„Wollen nicht als Touristen nach Südkorea fliegen…“

Oliver Kraus vom Deutschen Snowboard Verband über die kommenden Herausforderungen für das deutsche Snowboard-Team

Mag auch mehr oder minder intensiv die Sonne vom Himmel scheinen – die wirklich „coolen“ Athletinnen und Athleten haben schon fest das winterliche Pyeongchang im Februar 2018 im Blick. Denn: Erfolgreiche Winter-Sportlerinnen und -Sportler werden bekanntlich im Sommer „gemacht“, wobei mit „machen“ nicht unbedingt „zeugen“ gemeint ist, sondern hartes Training im Hinblick auf eine möglichst medaillenträchtige Wintersport-Saison für Schwarz-Rot-Gold. Das gilt auch für die Snowboarderinnen und Snowboarder…

Vor vier Monaten, im März 2017, ging es bei den Ski-Freestylern und eben den besagten Snowboardern in der Sierra Nevada noch ganz weltmeisterlich zu. 26 Entscheidungen standen dort auf dem Programm und die USA bzw. Frankreich waren mit jeweils dreizehnmal Edelmetall am erfolgreichsten, wobei sich sechs Titel die USA sowie vier Titel Frankreich sicherten.

Stark präsentierten sich auch die Schweizer mit sieben Medaillen, aber ohne Titel, die Österreicher mit sechs Medaillen (darunter vier Titel) und Japan, Australien bzw. Kanada mit jeweils fünf Medaillen. Japan schaffte dabei drei Titel, Australien zwei und Kanada einen.

Im Ski-Freestyle erkämpfte der Japaner Ikuma Horishima zweimal Gold. Die Australierin Britteny Cox war im Ski-Freestyle einmal erfolgreich. Deren Landsmann Scott James kam dann im Snowboarden noch zu einer weiteren Goldmedaille für „Down Under“. Chinas Cai Xuetong jubelte über einmal Snowboard-Gold und der Österreicher Andreas Prommegger triumphierte sogar zweimal.

Die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gingen – trotz guter Leistungen – leider leer aus.

In knapp sieben Monaten beginnen allerdings die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang.

Was kann man, was darf man von deutschen Snowboarderinnen und Snowboardern mit Blickrichtung Olympia 2018 erwarten?!

Nachgefragt bei Oliver Kraus, Pressesprecher des Deutschen Snowboard Verbandes

Oliver Kraus über die kommenden Herausforderungen für die deutschen Snowboarderinnen bzw. Snowboarder, die olympischen Ambitionen aus deutscher Sicht, die Talente-Situation hierzulande, die 2003er Weltmeisterin Isabella Laböck und das eigene „Aktiv sein“

„Wollen nicht als Touristen nach Südkorea fliegen…“

Frage: Erfolgreiche Wintersportler werden ja im Sommer gemacht… Wo schwitzen derzeit die deutschen Snowboarderinnen und Snowboarder? Auch wieder in der Skihalle in Wittenburg?

Oliver Kraus: Die Boardercrosser sind derzeit am Kitzsteinhorn, ehe diese im Herbst zum Weltcup nach Argentinien reisen. Die Freestyler fliegen demnächst nach Neuseeland, während für die alpinen Snowboarder im Herbst ein Trip nach Skandinavien ansteht. Davor geht es für sie aber erst noch in die Schweiz.

Frage: Welche olympischen Ambitionen hat das deutsche Snowboard-Team für Pyeongchang?

Oliver Kraus: Natürlich wollen wir nicht als Touristen nach Südkorea fliegen, sondern vielmehr an unsere tollen Ergebnisse der Raceboader in Sotschi anknüpfen. Im Snowboardcross und Slopestyle haben wir das Zeug für die Top-Acht. Und: Wenn wir erst einmal so weit sind, ist „am Tag X“ alles drin…

Frage: Die Weltmeisterin von 2013 und zweifache Olympia-Teilnehmerin 2010 bzw. 2014 Isabella Laböck beendete ja ihre leistungssportliche Karriere im Frühjahr 2017. Was zeichnete „Bella“ aus Ihrer Sicht aus?

Oliver Kraus: Bella hat ein starker Wille und Ehrgeiz ausgezeichnet, nie aufzugeben, auch wenn Rückschläge sie zurück warfen. Dank dieses Durchhaltevermögens und ihrer Nervenstärke konnte sie sich den Traum vom Weltmeistertitel 2013 erfüllen. Außerdem trägt Bella ihr Herz auf der Zunge, wodurch man immer weiß, woran man bei ihr ist.

Frage: Wie ist ansonsten der Zuspruch der Sport-Talente zum Snowboarden in Deutschland?

Oliver Kraus: Wir stehen als Spitzenverband in regem Kontakt mit den Landesverbänden und sind gemeinsam mit ihnen bis hinunter zur Basis und den regionalen Clubs aktiv. Außerdem werden alternative Programme, wie die Einbindung örtlicher Ski- und Snowboardschulen, immer wichtiger. Hinzu kommt ein für alle Disziplinen gültiges Wettkampf- und Trainingssystem als Basis.

Unsere Bemühungen, den Nachwuchs zu fördern und kontinuierlich an die Weltspitze heranzuführen, machen sich bezahlt bzw. lohnen sich. Dass unser Konzept aufgeht, belegen nicht nur die Medaillen bei Junioren-Weltmeisterschaften, sondern auch die erfolgreiche Eingliederung der Talente in unsere Weltcup-Teams.

Letzte Frage: Wie oft sind Sie selbst noch auf dem Brett?

Oliver Kraus: Leider viel zu selten, weil die Hauptarbeit am Wochenende anfällt – und das die Zeit wäre, mit der Familie selbst ein paar Schwünge in den Schnee zu ziehen.

Vielen Dank, weiterhin bestes Engagement fürs Snowboarden und öfter mal selbst aufs Brett!

EXKURS

Weltmeisterliche Snowboard-Bilanz für Schwarz-Rot-Gold

Die deutsche Bilanz mit dem weltmeisterlichen Snowboard bei FIS-WM lautet 4 x Gold, 4 x Silber, 7 x Bronze. Die deutschen Weltmeister-Titel erkämpften 1997 Heidi Renoth (Parallel-Slalom), 2013 Isabella Laböck (Parallel-Riesen-Slalom), 1997 Bernd Kroschewski (Parallel-Slalom) und 1999 Markus Ebner (Parallel-Riesen-Slalom).

Davor bzw. daneben gab es die ISF-Welttitelkämpfe im Snowboarden 1993, 1995, 1997 und 1999, bei denen deutsche Athletinnen und Athleten 5 x Gold, 5 x Silber, 2 x Bronze gewannen.

Seit fast 20 Jahren olympisch

Seit 1998 ist Snowboarden im Programm der Olympischen Winterspiele. Deutsche Snowboarderinnen erkämpften dabei insgesamt fünf Medaillen unter den fünf olympischen Ringen, so Nicola Thost Gold in der Halfpipe 1998 in Nagano, Heidi Renoth Silber im Parallel-Riesenslalom 1998 in Nagano, Amelie Kober Silber ebenfalls im Parallel-Riesenslalom 2006 in Turin, Anke Karsten Silber im Parallel-Slalom 2014 in Sotschi und Amelie Kober Bronze außerdem im Parallel-Slalom 2014 in Sotschi.

Marko Michels

Foto (Aufnahme: Miha Matavz): Das deutsche Snowboard-Team 2016/17.

 

 

 

 

 

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