„Denken auch an Morgen und Übermorgen…“

Jörn Schmöker, Geschäftsführer und Sportkoordinator beim Landesschützenverband MV (LSV M-V), über den Stellenwert des Schützensportes in M-V, die Nachwuchsförderung, die Trainersituation, kommende Herausforderungen und die olympischen Wettkämpfe im Sportschießen 2020

Interview

Eine Sportschützin visiert ihr Ziehl an. Der Schützensport hat auch in Mecklenburg-Vorpommern eine lange Tradition.
Symbolfoto Sportschießen

Frage: Herr Schmöker, auch in MV ist Sportschießen populär. Wie beurteilen Sie dessen Stellenwert und Bedeutung hierzulande?

Jörn Schmöker: Der Landesschützenverband M-V ist Heimat von circa 8.500 Schützinnen und Schützen. Wie auch in vielen anderen Sportarten vereinen wir den Breitensport genauso wie den Spitzensport. Als fünftgrößter Fachverband im Landessportbund M-V finden sich bei uns die Freunde der Luftdruckdisziplinen genauso wieder, wie die Sportschützen von Klein- und Großkaliebern, die Liebhaber des Wurfscheibenschießens, genauso wie die des Bogenschießens.

Neben den sportlichen Aktivitäten ist das Thema der Tradition fest in den Schützenvereinen verankert. Diese Vereine beleben in einem Flächenland wie Mecklenburg Vorpommern vielen Orts das gesellschaftliche Leben in den Dörfern und Gemeinden, als Beispiel seien hier die traditionellen Schützenfeste genannt.

Nicht umsonst ist das Schützenwesen in Deutschland am 4. Dezember 2015 von der Deutschen UNESCO Kommission und der Kultusministerkonferenz in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Ich denke mit Fug und Recht behaupten zu können, dass wir Sportschützen in der Bevölkerung fest verankert sind.

Frage: Ganz kurz skizziert: Wie verliefend die bisherigen Wettkämpfe 2019?

Jörn Schmöker: Wir haben traditionell gerade in den ersten Monaten des Jahres eine Vielzahl von Wettkämpfen. So konnten unsere Bogensportler bereits ihre Landesmeister am 19. Januar in Göhren-Lebbin ermitteln. Hier war wieder einmal mit Annedore Röbisch aus Diedrichshagen eine unserer Spitzenathleten im Bogensport erfolgreich. Sie hatte sich dann auch bei der Landesmeisterschaft für die im März stattgefundenen Deutschen Meisterschaften in Biberach in Baden-Württemberg qualifiziert und kehrte von dort mit einer Bronzemedaille zurück.

In den Luftdruckdisziplinen, insbesondere Luftpistole haben die Sportgymnasiasten des SV Vier Tore Neubrandenburg wieder gezeigt, dass sie zu Recht am Sportgymnasium sind und das tägliche Training im Landesleistungszentrum in Neubrandenburg dann auch Früchte trägt.

Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass in vielen Vereinen sowohl im Nachwuchs, als auch im Erwachsenenbereich mit großer Hingabe gearbeitet wird, um bei Wettkämpfen und Meisterschaften erfolgreich abzuschneiden. Vereine wie Schwerin, Stralsund, Demmin, Lübsdorf, Grimmen und viele mehr tragen zum hohen Niveau auf Landesebene bei.

Frage: Und welche wichtigen Wettbewerbe stehen noch an?

Jörn Schmöker: Mittlerweile schreiben wir den Monat Mai 2019 und einige Wettkämpfe sind schon wieder Geschichte, so unter anderem die erwähnten Landesmeisterschaften Bogen in Göhren Lebbin, die Landesmeisterschaften in den Luftdruckdisziplinen in Güstrow Ende April – mit weit über 400 Starts eine unserer größten Wettkampfveranstaltungen im Land. Beendet ist zudem der landesweite Regional-Cup Luftdruck, der mit dem Mannschaftsfinale in Schwerin-Krösnitz seinen krönenden Abschluss fand.

