Deutscher Behindertensportverband: „UnverstĂ€ndnis und bittere Erkenntnis“

Mit UnverstĂ€ndnis und bitterer Erkenntnis hat der Deutsche Behindertensportverband auf die Entscheidung bei der Generalversammlung des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) in Bahrain reagiert. Zwar wurde die Suspendierung des russischen und belarussischen Verbands um zwei Jahre verlĂ€ngert, doch dĂŒrfen Sportler*innen aus Russland und Belarus an den Paralympics in Paris im kommenden Jahr unter bestimmten Voraussetzungen und nur in Individualsportarten als neutrale Athlet*innen teilnehmen.

ZunĂ€chst hatten die Mitgliedsorganisationen aus 152 Nationen in geheimer Wahl bei 13 Enthaltungen mit 74 zu 65 gegen die vollstĂ€ndige Suspendierung des russischen Verbandes und von Athlet*innen aus Russland gestimmt. In einer zweiten Abstimmung ging es um die VerlĂ€ngerung der Suspendierung um zwei Jahre, jedoch mit der Möglichkeit der Teilnahme von Einzelpersonen in neutraler Funktion an den Paralympics 2024 sowie den sechs Sportarten, die unter dem Dach des IPC organisiert sind, sofern die vom IPC aufgestellten Bedingungen erfĂŒllt werden. In Mannschaftssportarten ist eine Teilnahme hingegen nicht möglich. Mit Blick auf Belarus wurde in separaten Wahlen fĂŒr identische Regelungen gestimmt.

Das Nationale Paralympische Komitee Deutschlands war bei der viertÀgigen Generalversammlung vertreten durch DBS-PrÀsident Friedhelm Julius Beucher, VizeprÀsident Leistungssport Dr. Karl Quade sowie Mareike Miller, Gesamtaktivensprecherin und KapitÀnin der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft.

Die NPC Deutschland Vertretung in Bahrain (v.l.): Mareike Mille, Friedhelm Julius Beucher und Dr. Karl Quade. (Foto: DBS)

„Bei uns ruft die Entscheidung GefĂŒhle hervor, die weit ĂŒber EnttĂ€uschung hinausgehen. Es ist die Feststellung und Gewissheit einer GlaubwĂŒrdigkeitslĂŒcke des internationalen Para Sports, der sich damit von anderen WeltverbĂ€nden nicht mehr unterscheidet. Wir haben kein VerstĂ€ndnis dafĂŒr, dass Athlet*innen aus Russland und Belarus kĂŒnftig wieder startberechtigt sind. Das ist Augenwischerei. Wir haben keine andere Situation als im Vorjahr, noch immer gibt es durch Russlands völkerrechtswidrigen Einmarsch in die Ukraine tĂ€glich Schrecken, Leid und Todesopfer. Wer Frieden ernst nimmt und an den Sport als Friedensbewegung glaubt, der kann nicht kriegstreibenden Nationen erlauben, an Weltspielen teilzunehmen. Wir haben bei der Generalversammlung vor Augen gefĂŒhrt bekommen, dass auch der paralympische Sport in Russland Teil der Kriegsmaschinerie ist. Kann das ein friedlicher Wettkampf sein, wenn nebenan jemand startet, der diesen Krieg unterstĂŒtzt und daher mittelbar fĂŒr die Flucht, das Leid, die Verletzung oder gar den Tod von Familienangehörigen oder Bekannten mitverantwortlich ist? FĂŒr uns bleibt die bittere Erkenntnis, dass unsere Position keine Mehrheit gefunden hat und dass unsere Werte offensichtlich nicht vereinbar sind mit den Werten in anderen Teilen dieser Welt. Die Abstimmungen, aber vor allem die Aussprachen zeigen offenkundig einen Riss durch die Paralympische Bewegung. Der Para Sport hat mit dieser Entscheidung ein wichtiges Signal verpasst – sowohl fĂŒr andere SportverbĂ€nde als auch fĂŒr die Weltgemeinschaft insgesamt.“

FĂŒr das NPC Deutschland hatten sich Friedhelm Julius Beucher, Dr. Karl Quade und Mareike Miller mit emotionalen RedebeitrĂ€gen in der Debatte positioniert und versucht, die weiteren Mitgliedsnationen mit klaren Worten von ihrer Haltung zu ĂŒberzeugen. Vor den Abstimmungen hatte sich die internationale Athletenbewegung „Global Athlete“ gegen die Teilnahme von russischen und belarussischen Athlet*innen, auch in neutraler Funktion, ausgesprochen.

Text: DBS/NPC

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