Nach Rio 2016 ist vor Budapest 2017 – M-V mit Judo-Traditionen

Neun Monate sind sie schon her. Die olympischen Judo-Wettkämpfe.  Japan, das Mutterland des Judo, konnte 12 Medaillen erkämpfen, darunter 3 x Gold. Die Olympiasiege für Japan sicherten sich dabei Shohei Ono (Leichtgewicht), Mashu Baker (Mittelgewicht) und Haruka Tachimoto (Mittelgewicht der Frauen).

Nicht so stark wie 2015

Zwar waren die Japanerinnen und Japaner in Rio sehr stark, aber längst nicht so überlegen wie noch bei den Weltmeisterschaften im vorolympischen Jahr, 2015 in Astana. Damals standen mit den Team-Wettbewerben der Damen und Herren zwar auch zwei nichtolympische Konkurrenzen auf dem Programm, die zweimal Gold für Japan brachten, aber in Astana 2015 lautete die japanische Judo-Bilanz noch 8 x Gold, 4 x Silber, 5 x Bronze…

Auch Russen und Franzosen stark

In Rio waren – wie judosportlich gewohnt – auch die Franzosen (fünf Medaillen, 2 x Gold) und Russland (drei Medaillen, 2 x Gold) sehr stark. Gastgeber Brasilien schaffte drei Medaillen, darunter 1 x Gold, und war mit der Bilanz nicht so recht zufrieden. Auch die Südkoreaner dürften sich nur mit der Medaillen-Anzahl (drei) trösten, aber Olympia-Gold schafften sie 2016 nicht.

Insgesamt gewannen Judoka aus 26 Ländern olympische Medaillen in Rio, darunter zehn Staaten eine oder mehrere Goldmedaillen.

Zwischen deutscher Bilanz und südamerikanischen Erfolgen

Das deutsche Judo-Team kann und darf mit der Rio-Bilanz ebenfalls nicht zufrieden sein.  Nur einmal Bronze, durch Laura Vargas Koch im Mittelgewicht der Frauen, holte das deutsche Team von der olympischen „Judo-Matte“ 2016. Da waren die Ziele andere…

Überzeugend war wieder einmal Frankreichs Schwergewicht Teddy Riner, der nach Olympia-Bronze 2008 in Peking, Olympia-Gold 2012 in London auch in Rio 2016 wieder Olympia-Gold holte. Dazu schaffte Teddy Riner bei WM zwischen 2007 und 2015 siebenmal Gold sowie bei EM zwischen 2007 und 2016 fünfmal Gold.

Und Olympia-Gold gab es endlich auch für die charismatische Majlinda Kelmendi aus dem Kosovo im Halbleichtgewicht.

Im Kontinental-Vergleich hatte Europa „die Judo-Nase vorn“, denn der „alte Kontinent“ errang acht der vierzehn Goldmedaillen, Asien kam dank Japan auf drei Erfolge und der amerikanische Doppelkontinent ebenfalls auf drei Erfolge. Die US-Amerikanerin Kayla Harrison gewann dabei das Halbschwergewicht.

Von den südamerikanischen Judoka hatte man in Rio indes mehr erwartet – nur einmal Gold jeweils an Argentinien und Brasilien. Paula Pareto belegte Rang eins im Extra-Leichtgewicht und die Brasilianerin Rafaela Silva jubelte über Gold im Leichtgewicht.

Olympische Judo-Erfolge aus M-V-Sicht

Aus M-V-Sicht gab es übrigens bislang zwei Medaillen bei olympischen Judo-Entscheidungen. Der spätere Wahl-Schweriner Harald Heinke wurde 1980 in Moskau Dritter im Halbmittelgewicht. Acht Jahre danach, 1988 in Seoul, schaffte der gebürtige Schweriner Torsten Brechot ebenfalls Bronze im Halbmittelgewicht.

Die Schweriner Zwillingsschwestern Ramona und Carmen Brussig konnten zudem bei den Paralympics im Judo überzeugen. Ramona gewann Gold 2004 bzw. 2012, dazu Silber 2008, und Carmen triumphierte 2012 (plus Bronze 2008). In Rio 2016 gab es für die beiden Judoka jeweils Silber.

Von Rio 2016 zu den Elite-EM 2017

Acht Monate nach Rio fanden auch schon die Elite-EM Ende April in Warschau statt, wobei Frankreich mit acht Medaillen (dreimal Gold) und Russland mit zehn Medaillen (zweimal Gold) die besten Nationen waren. Die deutschen Judoka schafften dreimal Silber, zweimal Bronze – es geht also aus deutscher Judo-Sicht voran… Bei den Elite-WM vom 28.August bis 3.September in Budapest wird es allerdings ungleich schwieriger, auf die Medaillenplätze zu gelangen, weil dort nicht zuletzt  auch die starken Japaner, Koreaner und Nordamerikaner am Start sind.