Der Ranglisten-Wettbewerb für unseren Nachwuchs in den Luftdruckdisziplinen läuft und endet mit dem Finale in Demmin am 2. Juni. Dann wird am 22. Juni die Landesmeisterschaft Freiland/Bogen in Vielank ausgetragen, um nur einge Beispiele zu nennen.
… Und folgend haben wir natürlich noch die vielen Wettkämpfe auf Vereins, Kreis- und Landesebene in den verschiedensten Disziplinen – Kleinkaliber, Großkaliber, Luftpistole, Luftgewehr, Bogen, Skeet und Trap.

Auch den folgenden Wettkampf möchte ich in der Frage nach den wichtigsten Wettkämpfen nicht unerwähnt lassen: Es ist nämlich das Landeskönigsschießen, welches am 18. Mai in Strasburg (Uckermark) im Rahmen unseres 24.Landesschützentages stattfindet. Einer unserer Veranstaltungshöhepunkte im Jahr 2019! Der gastgebende Schützenverein, der SV Strasburg 1419 e.V., begeht sein 600jähriges Vereinsjubiläum und lädt alle Schützinnen und Schützen aus Nah und Fern zum Mitfeiern ein.

Die Sieger des Königsschießens werden übrigens am nächsten Bundeskönigsschießen des Deutschen Schützenbundes teilnehmen. Und dass sich das durchaus lohnen kann, hat uns in diesem Jahr unser Schützenbruder Frank Felix Faust aus Putlitz von der Insel Rügen bewiesen, der sich als Mitglied des Schützenverein Vier Tore aus Neubrandenburg qualifiziert hatte und für das Land Mecklenburg Vorpommern gestartet ist. Er wurde Vize-Bundesschützenkönig! Herzlichen Glückwunsch „FFF“!

Frage: Ohne talentierten Nachwuchs geht es auch im Sportschießen nicht. Wie ist da die Situation beim LSV MV?

Jörn Schmöker: Das ist wohl richtig. Ich denke, dass der LSV MV hier gemeinsam mit seinen Kreisverbänden und Schützenvereinen noch enormes Potential hat. Was heißt denn überhaupt talentierter Nachwuchs? Grundsätzlich, und das gilt sicher sportartübergreifend, sollten wir Kinder für den Sport, für die Bewegung im Allgemeinen begeistern, hier die Grundlagen legen.

Sportarten, wie die Leichtathletik, das Turnen gehören für mich nicht nur in den Sportunterricht an Schulen, sondern auch in das Trainingsprogramm von Sportvereinen, unabhängig von deren spezieller Ausrichtung. Wenn Kindern und Jugendlichen altersgerechtes, gesundes und abwechslungsreiches Training geboten wird, sie – sozusagen – mit Freude und Spaß bei der Sache sind und spüren, dass sie bei ihrem Trainer bzw. Übungsleiter etwas lernen, sich verbessern sowie sich entwickeln, dann ist schon mal ein ganz großer Teil der Miete eingefahren.

Wir als Verband haben uns auf die Fahnen geschrieben, den Nachwuchsleistungssport im Schießen zu fördern. Das drückt sich unter anderem in unserem Landesleistungszentrum in Neubrandenburg, welches eng mit dem Sportgymnasium in Neubrandenburg und dem Trägerverein vor Ort, dem Schützenverein Vier Tore kooperiert, aus. Derzeit haben wir zwar bedauerlicherweise keine Bundeskader, dafür aber einige Landeskader, die es zu entwickeln gilt. Hier möchte ich stellvertretend Arne Teuerkauf und Marvin Köppen von der männlichen Jugend nennen, neben den vielen anderen jungen Schützinnen und Schützen, die wir haben.

Der entscheidende Punkt aus meiner Sicht für den Erhalt des Nachwuchsleistungssports in unserem Verband ist die Förderung, Entwicklung und Weiterbildung williger und kompetenter Trainer und Übungsleiter. Ohne qualifiziertes Personal werden wir langfristig nicht in der Lage sein, die hohen uns selbst gesteckten Ansprüche zu halten.

Natürlich haben wir mit dem Landesnachwuchstrainer Wolfgang Severin, dem Erfolgstrainer Günter Hettig aus Neubrandenburg, dem Grimmener Wurfscheibentrainer Holger Westphal oder dem Cheftrainer Kugel aus Schwerin Jörg Schmidt, um nur 4 Kollegen, stellvertretend für alle – insbesondere für die vielen ehrenamtlich engagierten Trainerinnen und Trainer – zu nennen, bereits ein gutes und leistungsstarkes Personal.

