsdorf bei einem Freizeit-Turnier, bei dem Sie auch aktiv waren. Wie endete das Heringsdorfer Turnier?
Jens Hallaschk: Trotz der kurzen Nacht und dem Energie raubenden olympischen Finale im Eishockey ab 5.10 Uhr waren wir mit den Schamasen, einem Eissportverein aus Heringsdorf, erfolgreich.
Besonders stolz bin ich auf die Schamasen Juniors, die sich ohne Niederlage  ins Halbfinale gespielt haben, dort zwar den Adendorfern unterlagen und im Spiel um Platz 3 ebenso eine Niederlage gegen ein starkes Team mit ehemaligen WeiĂwasser Profispielern bzw. einigen Freizeitspielern hinnehmen mussten.
Wenn man aber bedenkt, das in der schnellsten und hĂ€rtesten Sportart der Welt acht- bis fĂŒnfzehnjĂ€hrige gegen erfahrene MĂ€nner antreten, ist der vierte Platz von acht Mannschaften eine ganz groĂe Leistung.
Die Krone setzte dem sonnig-verschneitem Wochenende die Senioren-Mannschaft auf. Denn diese besiegte das Team mit den WeiĂwasseraner Cracks im Halbfinale klar mit 4:0 und gewann das Finale gegen Adendorf im PenaltyschieĂen nach einem 2:2 mit 3:2. Den SpaziergĂ€ngern an der Heringsdorfer Strandpromenade machte es sichtlich Freude, solch spannende Finalspiele bei bestem Sonnenschein zu erleben.
Frage: Von Heringsdorf noch einmal nach Pyeongchang… Wie beurteilen Sie die Ergebnisse im Schlittensport, im Eiskunstlaufen, im Eisschnelllaufen und im Herren-Eishockey aus deutscher Sicht? Wer beeindruckte Sie besonders?
Jens Hallaschk: Insgesamt möchte ich neben den MedaillentrĂ€gern auch den Sportlern danken, welche in den Platzierungen landeten und ihr Bestes gaben. Nicht wenige deutsche Spitzenathleten haben knapp mit einem vierten Platz die Spiele beendet, denen ein ebensolcher Respekt gebĂŒhrt wie der Siegerin bzw. dem Sieger. Claudia Pechsteins achter Rang – auch groĂe Klasse. Schade, dass nicht auch jĂŒngere Athletinnen die Olympia-Norm schafften und von ihren Erfahrungen profitieren konnten.
Den Eishockey-Cracks hat ganz Deutschland die Daumen gedrĂŒckt – und fast hĂ€tte der Wille und FleiĂ der Deutschen russisches Talent geschlagen. Olympisches Silber im Eishockey ist natĂŒrlich eine Leistung, die nicht im die SportgeschichtsbĂŒcher eingehen wird, sondern auch dieser Sportart in Deutschland Aufwind verschaffen wird.
Die Zwei-Minuten-Strafzeit der russischen Eishockey-Mannschaft kurz vor dem Ende der regulĂ€ren Spielzeit hĂ€tte ich bei einem 3:2 Spielstand ohne Torschuss runter gespielt. …Das heiĂt, man hĂ€tte versuchen sollen, die Scheibe in den eigenen Reihen zu halten, sogar ins eigenen Drittel zurĂŒck zu spielen. Dann hĂ€tten die Gegner offensives Forechecking spielen mĂŒssen und wĂ€ren dabei ein hohes Konter-Risiko eingegangen.
Die russischen Spieler aber haben den Angriff in Ăberzahl abwehren können und sind beim Bully im deutschen Drittel sogar in der glĂŒcklichen Lage gewesen, den Torwart heraus zu nehmen und mit einem Spieler zu ersetzen.
Das war schon groĂes GlĂŒck, dass dann auch noch die Scheibe mit einem „Klatscher“ von Gussew zum 3:3 im deutschen Tor landete. Die Strafe in der Overtime wurde von vielen als ungerechtfertigt bewertet, weil der SchlĂ€ger von Patrick Reimer ohne sein Zutun von einem russischen Spieler ins Gesicht eines Anderen gehebelt wurde, entsprach streng genommen aber dem Regelwerk.
In der VerlÀngerung wird aber nur mit vier Feldspielern und einem Torwart gespielt. Eine Zeitstrafe in dieser Konstellation ist meist spielentscheidend, weil das Tor mit drei Akteuren gegen vier Spieler schwer zu verteidigen ist.