Eine Rostocker Judoka bei den U 18-EM

Die äußerst erfolgreiche Rostocker Judoka Annika Würfel schaffte in diesem Jahr ebenfalls schon eine ganze Menge. Sie gilt als Hoffnungsträgerin für den Judosport in M-V Aufgrund ihrer vielen Erfolge und guten Platzierungen wurde sie nun auch für die U 18-Europameisterschaften in Kaunas vom 30. Juni bis 2. Juli nominiert.

Annika Würfel (Foto: Dirk Spörcke, VfK Bau Rostock)

Interview

Bereits Anfang April 2017 befragte „MM“ das große Rostocker Judo-Talent… Annika Würfel über kommende sportliche Herausforderungen, ihre schönsten Erfolge, ihre Liebe zum Judosport und den Trainingsalltag

„Mein Herz schlägt für den Judosport…“

Frage: Annika, wie sahen die ersten judosportlichen Wochen des neuen Jahres für Dich aus? Welche wichtigen Turniere stehen 2017 noch auf dem Programm?

Annika Würfel: Die ersten Wochen standen ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die Höhepunkte 2017, mit der Deutschen Einzelmeisterschaft der Altersklassen U18 bzw. U21 und den noch kommenden internationalen Turnieren und European Cups. Mit den Landesmeistertiteln der Altersklassen U18 und U21 habe ich mich dann für die Nordostdeutschen Meisterschaften Ende Februar qualifiziert und konnte mir dort mit einem ersten Platz (U21) und einem dritten Platz (U18) die Teilnahme für die Deutsche Meisterschaft in beiden Altersklassen (Gewichtsklasse bis 52 Kilogramm) sichern.

…Dass ich mir nun in beiden Altersklassen den Titel der Deutschen Meisterin erkämpft habe, kann ich kaum glauben und damit hatte ich vorher nicht gerechnet. Die nächsten Termine sind nun die European Cups in Berlin und in Teplice (Tschechien) bzw. der Thüringen-Pokal in Bad Blankenburg, bei dem es um die Qualifikation für die Europameisterschaften der Kadetten gehen wird.

Frage: Du konntest ja schon einige Erfolge feiern. Welches waren die bislang schönsten und nachhaltigsten?

Annika Würfel: Für mich waren die größten Erfolge bisher der dritte Platz bei der Deutschen Meisterschaft 2016, die beiden frischen Titel, die Siege bei Sichtungs-Turnieren und zwei fünfte Plätze bei den European Cups in Berlin und in Coimbra 2016.

Frage: Wann hast Du eigentlich mit dem Judosport begonnen? Was ist für Dich das Faszinierende am Judosport?

Annika Würfel: Ich begann mit dem Judo im Alter von  fünf Jahren, also 2005. Seitdem schlägt mein Herz für den Judosport und füllt meinen Alltag enorm aus. Mich fasziniert besonders die Vielfältigkeit beim Judo. Man lernt nie aus und es gibt unzählige Techniken und Varianten. Dazu kommt, dass ich den Zweikampf liebe, weil ich mich im direkten Vergleich mit anderen messen kann und für meine Leistung ganz allein verantwortlich bin. Ich mag es, an meinen Techniken zu arbeiten und mich auszupowern. Und genau das gibt mir diese komplexe Sportart Judo.

Frage: Olympia ist ja für jede Sportlerin und für jeden Sportler das grosse Ziel. 2020 und 2024 – sind das für Dich schon Ziele, die Du anstrebst?

Annika Würfel: Nein, Olympia ist für mich noch sehr weit entfernt. Es ist natürlich ein Traum, aber  ich habe derzeit eher andere Ziele, wie zum Beispiel bei einem Höhepunkt wie den EM kämpfen zu dürfen oder beim EYOF (European Youth Olympic Festival), das in diesem Jahr ebenfalls stattfinden wird.

Frage: Wie sieht Dein judosportlicher Trainingsalltag aus? Was machst Du ansonsten zum Ausgleich?

Annika Würfel: In meinem Alltag bleibt keine Zeit für andere Hobbys. Es ist nicht unüblich, dass ich um 7.00 Uhr aus dem Haus gehe und 21.00 Uhr erst wieder heim komme. Ich trainiere fünfmal in der Woche in der Zeit von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr beim VfK Bau Rostock. Da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge, wie zum Beispiel Hausaufgaben (schmunzelt). Nebenbei gehe ich ja in die elfte Klasse des Gymnasiums Reutershagen.

Letzte Frage: Welche Judoka der Gegenwart begeistern Dich ganz besonders?

Annika Würfel: Ich habe keinen einzelnen Judoka, der mich besonders begeistert. Ich bin begeistert von Leistungen, die Judoka in meinem Alter schon leisten, aber auch von starken Kämpfern bei Olympia. Besondern begeistern mich jedoch sehr willensstarke Judoka, die auch nach Niederlagen wieder aufstehen und weitermachen und für ihren Traum kämpfen.

Vielen Dank, dann weiterhin viel Freude und Erfolge beim Judo

Marko Michels

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