Nachgefragt beim PrĂ€sidenten des Verbandes fĂŒr Reha- und Behindertensportes in M-V, Friedrich Wilhelm Bluschke
Die 12.Winter-Paralympics in Pyeongchang sind auch schon wieder Sportgeschichte. Aber auch in den kommenden Monaten gibt es zahlreiche WettkĂ€mpfe auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene fĂŒr die Athletinnen und Athleten mit Handicaps.
Wie beurteilt nun der PrĂ€sident des Verbandes fĂŒr Behinderten- und Rehasport M-V (VBRS M-V), Friedrich Wilhelm Bluschke, die vergangenen und kommenden Herausforderungen im Sport fĂŒr Athleten mit Handicaps?!
Interview
Friedrich Wilhelm Bluschke ĂŒber die Winter-Paralympics 2018, die Entwicklung des Handicap-Sports in M-V in den letzten Jahren, ĂŒber das Projekt „WIR IN TOKIO“, die Förderung des Handicap-Sports und den Zuspruch junger Sport-Talente zu den Angeboten des VBRS M-V
„Beeindruckende Entwicklung des Handicap-Sports in Vielfalt und LeistungsfĂ€higkeit…“
Frage: Herr Bluschke, die 12.Winter-Paralympics sind auch wieder Historie. Wie bewerten Sie die Ergebnisse aus deutscher Sicht? Welchen Stellenwert haben die Paralympics inzwischen?
Friedrich Wilhelm Bluschke: Der Deutsche Behindertensportverband war mit einem kleinen Team nach Korea gereist, das sich ebenso wie das deutsche Team bei den Olympischen Winterspielen leistungsstark und vor allem sehr sympathisch prĂ€sentiert hat. Der Auftritt der Athletinnen bzw. Athleten und der Offiziellen, die Erfolge, aber auch die aufmerksame Berichterstattung im Rahmen der Winterspiele waren fĂŒr den olympischen und paralympischen Sport beste Werbung.
Die Paralympischen Winterspiele haben gezeigt, auch durch eine gröĂere MedienprĂ€senz und öffentliche Wahrnehmung des Sports von Menschen mit Behinderungen, dass der Stellenwert des paralympischen Sports spĂŒrbar gewachsen ist.
Frage: Von SĂŒdkorea nach M-V… Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Sportes fĂŒr Athleten mit Handicaps in M-V in den letzten Jahren?
Friedrich Wilhelm Bluschke: Der Handicap-Sport in M-V hat sich spÀtestens mit dem Tag des Rollstuhlsports  2000 in Schwerin bis heute in seiner Sportarten-Vielfalt und LeistungsfÀhigkeit beeindruckend entwickelt. Sportlerinnen und Sportler mit unterschiedlichen Behinderungen sind gegenwÀrtig in 20 Sportarten aktiv. In neun Sportarten haben sich unsere TOP-Athletinnen bzw. -Athleten und auch der leistungssportliche Nachwuchs in der Weltspitze etabliert.
Mit UnterstĂŒtzung des Landes und unserer Partner haben wir gemeinsam mit den SportfachverbĂ€nden, TrainingsstĂŒtzpunkten und Partnerschulen des Sports landesweit Förderstrukturen aufgebaut, die es uns ermöglichen, Sporttalente frĂŒhzeitig zu sichten und langfristig sportlich zu fördern.
Beispiele fĂŒr diese  positive Entwicklung sind beispielsweise die erstmalige Anerkennung eines Paralympischen TrainingsstĂŒtzpunktes (Goalball/Rostock), also eines BundesstĂŒtzpunktes, und eines Inklusives Landesleistungszentrums (Schwimmen/Rostock). Aber auch im Breitensport ist eine erfreuliche Entwicklung erkennbar. Kontinuierlich kommen neue Sportarten dazu, die es gilt, bekannt zu machen und in den Strukturen des Sports zu etablieren.
Frage: Mit welchen Sportlerinnen und Sportlern aus M-V rechnen Sie im Hinblick auf die Paralympics 2020 in Tokyo?
Friedrich Wilhelm Bluschke: Vor den Paralympischen Spielen in Rio 2016 haben wir im Rahmen unseres WIR-Projektes, in dem es um die UnterstĂŒtzung der Athletinnen und Athleten sowie um die StĂ€rkung des Sports insgesamt geht, das TOP Team RIO berufen. Aus dem Team waren 12 Spitzen-Sportlerinnen und Sportler in Rio erfolgreich dabei.
Das Projekt fĂŒhren wir mit dem Titel âWIR IN TOKIOâ bis 2020 und darĂŒber hinaus weiter. Im Rahmen unseres diesjĂ€hrigen Sportlerempfanges wurden offiziell 11 Athletinnen und Athleten in das TOP TEAM Tokio 2020 berufen. Sie haben zum jetzigen Zeitpunkt eine Chance, sich fĂŒr Tokio zu qualifizieren. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.
Die Trainingsbedingungen und alles, was sich mit leistungssportlichem Training verbindet, mĂŒssen stimmen und gesundheitlich darf auch nichts passieren. WIR – unser Verband und unsere Partner – wollen unsere Verantwortung wahrnehmen und die Athletinnen bzw. Athleten nach besten KrĂ€ften unterstĂŒtzen.
Frage: Wo sehen Sie noch Defizite bezĂŒglich der Förderung des Sportes fĂŒr Athleten mit Handicaps?
Friedrich Wilhelm Bluschke: Gerade wurde der Sportpakt in M-V fĂŒr vier Jahre beschlossen, nach dem der Sport im Land in den nĂ€chsten Jahren vom Land mehr Geld bekommt, auch der Behindertensport.
DarĂŒber freuen wir uns sehr. Dennoch reichen die Gelder fĂŒr die vielfĂ€ltigen Aufgaben des Sports generell nicht aus. Was unseren Sport angeht, entstehen hohe Kosten unter anderem durch benötigte Hilfsmittel wie SportrollstĂŒhle und Sportprothesen sowie erhöhten Transport-  und Betreuungsbedarf. Das ist aber ein Problem, das der Sport allein nicht lösen kann.
Daher haben wir das WIR-Projekt, das sich nicht nur auf Tokio und die Spiele 2024 beschrĂ€nkt, auf den Weg gebracht. Unter dem Motto âWIR fördern Talente im Sportâ und  âWIR gemeinsam fĂŒr den Sportâ wollen wir eine groĂe Projektgemeinschaft zusammenfĂŒhren, die mit unterschiedlichen Kompetenzen und Möglichkeiten â finanziell, mit Serviceleistungen, mit Strukturen und mit Netzwerken â die Athleten und den Sport fördern.
Letzte Frage: Wie ist eigentlich der Zuspruch der jungen Sport-Talente zum organisierten Vereinssport in M-V?
Friedrich Wilhelm Bluschke: Ich bin davon ĂŒberzeugt, dass der Zuspruch groĂ ist, wenn die jungen Menschen erkennen, welche Chancen sie fĂŒr ihr Leben generell durch den Sport haben und wenn wir ihnen die Möglichkeiten geben, sich sportlich zu entwickeln.
Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement fĂŒr den Handicap-Sport in M-V!