Schwimm-Sportlerin Jenny Mensing über Olympia 2016 und kommende Ziele 2017…
Der Schwimmsport und 2016… Aus olympischer und paralympischer Sicht lief es aus deutscher Sicht in Rio nicht optimal. Zumindest eine Mecklenburgerin, die gebürtige Schwerinerin Denise Grahl (Hanse SV Rostock) mit Silber über 50 Meter Freistil und der gebürtige Schweriner Torben Schmidtke (jetzt SC Potsdam) mit Bronze über 100 Meter Brust, kamen zu Medaillen für das deutsche Team.
Bei den „Olympics“ schafften die vier erfolgreichsten Mannschaft (voran die USA, dann Australien, Ungarn und Japan) 24 der 35 Goldmedaillen.
Und bei den Paralympics „heimsten“ China, die Ukraine, Großbritannien, die USA und Australien 281 der 452 Medaillen bzw. sogar 101 der 153 Goldmedaillen „ein“.
Ansonsten waren die olympischen und paralympischen Wettkämpfe 2016 aus deutscher Sicht eher zum Vergessen…
Wie beurteilt „das schwimmsportliche Ganze“ 2016 nun Jenny Mensing?! Die gebürtige Berlinerin, Jahrgang 1986, die bislang für den SC Wiesbaden 1911 startete, bereits 2012 in London an den Spielen teilnahm und fünf EM-Medaillen (darunter zweimal Gold) gewann, wechselt nun nach Wien…
Jenny Mensing über schwimmsportlich Vergangenes und Kommendes
„Es muß sich etwas ändern…“
Frage: Rio liegt inzwischen fast zwei Monate zurück… Wie beurteilen Sie das dortige Schwimm-Geschehen – aus persönlicher, nationaler und internationaler Sicht?
Jenny Mensing: Persönlich habe ich mir ganz klar mehr erhofft. Der 5. Platz bei der WM im Vorjahr, hat mir gezeigt dass ich weltweit ins Finale schwimmen kann. Da meine Vorbereitung aufgrund gesundheitlicher Probleme, leider nicht so verlaufen ist, wie ich es mir erhofft habe, war es schon ein kleiner Erfolg in Rio dabei zu sein.
Ich habe dort versucht alles rauszuholen, aber mehr als eine Semi-Finalteilnahme war unter diesen Umständen nicht möglich. Sowohl national als auch international, sieht man dass Olympische Spiele ihre eigenen Gesetze haben. Aufgrund der Faktoren, zum Beispiel späte Uhrzeiten, hat man gesehen, dass auch einige Favoriten ihren Leistung nicht zu 100 Prozent abrufen konnten. Diese 100 Prozent sind aber notwendig, um bei dem größten sportlichen Ereignis der Welt eine Weltklasse-Leistung abrufen zu können.
Frage: Mit etwas Abstand… Aus Ihrer persönlichen Sicht: Was müsste sich in der Förderung des Leistungssportes, speziell des Schwimmsportes, ändern, damit Deutschland den Anschluss an die anderen großen Sport-Nationen nicht verliert?
Jenny Mensing: Schwimmen, und das damit verbundene Training um im Spitzensport Anschluss bzw. auch vorne dabei sein zu können, ist ein 24 Stunden-„Job“. Abgesehen von den strukturellen Bedingungen in Bezug auf das Training und die dazugehörigen Maßnahmen (Physiotherapie, Massagen, Training, Prophylaxe, sportwissenschaftliche Maßnahmen, usw.) ist es natürlich auch extrem wichtig, als Sportler eine gewisse finanzielle Absicherung und Sicherheit zu haben.
Im Moment wird man alle Jahre neu eingeteilt und eingestuft. Das heißt, es kann passieren, dass man in dem einen Jahr finanziell sehr gut da steht und plötzlich im darauffolgenden Jahr kaum eine finanzielle Unterstützung bekommt.
Dieses gehört aus meiner Sicht geändert, da das ein entscheidender Faktor ist. Daher wäre eine Mehrjahres-Finanzierung, zum Beispiel Olympiazyklus, sicher von Vorteil. Ohne der Unterstützung aufgrund meiner Ausbildung bei der Polizei, hätte ich den Leistungssport spätestens nach der Schule beenden müssen.
