Erfolgsrodlerin Dajana Eitberger über die Winterspiele 2018 und die aktuelle Saison
Dajana Eitberger vom RC Ilmenau überraschte bei den olympischen Rennrodel-Wettkämpfen in Pyeongchang mit Silber. Dabei konnte die Thüringerin bereits vor 2018 zahlreiche Erfolge einfahren, so bei den Junioren-WM 2011 oder bei den EM 2015.
Inzwischen hat die neun Stationen umfassende Weltcup-Saison 2018/19 begonnen. Die Toprodler aus aller Welt trafen sich Ende November zu den ersten Wettkämpfen auf der Kunstbahn in Innsbruck-Igls. Bis zum Weltcup-Finale, Ende Februar 2019 in Sotschi ist Spannung pur auf den Eiskanälen garantiert. Und schon im Januar steht im nordrhein-westfälischen Winterberg ein weiterer Höhepunkt an – die FIL-Rennrodel-WM, ausgetragen vom 25. – 27.01. in der Veltins-Eisarena.
Welche Erwartungen hat nun Dajana Eitberger an die Saison 2018/19?!
Interview
Dajana Eitberger über die vergangenen Winterspiele in Pyeongchang, die neue Weltcup-Saison, die deutsche Dominanz im Rennrodeln und ihr Leben neben dem Eiskanal
„Es war für mich eine lebensverändernde Reise…“
Frage: Dajana, noch ein letzter Blick auf Pyeongchang… Welche Momente bleiben Ihnen sportlich, persönlich und „atmosphärisch“ nachhaltig in Erinnerung?
Dajana Eitberger: Für mich war erstmal überragend, bei den Olympischen Winterspielen teilzunehmen und alles mitzunehmen, was solche Spiele zu bieten haben. Das ging los beim Einkleidungsprozedere des DOSB, ging weiter mit der Reise zu den Spielen bis hin zur Besichtigung und dem Leben im Olympischen Dorf. Die Eröffnungsfeier, mein Rennen, die Siegerehrung – ich hätte nicht gedacht, dass ich tatsächlich alles mitnehmen werde. Es war für mich eine lebensverändernde Reise.
Sportlich bleibt mir natürlich in Erinnerung, dass ich mit der Silbermedaille dort meinen größten Erfolg feiern konnte. Es war ein langer Weg bis dorthin, vier Jahre haben sich dafür definitiv gelohnt, um letztendlich das zu erreichen, was man sich immer erträumt hat.
Persönlich nehme ich für mich mit, dass ich weiß, wozu ich im Stande bin, was ich leisten kann und dass sich auf dem Weg dorthin jede Träne, jeder Schmerz, jeder Muskelkater – eben alles, was das sportliche Leben so mitbringt – gelohnt hat. Dass es wert ist, auch ein Opfer zu bringen. Ich habe gelernt, dass ich mehr kann, als ich mir erträumen möchte. Die Motivation geht natürlich weiter, auch in den nächsten vier Jahren weiterzukämpfen.
Atmosphärisch war für mich das Allerschönste an den Spielen das Zusammenfinden aller Nationen und aller Sportarten. Es wurde eine große Sportfamilie daraus. Es war tatsächlich dieses Flair, wo es egal ist, welche Hautfarbe du hast, welche Religion, welches Geschlecht, ob du Ski fährst, einen Bob anschiebst oder wie ich auf dem Schlitten sitzt – alle haben etwas gemeinsam, alle kämpfen für das eine Ziel, bei Olympia dabei zu sein und im Idealfall noch Edelmetall mit nach Hause zu nehmen.
Das ist etwas, was man dem Zuschauer auch gar nicht zeigen kann. Emotional hat es sehr lange gedauert, bis ich das verarbeiten konnte, und ich schöpfe jetzt immer noch meine Kraft und Motivation daraus, in den nächsten vier Jahren noch mehr Gas zu geben und wieder dabei sein zu können.
Frage: Welche Erwartungen haben Sie an die aktuelle Weltcup-Saison?
Dajana Eitberger: Unsere Saison ist in Innsbruck-Igls gestartet. Ich war gut motiviert und hatte wieder richtig Lust, echte Wettkämpfe zu fahren und habe mich natürlich auch intensiv vorbereitet. Der Auftakt lief nicht so gut und in Whistler hatte ich gesundheitliche Probleme.