Das in einem olympischen Finale nicht die Spieler ein solches entscheiden dĂŒrfen, ist natĂŒrlich schade ,zumal die deutsche Mannschaft in weiten Strecken deutlich besser agierte als die Russen. Aber hinterher ist ein jeder schlauer. Freuen wir uns lieberÂ ĂŒber ein unvergessliches Eishockey Finale und die Silbermedaille.
Frage: Speziell zu den olympischen Eishockey-Turnieren der Frauen und der MĂ€nner: Wie ist Ihre Meinung zum Niveau und zum Ausgang der beiden Turniere? Was zeichnete die Sieger-Teams bei den Frauen und bei den Herren aus?
Jens Hallaschk: Bei den Frauen hat das Niveau stark zugenommen, so dass es vorstellbar wĂ€re, dass es irgendwann mal Mixed-Teams geben wird. Im Frauen-Finale zwischen Kanada und USA wurde der FleiĂ und Kampf der Amerikanerinnen belohnt. Sie setzten sich nach 20 Jahren gegen die schnelleren und technisch besseren Rekord-Olympiasiegerinnen aus Kanada im PenaltyschieĂen durch.
Die europÀischen Teams kommen an die gut ausgebildeten Nordamerikanerinnen noch nicht ganz heran. Aber die Beliebtheit dieser Sportart nimmt deutlich zu. So haben sich in den letzten Wochen zum Beispiel in Heringsdorf elf neue MÀdchen zum Eishockeytraining bei den Schamasen angemeldet.
Das Niveau beim MĂ€nner-Turnier wurde durch das Fehlen der NHL-Stars –  bedingt durch den Geiz der NHL-Verantwortlichen (unter anderem Gary Bettman), die fĂŒr eine Olympia-Teilnahme ihrer NHL-Stars nicht nur wie bisher einen zweistelligen Millionenbetrag fĂŒr deren Versicherung, Transport, Unterkunft und Entourage vom IOC forderten sondern nun auch eine Beteiligung an den TV-Einnahmen forderten –  geprĂ€gt.
Das Turnier ohne NHL-Stars ist aber kein bisschen langweiliger oder unspektakulĂ€rer. Im Gegenteil – wie wir alle gesehen haben, ist es sogar spannender!
So freut mich, dass der NHL-Poker nach hinten losging und kĂŒnftig bei einer Teilnahme der NHL-Stars das IOC keine Transferkosten mehr aufbringen wird.
Denn RenĂ© Fasel, der PrĂ€sident des Internationalen Hockey-Verbandes (IIHF), sagt: „Wenn die NHL im Jahr vier Milliarden umsetzt, kann sie die paar Millionen fĂŒr eine Olympiateilnahme schon selbst aufbringen.“
AuĂerdem sind die TV-VertrĂ€ge fĂŒr die Spiele von 2022 in Peking mit den nordamerikanischen TV-Titanen lange abgeschlossen und nicht an die Teilnahme der NHL-Stars gekoppelt.
…Was die Turnier-Siegerinnen und -Sieger auszeichnete?! Turniersieger wurde jeweils das Team, welches auch in aussichtslosen Spielsituationen weiter gekĂ€mpft, das GlĂŒck gefordert und die Nerven behalten hat.
Frage: Im Eiskunstlaufen sorgten Aliona Savchenko/Bruno Massot nach 66 Jahren wieder fĂŒr olympisches Paarlauf-Gold fĂŒr die Deutsche Eislauf-Union. Wie beurteilen Sie den Stellenwert des Eiskunstlaufens in Deutschland? Bis auf das Paarlauf-Duo kam dort aus deutschem Blickwinkel leider niemand in Medaillen-NĂ€he…
Jens Hallaschk: Der Stellenwert und die Beliebtheit von Eiskunstlaufen sind schon sehr hoch in Deutschland. Doch fehlt merklich das Bewusstsein, dass wesentliche Erfolgsbausteine in dieser Sportart ausreichende TrainingsflÀchen bzw. ausreichende Eiszeiten sind.
HĂ€ufig gibt es zwar eine Eis-Arena, die Zeiten in denen Nachwuchsarbeit bis hin zum Leistungssport betrieben werden können – vor und nach der Schule – sind in deutschen Hallen aber zwölffach ĂŒberbucht. So lange wir diesen Missstand nicht erkennen, werden wir im Eiskunst- und Eisschnell-Laufen nicht kontinuierlich zur Weltspitze gehören.
Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement fĂŒr den Eissport in M-V!
M.Michels