Florentine Burmeister: „Habe erstmal ein paar Tage gebraucht um zu realisieren, dass ich wirklich an dem derzeit größten Event unseres Sportes teilnehmen werde.“

Kuwait – Global Player im Erdölgeschäft, Wüstenstaat und konstitutionelle Monarchie am Persischen Golf. Das Land zwischen Irak und Saudi-Arabien kann aber auch anders. Gerade erst fand in der gleichnamigen Hauptstadt mit den IBF World Bowling Championships ein Sportgroßereignis statt, an dem insgesamt 72 Frauen und 138 Männer aus 23 Nationen teilnahmen. Und unter ihnen eine Rostockerin.

Die 26-jährige Florentine Burmeister wurde erst kürzlich in den Nationalkader der Deutschen Bowling Union aufgenommen. Nur drei Monate nach ihrem überraschenden Sieg bei der Deutschen Meisterschaft im Damendoppel (zusammen mit Stefanie Rose – beide 1. BC Rostock) hatte sie die DBU nun für die WM (vom 3. bis 15. Oktober) nominiert. Für Burmeister selbst war die Nominierung sehr überraschend. Die Freude über die Chance, am weltweit größten Bowlingevent teilnehmen zu dürfen, umso größer.

Und groß war es. Die Austragungsstätte im Kuwait Bowling Sporting Club misst immerhin 48 Bahnen. „Da können schonmal ein paar Tränen unter einem Lächeln rollen“, beschreibt Florentine Burmeister ihren ersten Eindruck vor Ort. Die Rechtshänderin, die im Verlauf der WM in vier Disziplinen antreten durfte, strahlte in den Wettbewerben selbst jedoch wieder die nötige Ruhe und Professionalität aus.

Florentine Burmeister (3.v.l., 1. Reihe) ist erstmals Teil der Deutschen Nationalmannschaft. (Foto: privat)

Für die Mecklenburgerin ging es am zweiten Turniertag im Einzelwettbewerb auf die Bahn. Und der Start hätte kaum besser sein können. Ihr erste Begegnung konnte sie für sich entscheiden. Insgesamt gewann sie drei Spiele bei nur zwei Niederlagen (981 Pins (196,20) und 9 Punkte). Allerdings kommen nur die zwei besten Bowlerinnen einer jeden Gruppe in die nächste Runde. Aufgrund von Punktegleichheit musste die Deutsche Juniorenmeisterin von 2021 ins Roll-Off mit Jung Da Wun (Südkorea) und Lara Posadas-Wong (Philippinen) gehen. Im „Roll-Off“ genannten Playoff Match spielen die Kontrahentinnen noch einmal das 9. und 10. Frame. Den Einzug in die 2. Runde verpasste sie leider knapp.

Neue Weltmeisterin im Dameneinzel wurde Natasha Roslan (Malaysia) vor ihrer Landsfrau Sin Li Jane. Bronze teilten sich die beiden Koreanerinnen Hong Hae Ni und Son Hye Rin.

Am vierten Turniertage griff die junge Rostockerin erneut an. Diesmal zusammen mit Teamkollegin Franziska Czech (Lucky Striker Regensburg). Wie bereits im Einzel wurde im Doppel eine Vorrunde („Jeder gegen Jeder“ im Bakersystem) und eine Zwischenrunde gespielt. Die jeweils besten vier Paarungen würden anschließend in das Halbfinale einziehen.

Und tatsächlich klappte es super. Mit Platz 2 ihrer Gruppe (1.001 Pins, Schnitt 200,20) qualifizierte sich das Duo für die zweite Runde und hatte damit die Chance, sich auf einen Medaillenrang zu spielen. Am Folgetag standen fünf Partien auf dem Programm. Leider fanden Florentine und Franziska in den ersten zwei Begegnungen nicht ins Spiel. Ihre Südkoreanischen Kontrahentinnen umso besser. Gegen Kanada, Kasachstan und die späteren Vize-Weltmeisterinnen aus Singapur konnten sie hingegen überzeugen und damit 9 Punkte (mit 947 Pins, Schnitt 189,40) für sich verbuchen. Das reichte zu einem zufriedenstellenden 3. Platz. Der Halbfinaleinzug blieb ihnen damit jedoch verwehrt.

Weltmeisterinnen im Doppel wurden Daphne Tan/Cherie Tan (Singapur). Silber ging an Colleen Pee/New Hui Fen (Singapur), den Geteilten 3. Platz sicherten sich Mika Glud Guldbaeck/Mai Ginge Jensen (Dänemark) und Grace Gella/Krizziah Macatula (Philippinen).

