„Habe gelernt, mich besser zu steuern…“

Ruderin Julia Leiding über ihre sportlichen Ziele und die Verbindung von Studium und Sport

Eine Rostocker Ruderin hat wieder zurück in die erweiterte internationale Spitzenklasse gekämpft: Julia Leiding vom Rostocker Ruderclub von 1885 e.V. Zwischen 2009 und 2016 konnte die 25-Jährige insgesamt neunzehn Podiumsplätze bei nationalen und internationalen Nachwuchs- und Elite-Regatten belegen. Ein Höhepunkt war dabei zweifellos der WM-Titel im Einer bei den Studenten-WM 2016 in Poznan.

2017 gab es dann noch einmal vordere Ränge für die Hanseatin – mit jeweils dem 4. Rang bei den Elite-EM in Racice sowie den Elite-WM in Sarasota (im B-Finale). Beide Male im Doppelzweier. Bei den Deutschen Meisterschaften sprangen Platz eins im Doppelvierer sowie Platz drei im Doppelzweier heraus. Gesundheitliche Probleme 2018 warfen Leiding dann zurück. Nun ist die Rostockerin wieder da und möchte an frühere Erfolge anknüpfen.

DRV-Athletin Julia Leiding vom Rostocker Ruderclub von 1885 e.V. - © DRV / Christian Schwier
Julia Leiding   Foto: © DRV / Christian Schwier

Interview

„Habe gelernt, mich besser zu steuern…“

Frage: Julia, wie beurteilst du deinen Wettkampf im Einer?

Julia Leiding: Die EM war nach dem guten Start in die Saison ein kleiner Rückschlag, weil für mich persönlich ein 14. Platz nicht zufriedenstellend ist. Neben gesundheitlichen Problemen war die Vorbereitungszeit im Einer im Vergleich zu der internationalen Konkurrenz allerdings sehr kurz. Die Medaillen-Gewinnerinnen fahren seit Jahren international Einer, da muss man realistisch bleiben und reflektieren, dass zweieinhalb Wochen Training im Einer nicht ausreichen.

Frage: Ist der Einer nun deine neue „Schokoladen-Disziplin“ oder nur ein Ausflug um dich auszuprobieren?

Julia Leiding: Ich bin schon immer gerne Einer gefahren, insofern würde ich es eher als einen Ausflug in den internationalen Bereich beschreiben.

Frage: 2018 war eher ein schwieriges Jahr für dich: Gab es Momente des Selbstzweifels?

Julia Leiding: Das Jahr 2017 war für mich ein gutes Jahr. Dort ist mir der endgültige Sprung in die A-Nationalmannschaft gelungen. Mit Platz vier auf der Europameisterschaft waren wir als junge Mannschaft zufrieden. Lediglich das Ergebnis auf der Weltmeisterschaft in Sarasota war nicht zufriedenstellend. Das Jahr 2018 war hingegen ein schwieriges Jahr. Durch den Winter bin ich gut gekommen, jedoch kurz vor der Deutschen Meisterschaft an Grippe erkrankt und über mehrere Wochen ausgefallen. In der Saison stand ich meistens als Ersatzfrau an der Seite.

Einerseits war das frustrierend, weil es mein erstes Jahr seit 2011 war, in dem ich nicht zu einer Weltmeisterschaft gefahren bin, daher gab es sicher den einen oder anderen Moment des Selbstzweifels. Andererseits habe ich mich persönlich in diesem Jahr weiter entwickelt.

Frage: Inzwischen bist du wieder an der Spitze dran. Lag es an neuen Trainingsinhalten?

Julia Leiding: Ich denke, dass dazu viele Faktoren beigetragen haben. Dazu gehören unter anderem, dass ich gesund durch den Herbst sowie den Winter gekommen bin. Aus dem vergangenen Jahr habe ich gelernt, mich besser zu steuern und auf die Signale meines Körpers zu hören. Des Weiteren habe ich mein Studium reduziert, um mehr Zeit für das Training zu gewinnen. Jedoch war es mir wichtig, das Studium reduziert fortzusetzen.

Frage: Wie sieht dein Trainingsalltag eigentlich aus?

Julia Leiding: In der Regel trainiere ich zwei- bis dreimal am Tag und in die Pausen zwischen dem Training, versuche ich meine Seminare zu legen. Seit Herbst 2018 greift aufgrund der Sportreform des Deutschen Olympischen Sportbundes unter anderem die Zentralisierung. Für mich heißt das, dass ich zwei Tage pro Woche in Rostock und den Rest der Woche in Berlin am Bundesstützpunkt trainiere. Wenn ich neben dem Studium und dem Sport Zeit finde, teile ich die gerne mit meiner Familie und meinen Freunden.

Frage: Welche Ziele hast du mit Blickrichtung WM 2019 und Olympia 2020?

Julia Leiding: Für mich steht erst einmal die Teilnahmen an den Weltmeisterschaften in Linz sowie 2020 an den Olympischen Spielen in Tokio im Vordergrund.

Frage: Welche beruflichen Perspektiven hast du neben dem Rudern? Funktioniert die „duale Karriere“, also die Verbindung von Spitzensport und Studium?

Julia Leiding: Durch den Sport habe ich mein Studium strecken müssen und studiere zurzeit im elften Semester Grundschul-Lehramt an der Uni in Rostock. Diese Streckung wird mir durch die Kooperation zwischen der Universität und dem Olympiastützpunkt ermöglicht. Ich denke, dass die duale Karriere, wenn sie gut strukturiert sowie organisiert ist, funktionieren kann. Von der Universität in Rostock und dem Olympiastützpunkt in Rostock erhalte ich eine sehr gute Unterstützung, die es mir ermöglicht meinen Traum von Olympia zu verfolgen.

Das Optimum stellt aus meiner Sicht das amerikanische System für die duale Karriere dar, weil die Verzahnung zwischen Sport und Universität noch viel enger ist als in Deutschland. Dort wird der Leistungssport von und durch Universitäten betrieben und dementsprechend wird das Training optimal unterstützt.

Frage: Ein Blick auf die anderen Ruderinnen und Ruderer MVs: Wie beurteilst du deren bisherige Leistungen in der aktuellen Saison?

Julia Leiding: Aus meiner Perspektive fällt es mir schwer, die Leistungen anderer aktiver Sportler zu beurteilen. Grundsätzlich ziehe ich vor jedem von ihnen den Hut, weil sie großartige Leistungen auf und neben dem Wasser bringen.

Frage: Vom Ruderboot zum Fußballrasen. Zurzeit läuft ja die WM der Frauen. Für dich von Interesse? Wer sind deine Favoritinnen?

Julia Leiding: Generell interessiere ich mich für unterschiedliche Sportarten, natürlich auch für die Frauen-Fußball-WM. Einen Favoriten habe ich aber nicht.

Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge!

Marko Michels

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