Die Ausbildung bietet mir meinen Sport aber auch meine berufliche Karriere danach, vereinbaren zu lassen. Und diese Sicherheit – berufliche Zukunft – ist wichtig. Nur die wenigstens können vom Spitzensport nach Ende der sportlichen Karriere leben. Ich denke nicht, dass Geld alleine, die deutschen Sportlerinnen und Sportler schneller, besser, und erfolgreicher macht. Dennoch braucht man Geld um gewisse Maßnahmen umsetzen zu können.
Wir deutschen Schwimmer, haben sicher einen sehr harten Qualifikationsmodus (zwei Bestätigungen der Olympia-Norm). Die Qualifikationszeiten sind zwar nicht ganz so hart, wie bei paar anderen Nationen, zum Beispiel Großbritannien, dennoch werden wir an den Finalplätzen der letzten Ereignisse gemessen.
Aufgrund des Austragungsortes der Deutschen Meisterschaften in Berlin finden wir dort die perfekten Bedingungen vor. Danach nochmal eine Steigerung draufsetzen, wo die Bedingungen nicht ganz so optimal sind, siehe unter anderem die Wettkampfzeiten, ist nicht immer umsetzbar.
Da wir uns in einer Sportart bewegen wo Hundertstel entscheiden über Sieg oder Niederlage. Der Deutsche Schwimmverband ist sehr bemüht mit verschiedenen Maßnahmen – gemeinsames Trainingslager, Wettkämpfe – den Leistungssport zu fördern, dennoch ist Schwimmen eine Individual-Sportart und dieses Konzept ist nun einmal aufgrund der Individualtät der Athletinnen und Athleten nicht auf jeden übertragbar, so dass die maximale individuelle Leistung abgerufen werden kann.
Frage: Wie war es ansonsten in Rio? Hatten Sie die Möglichkeit, die Gegensätze – zwischen großem Reichtum und noch größerer Armut – in Brasilien zu erkennen?
Jenny Mensing: Der Unterschied zwischen Reichtum und Armut war natürlich zu erkennen, obwohl die Stadt Rio de Janeito sehr bedacht darauf waren, die große Armut zu „verschleiern“.
Nichtsdestotrotz ist Rio eine Reise wert und die bekannten Highlights – Copacabana, Christus -Statue, Zuckerhut,…) sehenswert. Sportlich gesehen, hatte ich das Gefühl, dass die Brasilianer weniger Freude und Enthusiasmus versprühten, wie die Bevölkerung in London vor vier Jahren.
Frage: Welche sportlichen Ziele haben Sie nun für 2017? Sie wechseln ja nach Wien…
Jenny Mensing: Wiedermal, steht ein Großereignis in Ungarn, in Budapest an. Dort möchte ich meine Finalteilnahme, fünfter Platz 2015 WM in Kazan, wiederholen. Budapest ist ein gutes Pflaster für mich, da ich dort bei meinem ersten internationalen Wettkampf, gleich mehrere Medaillen holen konnte.Um dieses Ziel zu schaffen, muss ich jedoch gesundheitlich zu 100 Prozent fit sein.
Mit dem Training in Wien versuche ich einerseits meine Stärken weiter zu stärken, aber auch gezielt neue Reize zu setzen. Gelingt es mir den Körper – intensives Training plus Regeneration – in Balance zu halten, dann blicke ich zuversichtlich in die nächste Langbahn-Saison.
Letzte Frage: Welche beruflichen Ambitionen haben Sie in der Perspektive? Polizeikommissarin oder Schwimmtrainerin?
Jenny Mensing: Als Polizei-Oberkommissarin möchte ich nach meiner sportlichen Karriere auch dort anschließen und weiter arbeiten. Aufgrund der enormen Unterstützung des Landes Hessen, speziell der Polizei Hessen(Sportfördergruppe), während meiner sportlichen Karriere, möchte ich danach etwas zurückgeben. Ich freue mich schon sehr auf die bevorstehenden Aufgaben und Herausforderungen.
Der Kriminaldienst wäre ein Bereich, der mich sehr interessieren würde. Davor möchte ich aber noch einmal Vollgas im Wasser geben, ehe ich den Badeanzug mit der Uniform wechsle.
Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge!
Marko Michels
Foto (Michels): Schwimmen, eigentlich eine deutsche Erfolgssportart.