Hier war jedoch nicht Schluss für Florentine Burmeister und das Deutsche Team. Am Freitag, den 13. ging es direkt in die Trio-Wettbewerbe. Die Rostockerin wurde im 1. deutschen Damenteam eingesetzt. Komplettiert wurde es durch Franziska Czech sowie Saskia Malz (VfL Wolfsburg). Leider war diesmal irgendwie der Wurm drin. Immer wieder blieben einzelne Pins stehen. Immer wieder blickten die drei auf ärgerliche Splits. Ihr Minimalziel – für ein Weiterkommen mussten sie Platz 4 erreichen – sollte nach zwei Siegen und drei Niederlagen erneut im Roll-Off entschieden werden. Trotz guter Würfe von Franziska Czech entschieden China und Dänemark die Frames für sich.

Weltmeisterinnen wurden Wun/Ni/Mi (Südkorea) vor Cote/Bouchard/Turcotte (Kanada) Der geteilte 3. Platz ging an Jensen/Jeanette/Guldbaek (Dänemark) und How/Besana/Naylor (Kanada)

Am abschließenden WM-Tag stand schließlich noch der 5er-Teamwettbewerb auf dem Programm – die letzte Chance für die deutschen Frauen auf eine Medaille. Ausgeruht und hoch motiviert startete die DBU-Auswahl am Sonntagmorgen in Gruppe B. Ihre Kontrahentinnen: vier asiatische und ein arabisches Team. Mit einer sichtbaren Leistungssteigerung legte das Frauennationalteam einen Auftaktsieg gegen die philippinische Auswahl hin. Leider fehlte ab da an das Quäntchen Glück und es folgten drei knappe Niederlagen gegen China, Südkorea und Singapur. Jetzt musste unbedingt ein Sieg gegen den späteren Gruppenletzten Saudi Arabien her, um ins Roll-Off zu gehen und in die nächste Runde einziehen zu können. Mit 179:115 Pins setzte sich die DBU-Auswahl schließlich durch. Damit war man punktgleich mit Korea.

Janin Ribguth (VfL Wolfsburg) wurde erkoren, im Playoff Match anzutreten. Und die 35-jährige Routinierin begann furios, eröffnete den entscheidenden Vergleich direkt mit einem Strike. Doch die Koreanerin zog nach. Es folgten Strike zwei und Strike drei – leider auf beiden Seiten. Die Spannung sah und hörte man förmlich knistern. Hochkarätiger geht nicht mehr. Beim vierten Wurf blieb auf der Bahn der Deutschen dann ein Pin in der linken Ecke stehen. Es folgte der Entscheidende Wurf der Koreanerin. Strike Nummer vier. Das Roll-Off ging mit 59:60 Pins zu Gunsten der Asiatinnen aus. Besonders bitter: Südkorea wurde später Weltmeister. Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre bei einem anderen Ausgang der Quali.

Die Medaillen im 5er-Teamwettbewerb gingen an: Südkorea (Gold), Malaysia (Silber) sowie Singapur und China (beide Bronze).

Damit blieb es für die deutsche Nationalmannschaft bei einer WM-Medaille. Im Herreneinzel gewann Tobias Börding Bronze. Das Abenteuer Bowling-WM ging für die Rostockerin vorerst zu Ende. Doch schon in ein paar Monaten geht es für Florentine Burmeister in der 1. Bundesliga weiter. Bleiben wir gespannt und drücken ihr und dem 1. BC Rostock die Daumen für den Klassenerhalt.

Florentine Burmeister in der Bowlinghalle des Kuwait Bowling Sporting Club. (Foto: privat)

Interview

Wie Florentine Burmeister die WM erlebt hat, verriet sie uns am Samstag (vor dem 5er Wettbewerb).

Wie war es für dich, erstmals bei einer WM dabei gewesen zu sein? Wurde deine WM-Nominierung zu Hause gefeiert?

Für mich kam die Nominierung für die WM sehr überraschend, da ich erst seit kurzem Teil des Nationalkaders bin. Nachdem sie bekannt gegeben wurde, habe ich erstmal ein paar Tage gebraucht um zu realisieren, dass ich wirklich an dem derzeit größten Event unseres Sportes teilnehmen werde. Mein Freund, meine Familie und Freunde haben sich mit mir gefreut.

Bist du insgesamt zufrieden mit deiner Leistung? Ein paar Worte zu den drei gespielten Disziplinen…

Der erste Wettbewerb war das Einzel. Trotz anfänglicher Nervosität konnte ich in der Vorrunde 3 von 5 Spielen gegen meinen Gegnerinnen in meiner Gruppe gewinnen, Highlight war hier der Sieg gegen Korea, welche eine der stärksten Nationen ist, für den ich im letzten Frame den 10er Pin räumen musste und im Nachwurf noch einen Strike nachlegte. Nach der Vorrunde hatten Korea, Philippinen und Ich die gleiche Punktzahl, somit wurde der Platz für die nächste Runde in einem Roll-Off ausgespielt (jeder spielt das 9. und 10. Frame). Trotz das es hier leider nicht für mich gereicht hat, war ich mit meinem Debüt sehr zufrieden.