Da muss ich mich jetzt ein wenig rauskämpfen. Die Motivation ist aber groß, dass ich die nächsten Wettkämpfe gut bestreiten kann. Wir haben eine Heim-WM in Winterberg und natürlich noch eine Heim-EM bei mir zuhause in Oberhof. Ich möchte für die WM eine gute Form finden und versuche Spaß zu haben. Ich schaue, was auf mich zukommt und passe mich den Gegebenheiten an.
Frage: Die FIL-Rennrodel-Weltmeisterschaften finden in Winterberg statt. Was zeichnet die Bahn aus? Ist es auch eine Bahn für Sie?
Dajana Eitberger: Die Bahn zeichnet sich dadurch aus, dass es eine reine Gleiterbahn ist. Man hat keine großen komplizierten Kurvenabschnitte, wobei man hier den Start ausklammern muss, weil der im Damenrennen immer sehr spektakulär ist. Ansonsten ist es schwierig, dort schnell zu fahren, weil man exakt fahren und jeder Zentimeter passen muss. Ich muss gestehen, dass es keine Bahn für mich ist.
Normalerweise brauche ich Bahnen, die anspruchsvoll sind, wo harte Lenkeinsätze gefragt sind, wo es aufs Fahren direkt ankommt und drauf, mit dem Schlitten zu arbeiten. Das ist meine Vorliebe für gewisse Bahnen. Winterberg gehört nicht dazu. Dennoch konnte ich dort schon einige Erfolge feiern und hoffe, dass ich zur WM daran anknüpfen kann. Ich arbeite hart darauf hin, den Traum von einer Einzelmedaille bei einer WM wahr werden zu lassen.
Ich habe eine im Sprint von der WM am Königssee, aber eine Einzelmedaille fehlt mir noch. Der Flow der Heim-WM und das Wissen, dass Familie und Freunde von zuhause kommen, gibt mir zusätzlichen Antrieb, die Heim-WM gut zu bestreiten.
Frage: Die deutschen Athleten und Athletinnen haben bekanntlich „ein Rodel-Gen“. Warum sind die Deutschen gerade im Rennrodeln so gut? Wie beurteilen Sie die internationale Konkurrenz?
Dajana Eitberger: Wir haben in Deutschland vier Bahnen mit Oberhof, Königssee, Altenberg und Winterberg. Dazu kommen noch die Leistungsstützpunkte, wo eine sehr gute Nachwuchsarbeit in den Vereinen betrieben wird und die Sportler bereits im jungen Alter mit dem Leistungsprinzip konfrontiert werden. Wir müssen uns über Wettkämpfe hart durchsetzen und immer wieder beweisen, dass wir gut sind in dem, was wir tun, und dass die Trainer gute Arbeit abliefern.
Mit den vier Bahnen haben wir vier unterschiedliche Trainingsbahnen, auf denen wir uns vorbereiten können. Das zeichnet uns an der Stelle aus. Das ganze Trainerteam war größtenteils in unserem Sport aktiv, sie wissen genau, wovon sie sprechen und versuchen stets, uns besser zu machen und uns anzutreiben. Alle sind extrem motiviert.
Hinzu kommt natürlich auch der Generationswechsel. Wenn jüngere Athleten ins Team kommen, profitieren sie auch von den älteren Athleten. Man kann sich immer direkt an der Weltspitze orientieren. Da haben wir die Besten der Besten in der eigenen Mannschaft. Mit denen trainieren zu können, ist Gold wert und hilft, einen Entwicklungsschub im Nachwuchsbereich zu gewährleisten.
Was die internationale Konkurrenz betrifft, so merkt man jedes Jahr, dass es in den letzten fünf, sechs Jahren einen massiven Vortrieb von verschiedenen Nationen gegeben hat. Das geht nicht nur daher, weil sie vom Wissen deutscher Trainer profitieren, sondern weil sich das System der einzelnen Nationen angepasst hat. Früher gab es bei den Amerikanern keine Fördergruppen, wie wir sie aus Deutschland kennen. Wir haben die Möglichkeit, mit unseren Arbeitgebern und Partnern zum Beispiel der Bundeswehr oder Bundespolizei zu gewährleisten, dass wir für Training und Wettkämpfe freigestellt sind von dem, was wir dort eigentlich tun.
Das war früher in den USA nicht so. Die Sportler sind einem normalen Job nachgegangen oder haben studiert und hatten dadurch einen gewissen Trainingsrückstand. Das wurde verändert. Jetzt gibt es auch Sportfördergruppen und es ist jedes Jahr spannend zu sehen, wie das Feld immer enger wird. Ich finde es auszeichnend für den Sport, dass nicht immer dieselben vorne dabei sind, sondern mittlerweile ordentlich durchgemischt wird und jeder die Chance hat, alles zu erreichen.