Wir aber denken auch an Morgen und Übermorgen… Planung heißt hier das Zauberwort, die gedankliche Vorwegnahme der Realität. Und: Dass wir in der Lage sind, herausragende sportliche Erfolge zu erzielen, beweist die Vergangenheit und dafür stehen unter anderem Namen, wie Kathrin Quoos, Thilo Fritze, Charleen Bähnisch, Antje Nöske oder Theo Hadrath.

Letzte Frage: Mit Blick auf Tokyo 2020: Welche sind die derzeit führenden Nationen in den olympischen Disziplinen des Sportschießens?

Jörn Schmöker: Die Teilnahme an Olympischen Spielen sind der Traum vieler Athleten weltweit. Und sicher der Höhepunkt vieler sportlicher Karrieren! Bei den Schützinnen und Schützen können wir feststellen, dass diese bei guten Leistungen über viele Jahre auch mehrfach an Olympischen Spielen teilnehmen können. Ich erinnere hier an den Meißener Ralf Schumann, der an sieben Olympiaden teilnahm und unter anderem dreimal Olympiasieger wurde.

In Tokyo werden sicher die Asiaten, eine gewichtige Rolle spielen. Auch die Schützinnen und Schützen aus den USA und natürlich aus Europäer sind sehr leistungsstark.

Vielen Dank und weiterhin bestes Engagement für den Schützensport in M-V


 

Exkurs

Olympische Schützinnen und Schützen aus M-V

Montreal 1976 mit Wittenberger Erfolgen

Vor 43 Jahren, bei den olympischen Wettkämpfen in Montreal, erfüllten drei deutsche Sportschützen die hohen Erwartungen. Zwei hatten ihre Wiege in Wittenberge, das damals zum Bezirk Schwerin gehörte. So siegte der gebürtige Wittenberger Norbert Klaa in der Disziplin „Olympische Schnellfeuerpistole“. Der ebenfalls gebürtige Wittenberger Uwe Potteck war die Nummer eins in der Entscheidung „Freie Pistole“. Für die BRD startete Karlheinz Smieszek aus Kitzingen. Seine Goldene schoss er mit der „KK-Büchse, 50 Meter, liegend“.

In der Endabrechnung lagen die Deutschen mit 3 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze vor den USA mit 2 x Gold, 1 x Silber und der Sowjetunion mit 1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze.

Demminer Gold in Seoul 1988

Zwölf Jahre später holte wieder ein Sportschütze aus MV olympisches Gold. Der gebürtige Demminer Axel Wegner siegte 1988 in Seoul in der Konkurrenz „Wurftaubenschießen-Skeet“ vor Alfonso de Iruarrizaga (Chile) und Jorge Guardiola (Spanien).

Damit lagen die Mannschaften aus der Sowjetunion (4 x Gold, 1 x Silber, 6 x Bronze), aus BRD+DDR (2 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze) und aus Jugoslawien (2 x Gold, 1 x Bronze) an der Spitze.

Bereits vier Jahre zuvor gewann Axel Wegner bei den „Wettkämpfen der Freundschaft“ Gold im Skeet Rang (zusammen mit Bernhard Hochwald aus Schöneiche). Die Wettkämpfe wurden in neun Ländern des real existierenden Sozialismus ausgetragen und galten als Gegen-Veranstaltung zu den vom Ostblock boykottierten Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles. Die Schützen-Wettkämpfe wurden seinerzeit in Moskau ausgetragen.

Wegner war zudem Teilnehmer der Spiele 1992 in Barcelona (25.), 1996 in Atlanta (26.), 2004 in Athen (31.) und 2008 in Peking (20.)

Weitere Teilnehmer

Weitere olympische Sportschützen aus dem deutschen Nordosten waren der gebürtige Binzer Heinz Kramer (1964 in Tokyo; Trap: 22.; für den GST-Klub Leipzig), der in Alt-Kalliß bei Dömitz geborene Viktor Engel (1984 in Los Angeles; Olympisch Schnellfeuer: 9.; für den 1.Frankfurter Pistolen-Klub Frankfurt) und die in Perleberg (seinerzeit Bezirk Schwerin) geborene Stefanie Thurmann (2008 in Peking; Sportpistole: 23.; für die Schützengilde Frankfurt/Oder).

mic

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