Im Doppelwettbewerb habe ich mit meiner Teamkollegin Franziska Czech gespielt. Wir haben gut harmoniert und konnten auch hier 3 Siege erzielen und uns somit direkt für die nächste Runde qualifizieren. Damit waren wir in diesem Wettbewerb unter den Top 24. Auch in der Zwischenrunde konnten wir 3 von 5 Spielen gewinnen und somit unsere Gruppe mit einem guten Platz 3 abschließen (Platz 1 hat sich für das Halbfinale qualifiziert). Franzi und ich sind sehr zufrieden und glücklich mit unserer Leistung.

Der Triowettbewerb lief leider nicht so gut. Gespielt habe ich wieder mit Franzi und komplettiert wurde das Trio durch Saskia Malz. Leider konnten wir diesmal nur 2 von 5 Spielen gewinnen und mussten somit am Ende wieder gegen China und Dänemark ins Roll-Off für ein mögliches Weiterkommen. Hier hat es leider trotz guter Würfe von Franzi nicht für uns gereicht, so dass wir ausgeschieden sind. Natürlich sind wir frustriert und auch traurig darüber, aber nun heißt es fokussieren auf den 5er Team Wettbewerb.

Du trittst für das Team D in Kuwait an, und im Wettkampf wirfst du in einer wichtigen Phase einen erneuten Split. Was geht dir da durch den Kopf?

Split sind natürlich immer frustrierend, aber besonders in einer engen Situation. Ich versuche mich in solchen Momenten nicht von meinem Ärger oder meinem Frust leiten zu lassen, sondern im 2. Wurf möglichst viele Pins mitzunehmen, den Wurf abzuhaken und sich auf den nächsten Frame zu konzentrieren.

48 Bahnen, 23 Nationen – da kann man ganz schön erschlagen werden von der Athmosphäre. Wie hat sich das auf dein Spiel ausgewirkt?

Die Bowlinghalle in Kuwait ist eine der größten, die ich bis jetzt gesehen habe. Mein Trainer hat mir im Vorfeld den Rat gegeben, mich einfach mal auf die Zuschauertribüne zu setzen und das ganze auf mich wirken zu lassen. Ich weiß gar nicht genau, wie mein Gefühl beschreiben soll, das plötzlich da war. Da können schonmal ein paar Tränen unter einem Lächeln rollen.

In wie weit hat dich dein Freund Sandro Brandt (ebenfalls DBU-Kaderathlet) supporten können?

Sandro ist neben meinen Eltern mein größter Fan und war gefühlt noch aufgeregter als ich. Als mein engster Vertrauter hat er mich emotional vor und nach den einzelnen Wettbewerben unterstützt und war per Telefon immer für mich zu erreichen. Die WM ist emotional sehr aufwühlend für mich und viele verschiedene Gefühle brauchen ihren Platz. An dieser Stelle möchte ich Sandro für seine Unterstützung ein ganz großes Danke aussprechen.

Ein paar Worte zu eurer Unterbringung

Wir sind in 3-Personen-Apartments untergebracht. Das Hotel hat eine Terrasse mit Ausblick auf die Skyline von Kuwait-Stadt. Die Bowlingbahn ist zu Fuß oder mit dem Taxi erreichbar.

Wie war die Stimmung im 15-köpfigen Team?

Die Stimmung ist soweit gut. Wir unterstützen uns gegenseitig, vom Anfeuern auf der Bahn bis hin zum Trösten falls der gekünstelt Erfolg doch leider mal ausbleiben sollte. Wir sind als Team hierher gefahren und alle leisten ihren Beitrag, damit wir die bestmöglichen Ergebnisse für uns und Deutschland erzielen.

Was hat dich an Kuwait am meisten fasziniert?

Ich war tatsächlich noch nie auf der arabischen Halbinsel. Die Kultur ist interessant, eine Mischung aus westlicher Freiheit und nahöstlicher Tradition.

Welche Ziele hast du dir für das kommende Jahr gesetzt?

Nach der WM heißt es erstmal Regeneration bevor es dann wieder ins Training geht. Ab Februar startet dann die Bundesliga. Mein Team ist letzte Saison in die 1. Bundesliga aufgestiegen, hier ist Ziel der Klassenerhalt. Ansonsten steht nach dem Deutschen Meistertitel im Doppel mit meiner Mannschaftskollegin und guten Freundin Stefanie Rose letzte Saison der Kampf um die Titelverteidigung an.

red

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