Frage: Was ist Ihr Ausgleich zum Rennrodeln?
Dajana Eitberger: Mein Leben wird übers ganze Jahr durch den Rennrodel-Sport bestimmt. Ich reise unheimlich gerne und versuche auch in meiner Freizeit, durch verlängerte Wochenenden oder über Feiertage, mal rauszukommen aus dem normalen Alltag.
Ich gehe gerne spazieren. Ich wohne seit August in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Das ist eine wunderschöne Stadt, die die Möglichkeit bietet, einfach mal zu schlendern. Ich interessiere mich für Fotografie, habe eine kleine Affinität für Motorsport und habe seit zwei Jahren ein Rennrad, mit dem ich gerne auch mal ein paar Kilometer schrubbe. Zum Leidwesen meines Trainers, der das nicht ganz so toll findet.
Ansonsten habe ich meine Familie und Freunde, die mich den ganzen Winter über unterstützen, gerne an meiner Seite und versuche, viel Zeit mit ihnen zu verbringen.
Frage: Waren Sie eigentlich schon einmal zu einem Sommer-Trainingslager in M-V?
Leider nein, ich war noch nie in einem sommerlichen Trainingslager in M-V, aber ich lasse mich gerne mal einladen. Ich bin sehr offen für etwas Neues und würde mich freuen, wenn ich die Gelegenheit bekäme, an einer schönen Trainingsstätte zu trainieren.
Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge im Rennrodeln!
EXKURS
Rennrodeln und M-V
Aus „M-V-Blickwinkel“ gab es in weiter Vergangenheit auch mal ein paar Erfolge im Rennrodeln. Die spätere Wahl-Stralsunderin und Lehrerin Ilse Geisler wurde 1962 und 1963 Weltmeisterin sowie 1964 Olympia-Zweite im Frauen-Einsitzer. Ute Rührold (verheiratete Klawonn) gewann unter anderem Olympia-Silber 1972 und 1976, WM-Silber 1973 und 1975 sowie EM-Gold 1972. Sie arbeitete viele Jahre in der Tourist-Info in Rostock-Warnemünde. Sogar ein Schweriner war einst erfolgreich – zumindest regional: Walter Wendt (Jahrgang 1928) avancierte 1951 zum mecklenburgischen Rennrodel-Meister.
… Aus einem Interview mit Walter Wendt (veröffentlicht 2010 auf Schwerin-News.de):
„Auch Mut war gefragt…“
Frage: Herr Wendt, Sie wurden 1951 mecklenburgischer Meister im Rennrodeln in Oberhof. Wie kam es dazu? Wie lief der Wettkampf damals ab?
Walter Wendt: Die Meisterschaften wurden im Frühjahr 1951 in Oberhof auf einer Naturbahn durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt lag dort noch etwas Schnee, so konnten die Meisterschaften dort durchgeführt werden. Der Schlitten war ein ganz normaler Holzschlitten, der mit den heutigen HighTech-Geräten in keiner Weise vergleichbar ist. In diesem Zusammenhang wäre es vielleicht interessant, wie die heutigen Sportler mit so einem Gerät zurechtkommen, und ob sie sich überhaupt damit die Bahn runter trauen, dieses aber nur am Rande … Beim Championat verletzte ich mich jedoch an der Hand, so dass ich an den eigentlichen Deutschen Meisterschaften nicht teilnehmen konnte, aber zumindest eine Wertung hatte.
Frage: Hatten Sie nach dem Mecklenburger Meistertitel auch weitere sportliche Ziele im Rennrodeln?
Walter Wendt: Zwar hätte ich meine rodelsportlichen Ambitionen gern weiter verfolgt, aber mit dem Wegzug aus Schwerin im Januar 1952 und aufgrund neuer beruflicher Aufgaben hatte ich nicht mehr die Möglichkeit, mich weiter dem Rennrodeln zu widmen.
Frage: Sie wurden in Crivitz geboren und wohnten viele Jahre in Schwerin. Wo wohnten und arbeiteten Sie damals in der heutigen Landeshauptstadt M-V?
Walter Wendt: Ich arbeitete damals im Finanzamt in Schwerin und wohnte in der Münzstrasse, in der mein Sohn Rüdiger 1951 das Licht der Welt erblickte.
Text und Interview: Marko Michels